Mehrdad Mostofizadeh: „Dieser Haushalt setzt ein klares Signal für ein solidarisches, weltoffenes Nordrhein-Westfalen, in dem es sich zu leben lohnt“

3. Lesung Landeshaushalt 2017

Mehrdad Mostofizadeh

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Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was die Redner der Opposition hier heute abgeliefert haben, hat mit einer Haushaltsdebatte relativ wenig zu tun.
(Beifall von den GRÜNEN)
Vielleicht musste man das angesichts des heraufziehenden Wahlkampfes auch erwarten. Aber dass Sie sich der Sachauseinandersetzung vollständig entzogen haben, finde ich, ehrlich gesagt, schon einigermaßen peinlich und unangemessen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])
Herr Kollege Lindner, wo ist denn der Vorschlag für den Ersatz der Grunderwerbsteuer? Sie schlagen vor, die Grunderwerbsteuer abzusenken und 800 Millionen € zu kompensieren. Wo ist der Kompensierungsvorschlag für diese 800 Millionen €?
(Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])
– Können Sie es nicht erwarten?
(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Der Bundesvorlesetag war im November!)
Wir haben von Ihnen keine Entlastungsvorschläge für diesen Haushalt, kein Konzept und keine Vorschläge für die Vision von Nordrhein-Westfalen gehört, sondern stattdessen das Schlechtreden dieses Landes. Das ist die Politik, die Sie hier heute vorgetragen haben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Herr Kollege Laschet, Sie haben vorhin sechs Minuten lang darüber schwadroniert, wer wo beim Länderfinanzausgleich gesessen hat.
(Armin Laschet [CDU]: Nee!)
Sie haben aber kein einziges Wort zum Länderfinanzausgleich selbst verloren. Das ist typisch Laschet: Sehr viel Nebel machen, aber kein Signal setzen, wohin es mit diesem Land gehen soll.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])
Ich sage Ihnen: Wir setzen dem ganz konsequent Sachpolitik entgegen.
(Zuruf von der CDU: Jau!)
Zum Beispiel bei den Kindertagesstätten: Wir setzen uns für eine moderne Familienpolitik ein, die dafür sorgt, dass die Kinder beste Bildung und beste Betreuung bekommen
(Zuruf von Daniel Sieveke [CDU])
und dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sichergestellt wird.
(Marcel Hafke [FDP]: Sprechen Sie mit den Menschen!)
Deshalb haben wir auch die bitter nötige Aufholjagd bei U3 gestartet und die Zahl der Betreuungsplätze von 80.000 auf 160.000 verdoppelt.
(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])
Wir investieren seit 2015 den kompletten aus dem Betreuungsgeld freigewordenen Betrag in Höhe von 430 Millionen € in den Ausbau der Kindertagesstätten. Wir haben auch den jährlichen Aufwuchs von 1,5 % auf 3 % angehoben.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir werden in der neuen Legislaturperiode ein umfassendes Konzept zur Neukonzipierung und Finanzierung der Kitas darstellen. Das haben Sie, Herr Kollege Laschet, in Ihrer Amtszeit unterlassen.
Klar ist: Wir benötigen mehr Erzieherinnen, mehr Plätze und einen deutlichen Akzent auf mehr Qualität in den Kindertagesstätten und noch stärkere Anstrengungen bei der Inklusion. Ich sage an dieser Stelle auch ganz deutlich: Wir werden diese Schritte der weiteren Beitragsbefreiung vorziehen. Wir setzen zunächst einmal auf Qualität bei den Kindertagesstätten.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von den GRÜNEN: Sehr klug!)
Herr Präsident, sechs der zehn größten Hochschulen sind in Nordrhein-Westfalen. Hier liegt ein wichtiger Schwerpunkt für unsere Zukunftspolitik. Wir haben die Studiengebühren abgeschafft und trotzdem 2,6 Milliarden € zusätzlich in die Hochschulen investiert. Das ist ein Aufwuchs von fast 45 % in den letzten sechs Jahren.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Weil Sie dieses Schlusslichtgerede angesprochen haben, zitiere ich mal, was der Rektor der Universität Köln als Sprecher für die Universitäten dazu sagt:
„Die LRK NRW begrüßt die erheblichen finanziellen Anstrengungen des Landes ausdrücklich. Vor dem Hintergrund der anhaltend hohen Studierendenzahlen ist die Verstetigung befristeter Programmtitel für die Universitäten in NRW unabdingbar. Die Finanzierungszusagen des Landes ermöglichen eine verlässliche Grundfinanzierung und schaffen so Planungssicherheit bis 2020.“
Unsere Hochschulpolitik hat hier das höchste Lob erhalten, was man bekommen kann.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir sorgen dafür, dass in Nordrhein-Westfalen so viele junge Menschen wie nie zuvor einen akademischen Abschluss machen können, und zwar aus allen sozialen Schichten.
