Stefan Engstfeld: „Mehr Transparenz geht doch gar nicht“

Antrag der CDU zu Europa

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Stefan Engstfeld (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es relativ kurz machen. Als ich den Antrag auf den Tisch bekommen habe, habe ich gemerkt: Ich muss mich dem Kollegen Töns anschließen und sagen, dass sich die Sinnfrage schon ein bisschen stellt.
Der Antrag gliedert sich eigentlich in zwei Teile, nämlich einmal den Themenbereich der Benelux-Zusammenarbeit, und dann folgt letztendlich – der Kollege Töns hat von „Fleißarbeit“ gesprochen – ein buntes Potpourri aller Themen, die die CDU-Fraktion im Europaausschuss in den letzten fünf Jahren bewegt haben. Das alles geht ein bisschen durcheinander; das ist Kraut und Rüben.
Trotzdem möchte ich sagen, dass uns die Benelux-Kooperation ein wichtiges Anliegen ist. Deswegen haben wir 2015 als Koalitionsfraktionen einen eigenständigen Antrag eingebracht. Wir haben dafür gesorgt, dass es im Jahr 2016 eine Anhörung im Europaausschuss gab. Die Landesregierung hat fleißig gearbeitet und eine Benelux-Strategie vorgelegt und mit Leben gefüllt. Sie wird gelebt und funktioniert in der Praxis. Sie hat endlich die bisherigen wirren Knäuel geordnet, indem sie der Benelux-Kooperation eine Zielorientierung gegeben hat.
In Ihrem Antrag stehen – ich will nicht von Banalitäten sprechen – Sachen, mit denen die Landesregierung bzw. die Koalitionsfraktionen aufgefordert werden, die aber nicht mehr State of the Art sind. Ich nenne ein Beispiel. In Ihrem Antrag – ich darf zitieren –
„Reaktorsicherheit: Die Landesregierung wird aufgefordert, alle Gesprächskontakte zu nutzen, um die schnellstmögliche Stilllegung der gefährlichen Atomkraftwerke Thiange und Doel zu erreichen.“
Dazu muss man sich fragen: Was macht denn die Landesregierung? Haben Sie gar nichts mitbekommen? Natürlich tun wir das auf allen Ebenen!
(Beifall von den GRÜNEN)
Die Landesregierung hat sich sogar einer Klage angeschlossen. Die Gesprächskontakte sind intensiv. In Ihrem Antrag steht:
„Die bestehende grenzüberschreitende Kooperation im Bereich des Hochwasserschutzes – insbesondere am Rhein – muss intensiviert werden.“
Das läuft doch in aller Intensität und auf allen Ebenen. Da muss niemand jemand anders auffordern. So geht das die ganze Zeit weiter.
Was wir nach Auswertung der Anhörung dazu noch zu sagen haben, haben wir in unserem Entschließungsantrag dargelegt. Das will ich aus zeitökonomischen Gründen und der Redundanz wegen nicht tun, da ich davon ausgehe, dass der Minister mit der gewohnten Fachlichkeit und Souveränität gleich darlegen wird, welche Punkte stimmen und welche nicht und was vonseiten der Regierung läuft. Das können Sie da nachlesen.
Beim Ziel und bei der Linie sind wir uns natürlich einig.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage der Kollegen von Boeselager zulassen?
Stefan Engstfeld (GRÜNE): Sehr gerne. Ilka Freifrau von Boeselager (CDU): Zum Hochwasserschutz muss ich Ihnen sagen: Das sehen die Kollegen aus dem Gebiet aber ganz anders. Das ist nicht so easy going. Dazu hätte ich gerne von dir gehört, was da schon tatsächlich umgesetzt worden ist.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege, bitte schön.
Stefan Engstfeld (GRÜNE): Als Düsseldorfer Abgeordnete kenne ich natürlich den Rhein gut. Ich kenne auch die Gespräche, die auf kommunaler Ebene, auf Ebene der Bezirksregierung und vonseiten der Landesregierung laufen. Der Minister kann das gern weiter ausführen.
Wir hatten letztens einen Bericht aus dem Umweltministerium, in dem diese Gesprächskontakte aufgelistet wurden. Natürlich gibt es intensive Kontakte und Absprachen, dass es zu einem verbesserten kooperativen Vorgehen kommt – gerade mit Blick auf den Rhein. Denn der Rhein ist ein klassisches europäisches Beispiel, da er an den Grenzen nicht haltmacht und wir alle davon betroffen sind.
Ich möchte ganz zum Schluss zu dem allgemeinen Teil, zu dem bunten Potpourri, das ich angesprochen habe, noch etwas sagen. Darin steht ein Punkt, der mich auch sehr überrascht hat:
„Gegenüber dem Landtag und der Öffentlichkeit muss mehr Transparenz über die europapolitischen Aktivitäten der Landesregierung hergestellt werden. Dafür sind geeignete Konzepte zu entwickeln.“
Sie verraten uns natürlich in Ihrem Antrag nicht, welche Sie meinen. Ich kann Ihnen nur sagen: Als 2010 Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen angefangen hat, war das zunächst in der Minderheitsregierung. Dann gab es ab 2012 die Bestätigung durch die Wählerinnen und Wähler mit einer eigenständigen Mehrheit. Mit Blick darauf kann man nur sagen: Wir haben genau das gemacht. Mehr Transparenz geht doch gar nicht. Wir diskutieren das immer. Sie können immer den jährlichen Bericht über die internationalen Aktivitäten der Landesregierung sehen. Wir haben die europapolitischen Prioritäten im Koalitionsvertrag aufgesetzt.
Wir diskutieren jedes Jahr auch im Ausschuss, worin nach Auswertung der Arbeitsprogramme der Europäischen Kommission durch die Landesregierung die Schwerpunkte für dieses Jahr liegen. Das diskutieren wir immer. Alles ist nachvollziehbar. Ich weiß nicht, wo es da noch ein Mehr an Transparenz geben soll. Das ist auf jeden Fall deutlich mehr und deutlich fokussierter als alles das, was 2005 bis 2010 in diesem Bereich passiert ist. Mehr kann man da nicht leisten.
Bei den Europa-Schulen fordern Sie mehr Engagement. Ich weiß nicht, was wir da noch mehr tun können – auch außerhalb dieses Formats sind wir dabei gut unterwegs.
Insofern werden wir Ihren Antrag leider ablehnen. Die Sinnfrage bleibt auch am Ende meines Redebeitrags bestehen. Aber wir sind uns in der Grundlinie – das wollte ich, als Sie vorhin die Frage gestellt haben – einig. Die Wertigkeit der Benelux-Kooperation und die Wichtigkeit der Eurregios sehen wir genauso. In der proeuropäischen Linie stimmen wir auch überein.
Insofern hoffen wir, dass wir zum Ende der Legislaturperiode vielleicht noch bis zum Mai ein gemeinsames Signal in der Richtung aus dem Landtag für ein starkes Europa sowie für eine starke und engagierte Arbeit dieser Landesregierung und dieses Parlaments in europäischen Zusammenhängen senden können. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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