Fast 28 % der Studierenden in der Bundesrepublik Deutschland sind in Nordrhein-Westfalen eingeschrieben. Das ist mehr als in Bayern und Baden-Württemberg zusammen und deutlich mehr, als es unserem Bevölkerungsanteil entspricht. Nordrhein-Westfalen ist Hochschulstandort Nummer eins in Deutschland. Das ist die Wahrheit über unser Bundesland und nicht das Schlechtreden von FDP und CDU!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Auf Sachpolitik setzen wir auch dort, wo bei der CDU offensichtlich eine schwere Rolle rückwärts droht. Nordrhein-Westfalen ist solidarisch und weltoffen. Deswegen war es auch wichtig, diesen besonderen Geist Nordrhein-Westfalens aufzugreifen und als erstes Bundesland einen Integrationsplan vorzulegen. Dabei stimmen wir wichtige Faktoren wie Sprachvermittlung, besondere Integrationsmaßnahmen der Schule, besondere Herausforderungen der Jugendhilfe und die Gesundheitsversorgung miteinander ab.
Es ist uns zudem gelungen, die Zahl der Ausbildungsplätze im Altenpflegebereich von unter 10.000 auf über 16.000 nahezu zu verdoppeln. Wir sorgen dafür, dass Menschen in ganz unterschiedlichen Kontexten jetzt sehr lange und selbstbestimmt leben können. Auch das ist die Wahrheit über Nordrhein-Westfalen und nicht das Katastrophengeschwätz von CDU und FDP.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Was Herr Lindner und Herr Laschet heute geliefert haben, erinnert mich ein bisschen an Armin Laschet auf der Rennstrecke. Können Sie sich noch an Ihren Wahlkampspot erinnern, in dem Sie als Nico Rosberg der Landespolitik aufgetreten sind?
(Heiterkeit – Lutz Lienenkämper [CDU]: Weltmeister! – Zuruf von Kai Schmalenbach [PIRATEN] – Weitere Zurufe)
Sie sitzen im Ford Mustang und schieben ganz dynamisch den Schalthebel nach vorn. Das war eine wahnsinnig starke Geste des Aufbruchs für Nordrhein-Westfalen, Herr Kollege. Aber Sie kennen die Automatikschaltung, oder? Wenn man den Hebel nach vorne schiebt, ist das die Stellung „P“. Das heißt „Parken“. Der Wagen blockiert. Das ist das, was Sie hier in Nordrhein-Westfalen machen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Aber egal. Bei der CDU fährt das Auto trotzdem los.
Nein, meine Damen und Herren, der CDU-Film hat einen groben Regiefehler, aber er zeigt viel Realität. Denn der Schnitzer, der dort zu sehen ist, hat bei der CDU in Nordrhein-Westfalen System. Er hat sogar einen Namen. Bei Ihnen nennt man das „Haushaltspolitik“.
(Beifall von den GRÜNEN)
Das, was Sie da bieten, Herr Kollege, ist ein Regiefehler nach dem anderen. Es ist bei Ihnen immer das Gleiche: Erst der Spruch, dass Sie unheimlich hochschalten wollen und auch entfesseln wollen, dann das Verbinden von Populismus und Inkompetenz und dann Blockade und Stillstand. Das ist die Methode, nach der bei Ihnen Haushaltspolitik abläuft, Herr Kollege Laschet.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Die schwarz-gelbe Opposition, die heute als Sparkommissar hier Sprüche klopft, hat eine miserable eigene Bilanz. Sie sind 2005 mit 6,6 Milliarden € Neuverschuldung gestartet. Nach fünf Jahren sind Sie wieder genau bei 6,6 Milliarden € Neuverschuldung gelandet.
(Christian Möbius [CDU]: Wirtschafts- und Finanzkrise!)
Abbauergebnis gleich null! Fünf Jahre Stillstand! Dem sollten keine weiteren Jahre hinzugefügt werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Christian Möbius [CDU]: Das lag an der Finanzkrise, oder?)
Bei den Kommunalfinanzen haben Sie sogar den Rückwärtsgang eingelegt und total blockiert. Sie verantworten das niedrigste Gemeindefinanzierungsgesetz dieses Jahrtausends: 1,8 Milliarden € weniger als 2005! Sie haben die kommunalen Kassen ausbluten lassen. Und das hatte Folgen. 138 Kommunen sind von Ihnen in den Nothaushalt getrieben worden. Sie verantworten die Schließung von Schwimmbädern, Sportanlagen und Bibliotheken. Wir sind heute noch dabei, das aufzuräumen, was Sie kaputt gemacht haben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Dann kam das Sanierungskonzept 2013 bis 2020 mit 300 Millionen € Kürzungen im Schulbereich, 55 Millionen € Streichungen bei der Polizei und einer zwanzigprozentigen Kürzung aller Förderprogramme, die in diesem Jahr voll durchschlagen sollten, also 40 Millionen € weniger bei der Kultur. Das Problem ist nur: Das haben Sie Ihren Fachpolitikern nicht so richtig gesagt.
(Christian Möbius [CDU]: Kultur verdoppelt von 2005 bis 2010!)
– Mal Luft anhalten!
(Beifall von den GRÜNEN)
Denn Herr Dr. Sternberg hat noch im letzten Jahr die Verdoppelung des Kulturetats gefordert. Sehr interessant! Von minus 20 % bis plus 100 % ist bei Ihnen alles drin, frei nach dem Motto: Wir haben alles, nur kein schlüssiges Haushaltskonzept.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Vizepräsident Oliver Keymis: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Prof. Sternberg?
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Nein, das gestatte ich nicht.
(Lachen und Zurufe von der CDU)
Vizepräsident Oliver Keymis: Bitte schön.
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Liebe Kollegen, alle anderen Redner konnten durchreden. Ich möchte das jetzt auch bitte tun können. Dafür bitte ich um Verständnis.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gegen den Ankauf der Steuer-CDs sind Sie Sturm gelaufen. Sie predigten Amnestie für die Steuerhinterziehung. Wir haben jetzt mehrere Milliarden Euro Steuermehreinnahmen, weil wir genau dieses Abkommen mit der Schweiz eben nicht abgeschlossen haben, was Sie wollten, sondern wir setzen mit diesem Finanzminister auf konsequente Verfolgung der Steuerhinterziehung. Das ist gut so, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Dann kam noch eine Ansage aus der CDU: Hochschalten bei den Einsparungen im Personalbereich! 10 % Kürzungen auf alles! Mehr als 40.000 Stellen sollten weg. Aber bitte nicht kürzen bei Polizei, Schule, Justiz und Finanzverwaltung! Dumm nur, dass dann nur noch 11.000 Stellen übrig bleiben, also 11.000 Stellen kürzen, wo 40.000 gebraucht werden. Jede Stelle viermal einsparen! Das war ein weiterer großer Wurf der Oppositionshaushälter.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu alledem passen leider – leider, muss man sagen – sehr gut die blindwütigen Personalkürzungen aus Ihrer Regierungszeit, die wir rückgängig machen mussten.
Erster Bereich: Straßen.NRW. Sie haben 700 Stellen eingespart. Deswegen war es nicht möglich, die Planungsleistung 2010 so vorzubereiten, wie es nötig gewesen wäre.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU)
Erst Grüne und SPD mussten dafür sorgen, dass die Stellen bei der Polizei nicht ausbluten. Mit der Erhöhung auf mittlerweile 2.000 Einstellungsermächtigungen haben wir den Personalbestand bei der Polizei seit 2010 sogar erhöht. Hätten wir die Quote von Schwarz-Gelb fortgeschrieben, wären heute nur noch 35.000 Polizistinnen und Polizisten im Dienst und nicht 40.000, wie es jetzt sind.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU)
Herr Kollege Lindner, mit anderen Worten: Wären Sie heute noch an der Macht, hätten wir 5.000 Polizistinnen und Polizisten weniger. Sie sind das größte Sicherheitsrisiko für Nordrhein-Westfalen!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Nein, Herr Kollege, es ist wirklich einfacher, einen Pudding an die Wand zu nageln als bei der CDU eine Logik in die Haushaltspolitik zu bekommen.
(Zurufe von der CDU)
Sie reden vom Hochschalten und Entfesseln, und Sie produzieren nur Stillstand und Blockieren. Das ist die Wahrheit über Ihre Haushaltspolitik.
(Beifall von den GRÜNEN)
Jetzt – Gott sei Dank rechtzeitig vor der Wahl – reden Sie wieder von Fortschritt und produzieren wieder nur unsoziale Politik. Herr Kollege Lindner hat es ja offen gesagt. Ich frage auch Sie, Herr Kollege Laschet: Planen Sie wirklich die Wiedereinführung der Studiengebühren?
(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Das hat er doch gesagt!)
Das wäre eine klare Ansage an die 763.000 Studierenden in Nordrhein-Westfalen und an ihre Familien. Wenn Schwarz-Gelb im Mai nächsten Jahres kommt, dann wird Studierenden wieder Geld weggenommen. Dann werden die Bildungschancen wieder vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Genau für eine solche Politik wurden Sie doch abgewählt. Wir werden alles dafür tun, dass das auch nicht wiederkommt. Genau darüber wird am 14. Mai 2017 auch abgestimmt.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Michele Marsching [PIRATEN]: Da sind wir uns ja einmal einig! Immerhin!)
Die gleiche unsoziale Politik sehen wir bei den Kitagebühren, die Schwarz-Gelb wieder einführen und anheben möchte, und bei der Abschaffung des Sozialtickets, wie es die FDP diese Woche wieder gefordert hat. Auch da sagen wir den Familien in NRW und den zwei Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen, die ein Anrecht auf ein Sozialticket haben: Wir sorgen dafür, dass Kinder auch 2017 von Anfang an gute Chancen haben. Wir sorgen auch dafür, dass Mobilität nicht am Geldbeutel scheitert.
Doch bei alledem muss die FDP immer noch eins drauflegen. Von Ideologie getrieben wollen Sie das Umweltressort schleifen und dort Stellen einsparen, den Verbraucherschutz reduzieren und die Stiftung Umwelt und Entwicklung mit ihren vielen wichtigen Impulsen zusammenstreichen. Der Bundesvorsitzende und Noch-MdL Christian Lindner von der FDP verspricht auf der Homepage seiner Partei Steuerentlastungen in Höhe von 30 Milliarden €. Wie immer liegt dem Ganzen kein erkennbares Finanzierungskonzept zugrunde, sodass sich wieder die spannende Frage ergibt, wie die Gegenfinanzierung aussieht und wie sich die Belastungen auf die unterschiedlichen Ebenen der öffentlichen Haushalte auswirken. Man kann trotzdem schon erahnen, wo der Hase lang laufen soll. Lindner warnt ja, dass sich Deutschland zur Kleptokratie entwickelt – ich zitiere –,
„weil der Staat sich durch den niedrigen Zins und die steigenden Sozialabgaben und die enorm steigenden Staatseinnahmen zulasten der Menschen bereichert.“
Für mich übersetzt bedeutet das, dass Sie steigende Sozialausgaben also für eine staatliche Form des Diebstahls halten, und das heißt, Sie wollen die versprochenen Steuersenkungen der FDP durch Sozialabbau finanzieren. – Sie sind wieder ganz bei sich angekommen. Herzlichen Glückwunsch, alte FDP der sozialen Kälte!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Rot-Grün betreibt keine Ankündigungspolitik. Im Unterschied zu Ihnen handeln wir konsequent und mit langem Atem. Die Neuverschuldung wurde von uns tatsächlich um 80 % von 6,6 Milliarden € auf 1,6 Milliarden € abgesenkt. Mit Augenmaß haben wir konsolidiert und trotzdem die richtigen Schwerpunkte für die Zukunft gesetzt. Wir haben gespart, aber nicht blockiert, sondern gezielt in die folgenden Bereiche investiert: kluge Köpfe fördern, jedes Kind mitnehmen, das Klima schützen und damit Arbeitsplätze schaffen, die Infrastruktur modernisieren und Kommunen stabilisieren. Das ist der Grundakkord rot-grüner Haushaltspolitik.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Die Kommunen sind für uns eine Herzenssache. Von den 138 Kommunen, die Sie in den Nothaushalt getrieben haben, haben wir 129 dort wieder herausgeholt. Direkt nach dem Regierungsantritt 2010 konnten wir im Nachtragshaushalt mit 300 Millionen € zusätzlich eine Soforthilfe bereitstellen, um das Desaster, das Schwarz-Gelb angerichtet hat, zumindest abzumildern. Das Gemeindefinanzierungsgesetz wurde durch uns von 7,5 Milliarden € auf heute 10,5 Milliarden € angehoben. Und mit dem Stärkungspakt, von dem das Land mit 3,6 Milliarden € den Löwenanteil trägt, haben wir die Handlungsfähigkeit der Kommunen in unserem Land wiederhergestellt.
Zudem geben wir jährlich dreistellige Millionenbeträge dafür, dass die Einheitslasten fair abgerechnet werden und die Kindertagesstättengelder des Bundes nicht im Haushalt versickern. Wir haben die Kommunen strukturell um 1 Milliarde € bessergestellt, als das bei Ihnen – bei FDP und CDU – nach den Raubzügen der Fall gewesen ist.
Jetzt investieren wir 2 Milliarden € in das Programm „Gute Schule 2020“. Weil Herr Lindner sich gerade die Freude bereitet hat,
(Zurufe von der CDU)
hier wieder Nebel zu werfen, will ich diesbezüglich noch mal aufklären.
(Weitere Zurufe von der CDU – Lutz Lienenkämper [CDU]: Investieren wir oder die NRW.BANK?)
– Wir stellen 2 Milliarden € bereit, und das funktioniert so, dass die Kommunen die Mittel …
(Fortgesetzt Zurufe von der CDU)
– Wir diskutieren das ja gleich. – 2 Milliarden € stellt das Land bereit, und wir finanzieren die Kredite, die die Kommunen aufnehmen, eins zu eins gegen. Das hat im Gegensatz zu dem, was der Kollege Lindner gesagt hat, folgende Auswirkungen: Die Bonität der Kommunen steigt sogar noch an. Die Liquidität wird überhaupt nicht angefressen, und auf beiden Seiten der Bilanz wird es einfach ein Stück größer. Aber 2 Milliarden € stehen für gute Schulen, für bessere Sportplätze und bessere Sportanlagen bereit. Das ist die Wahrheit, die zu diesem Programm zu sagen ist.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Michele Marsching [PIRATEN]: Genau! Das ist die Wahrheit, und dass die Schulden der Kommunen steigen!)
Das alles zeigt, dass wir mit den Kommunen Hand in Hand regieren. Wir kippen unsere Probleme nicht vor der Haustür der Städte ab. Wir haben die Fesseln gelöst, die Sie den Kommunen angelegt haben, und das ist der große Unterschied zwischen Rot-Grün und Schwarz-Gelb, liebe Kolleginnen und Kollegen!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Große Unterschiede gibt es auch in der Verkehrspolitik. Mobilität interessiert die FDP ja nur, wenn es stinkt, laut und teuer ist und möglichst viel Platz wegnimmt. Wir Grüne bekennen uns hingegen zu einer effizienten, sozial- und umweltverträglichen Mobilität. Mobilität muss bezahlbar sein. Wir wollen die Verkehrsinfrastruktur sanieren und erhalten und vor allem den Bereich der Schiene und Nahmobilität ausbauen.
Der Substanzerhalt von 13.000 km Landesstraßen ist nach Meinung fast aller Fachleute, inklusive der angesprochenen Präsidentin des Rechnungshofes und inklusive des Rechnungshofes, dem zweifelhaften, teuren und verkehrspolitisch fragwürdigen Neubau vorzuziehen. Deswegen haben wir auch den Etat für die Sanierung der Landesstraßen von 73 Millionen € auf mittlerweile 127 Millionen € angehoben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Durch die Erhöhung der Regionalisierungsmittel setzen wir einen klaren regionalen Akzent hinsichtlich der Schienenverkehrspolitik. Wir stocken die Mittel für die Nahmobilität um 1,5 Millionen € auf, damit wir die alltäglichen Hauptverkehre möglichst effizient abwickeln können. Auch bei diesen Förderungen geht es um die Gesundheit der Menschen, denn Feinstaub und Stickoxide sind keine Kulturgüter, wie Herr Christian Lindner es meint. Feinstaub und Stickoxide stehen nicht unter Denkmalschutz, sondern sind krankheitserregende Stoffe. Deshalb gehören sie raus aus der Umwelt und raus aus der Luft, die die Menschen einatmen. Emissionsfreie Mobilität ist unsere Zukunft!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Deshalb setzen wir uns auch für die Radwege in der Fläche ein. Wir freuen uns, dass unser Premiumprojekt, der Radschnellweg Ruhr, jetzt auch von der SPD und vom Bundesverkehrsminister als wichtiges Projekt anerkannt wird. Wir danken dem RVR, dass er dieses Projekt gemeinsam mit dem Land – Dank an den Verkehrsminister – energisch vorantreibt, damit die Menschen künftig weiterhin mobil bleiben und nicht im Stau versauern, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Hendrik Schmitz [CDU]: Aha!)
Unsere Politik zielt darauf ab, dass der Verkehr wieder fließt. Auch deshalb geben wir …
(Christian Möbius [CDU]: 450 Kilometer Stau!)
– Ja, und deswegen ist es auch schlau, noch mehr Straßen zu bauen, damit noch mehr Leute dort im Stau stehen.
(Zurufe von der CDU – Christof Rasche [FDP]: Weil alle Fahrrad fahren!?)
Vielleicht ist das für sie ja Pipifax-Politik, deswegen halte ich hier noch mal kurz inne. Beim Radschnellweg Ruhr – selbst die FDP wird das mittlerweile anerkennen – geht es um 40.000 Fahrten im Ruhrgebiet, die im alltäglichen Verkehr verlagert werden können.
(Christof Rasche [FDP]: Vor allem im Regen!)
Deswegen ist es wichtig, diesen Radschnellweg Ruhr umzusetzen. Das ist keine Müsli-Politik, sondern zukunftsfähige Verkehrspolitik, und die werden wir auch fortsetzen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Unsere Politik zielt darauf ab, dass der Verkehr wieder fließt. Auch deshalb stellen wir 6 Millionen € für den Ausbau von Radstraßen an Landesstraßen bereit. Wir wollen über 2017 hinaus die Infrastruktur wieder in Ordnung bringen und zukunftsfähig machen, auch beim öffentlichen Nahverkehr, mit Förderkonzepten beim regionalen Ausbau und mit dem Ziel, das Ticketwirrwarr durch eine möglichst einheitliche Verkehrsgesellschaft zu beenden.
Wir wollen smartes, intelligentes Reisen, wo man einen Ticketautomaten wieder bedienen kann, ohne vorher einen Volkshochschulkurs besuchen zu müssen.
(Daniel Düngel [PIRATEN]: Wir brauchen bald keinen Ticketautomaten, oder?)
Wir kämpfen für Lärm- und Umweltschutz, um nachhaltige Lösungen und um möglichst hohe Akzeptanz. Das ist kein Selbstzweck, denn dies dient den Menschen einer intakten Umwelt.
Wer wegen Dreck und Lärm krank wird, hat keine Akzeptanz für gestörte Nachtruhe in Einflugschneisen. Aber wenn sie einen Sinn sehen, zum Beispiel beim Ausbau von Schiene und Windkraft, dann werden die Menschen auch schwierigen Planungsvorhaben zustimmen.
Wir sind für mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz. Wir wollen die Kompetenzen der Menschen einholen, Interessen abwägen, mit guten Argumenten überzeugen. Genau damit sorgen wir für Akzeptanz.
Das beste Beispiel dafür, wo man vielleicht besser früher auf die Menschen gehört hätte, ist das Beispiel Metrorapid. Hätten wir nicht jahrelang über dieses systemfeindliche, unsinnige und überdimensionierte Projekt gestritten, dann wäre der RRX schon lange im wahrsten Sinne des Wortes auf der Schiene.
(Beifall von den GRÜNEN)
Es ist auch dem berechtigten Interesse der vielen Bürgerinnen und Bürger zu verdanken, dass die Atomkraft in Deutschland bald nicht mehr zum Energiemix gehören wird. Es ist ein Riesengewinn, meine Damen und Herren, wenn sich die Bevölkerung in Projekte einbringt. Kein Projekt, keine Idee darf im Ob und im Wie alternativlos sein. Dafür sind die Menschen in Deutschland viel zu klug. Deswegen sind Transparenz und Bürgerbeteiligung wichtig.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Christian Lindner [FDP])
Wenn Herr Lindner das „Durchgrünung“ nennt, bin ich stolz darauf, dass wir Bürgerbeteiligung mit „Durchgrünung“ bezeichnen.
(Christian Lindner [FDP]: Nicht ich habe das gesagt, sondern Herr Groschek!)
Genau deshalb haben wir gemeinsam, Rot und Grün, auch mehr Mittel für Bürgerbeteiligung – vielleicht ist es Ihnen entgangen – eingestellt.
(Christian Lindner [FDP]: Das Urheberecht ist bei Herrn Groschek!)
Denn genau hier brauchen wir mehr Transparenz, mehr Dialog und die Chance, auch Ja oder Nein zu sagen, und eben keine Basta-Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herr Lindner, Herr Laschet, neben Benzin und Beton haben Sie noch einen dritten Stoff, aus dem Ihre Zukunftsträume sind: Kohle. Da arbeiten Sie zum Teil mit Methoden, Herr Kollege Laschet, die ich schäbig finde.
(Michele Marsching [PIRATEN]: Das sagt der Richtige!)
Wenn Sie nämlich Männer und Frauen, von denen manche seit Jahrzehnten gegen Braunkohle und um den Erhalt ihrer Heimat kämpfen, mit denen zusammenkippen, die tatsächlich kriminell sind, finde ich das, ehrlich gesagt, schäbig.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Alle seriösen Politikerinnen und Politiker wissen doch, wo die Zukunft des Rheinischen Reviers liegt: in smarter Zukunft und eben nicht in der Braunkohle.
(Armin Laschet [CDU]: Ja, logisch, aber nicht mit diesem Tempo!)
Oder, Herr Laschet, wollen Sie künftig als Nico Rosberg mit einem kohlebetriebenen Ford Mustang über die Rennstrecke pesen?
(Vereinzelt Beifall – Zurufe)
Nein, die Zukunft liegt woanders. Die Zukunft, Herr Kollege, liegt in Ausgründungen aus der RWTH Aachen. Sie kennen es sicherlich selber sehr gut. Nehmen wir das Beispiel des Streetscooter. Es ist ein absolutes Zukunftssignal, wenn die Deutsche Post Ingenieure beauftragt, den lärm- und emissionsfreien Lieferwagen für die innerstädtische Zustellung zu entwickeln.
(Armin Laschet [CDU]: Man kann doch beides machen!)
Es ist ein hoch alarmierendes Signal, Herr Kollege Laschet, wenn VW den Auftrag ablehnt, die Mobilität der Zukunft mit zu entwickeln. So werden wir nicht die Klimaziele erreichen, die auch Ihre Kanzlerin in Paris unterschrieben hat.
(Beifall von den GRÜNEN)
Und jetzt kommt Ihr Einsatz, Herr Kollege Laschet: Wir Grünen drücken uns im Gegensatz zu Ihnen nicht davor, dies den Menschen in der Region auch zu sagen.
(Armin Laschet [CDU]: Man kann doch beides machen!)
Ich komme aus dem Ruhrgebiet und ich weiß, wovon ich rede. Bei uns ging es um 600.000 Arbeitsplätze im Bergbau. Auch im Rheinischen Revier werden wir dafür sorgen, dass niemand ins Bergfreie fällt. Aber wir müssen jetzt die Nachfolge organisieren. Viele Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten aus der Region sehen das ganz genauso. Denn sie wissen, worum es geht: Die Rahmenbedingungen für die Arbeitsplätze von Morgen müssen geschaffen werden. Es geht darum, den Übergang zu gestalten, und nicht darum, diesen Übergang heute aufzuhalten.
(Beifall von den GRÜNEN)
Auch Herr Lindner redet – wie eben schon wieder – von einer durchgrünten Gesellschaft, die angeblich Arbeitsplätze verhindert,
(Christian Lindner [FDP]: Herr Groschek!)
genauso wie Sie gegen die Mitbestimmung kämpfen – alles natürlich nur aus Sorge um Arbeitsplätze. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Das EEG hat in Deutschland schon mehr als 400.000 Arbeitsplätze geschaffen. Selbst wenn nur einige Ihrer feuchten Betonblütenträume für Nordrhein-Westfalen aufgingen und Sie das ganze Land zubetonieren würden, würde nicht einmal ein Bruchteil an Arbeitsplätzen geschaffen werden, wie es das EEG hinbekommen hat.
(Beifall von den GRÜNEN)
Sie haben in Nordrhein-Westfalen zwischen 2005 und 2010 einen Kampf gegen die Windmühlen gefochten und den Wachstumszweig der erneuerbaren Energien aus rein ideologischen Gründen bekämpft. Die Änderung des EEG auf Bundesebene hat weitere wichtige Arbeitsplätze vernichtet.
Ohne diese politischen Sperrfeuer wären wir heute um Zehntausende zukunftsfeste Industriearbeitsplätze weiter. Wir können die positive Entwicklung im Bereich der Umweltwirtschaft auch mit weiteren Zahlen hinterlegen.
Nordrhein-Westfalen ist mit 320.000 Beschäftigten und einem Umsatz von 70 Milliarden € führend und einer der größten Anbieter im Bereich der Umweltwirtschaft. Wir wollen bis 2025 weitere 100.000 Arbeitsplätze in diesem Bereich schaffen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ja, wir haben viel erreicht. Wir haben als erstes Land ein Klimaschutzgesetz vorgelegt. Wir haben als erstes Land Fracking ausgeschlossen. Wir werden dies auch mit dem Landesentwicklungsplan rechtssicher hinterlegen. Und wir haben den Tagebau Garzweiler verkleinert: 300 Millionen Tonnen bleiben in der Erde.
Die wahren Vernichter von Energiearbeitsplätzen sind doch diejenigen, die die Energiewende blockieren. Atom ist Vergangenheit. Kohle ist absteigende Gegenwart, und die erneuerbaren Energien sind die Zukunft. Hier liegt die Zukunft für unser wunderschönes Heimatland Nordrhein-Westfalen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, neben der Ökologisierung ist die Digitalisierung die zweite große Innovationsschiene in der Welt von morgen. Beide zusammen liefern den Schlüssel für die Wirtschaft von morgen. Als Landesregierung bringen wir auch beides zusammen.
Wir setzen gezielt auf die Digitalisierung. Wir investieren hier so viel wie noch nie zuvor mit der Bereitstellung der Landesmittel für die Kofinanzierung des Bundesprogramms und dem gleichzeitigen vollständigen Einsatz des Landesanteils an der Digitalen Dividende II für den Breitbandausbau.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir haben eine Opposition, die meines Erachtens ihre Hausaufgaben heute hier nicht gemacht hat und die die Sachdebatte scheut. Das sieht man an der One-Man-Show von Herrn Lindner von der FDP. Sie kennen keine Sachdebatten und auch keine Mitbewerber mehr, mit denen Sie diskutieren wollen. Sie kennen nur noch Feinde, die Sie wegputzen wollen: Sylvia Löhrmann – muss weg. Hannelore Kraft – muss weg. Klimaschutz – muss weg.
(Zuruf von den PIRATEN: Jäger muss weg!)
Mindestlohn – muss weg. Angela Merkel – hat den Kontinent ins Chaos gestürzt.
Herr Kollege, das ist meines Erachtens eine sehr anmaßende Sprache für eine Partei, von der die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler 2013 gesagt hat: Die muss weg aus dem Deutschen Bundestag.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Christian Lindner [FDP]: Mit 10 % sind Sie von der Regierungsbildung aber noch weit entfernt! Das ist anmaßend!)
Die Sätze, die Sie geliefert haben, Herr Kollege Lindner, sind, ehrlich gesagt, auf einem unterirdischen Niveau: Toni Hofreiter – mit ihm ist keine menschliche Kommunikation möglich.
(Christian Lindner [FDP]: So ist es, weil er ein Ideologe ist! – Zurufe von den GRÜNEN – Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Aber Sie nicht, oder? – Michele Marsching [PIRATEN]: Nein, Christian Lindner doch nicht!)
– So viel, Herr Kollege Lindner,
(Christian Lindner [FDP]: Zwischen mir und Frau Göring-Eckardt ist menschliche Kommunikation möglich!)
zu Ihrem Fairnessabkommen für den Wahlkampf, das Sie der Presse gestern verkündet haben.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)
– Sachorientiert, Kollege Lindner …
(Christian Lindner [FDP]: Mit Frau Göring-Eckardt ist menschliche Kommunikation möglich, mit Hofreiter nicht! – Michele Marsching [PIRATEN]: Da sagt man Sorry, und dann redet man auch mit dem! – Gegenruf von Christian Lindner [FDP]: Ich habe mit dem schon tausendmal geredet im Unterschied zu dir! – Gegenruf von Michele Marsching [PIRATEN]: Da wäre ich jetzt vorsichtig! Aber auf 1.000 komme ich nicht, da hast du recht!)
– Es ist sehr entlarvend, wie Sie sich heute verhalten, Herr Kollege Lindner. Sachorientiert ist eine solche Politik allerdings nicht. Politisch klug ist sie auch nicht. In Sachen Diskursfähigkeit sind Ihnen in Ihrer Partei allerdings einige Kollegen weit voraus, zum Beispiel Wolfgang Kubicki, mit dem durchaus ein menschliches und sachgerechtes Gespräch möglich ist.
Sie haben offensichtlich auch ein Problem damit, dass in Nordrhein-Westfalen mit Hannelore Kraft und Sylvia Löhrmann zwei sehr erfolgreiche Frauen an der Spitze stehen. Beim Parlament und Verfassungsgericht ist es nicht anders.
(Christian Lindner [FDP]: Warum habe ich damit ein Problem?)
– Ich sage Ihnen, warum Sie damit offensichtlich ein Problem haben: Die FDP hat auf ihren Listen für den Landtag auf den ersten 24 Plätzen gerade mal drei Frauen und auf der Liste für den Bundestag lediglich eine Frau auf den ersten zwölf Plätzen. Das sind wahrhaft saudische Verhältnisse.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Lachen von Christian Lindner [FDP])
Da ist es nur konsequent, Herr Kollege Lindner, wenn die FDP Sturm läuft gegen unsere Pläne, die Gleichberechtigung und Gleichstellung der Frauen in der öffentlichen Verwaltung durchzusetzen. Wir werden jedenfalls nicht lockerlassen und diesen verfassungswidrigen Zustand beenden, um die Gleichstellung gesetzmäßig wiederherzustellen, wie Herr Prof. Papier uns das vorgeschlagen hat.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Kaum Frauen bei der FDP, aber dafür trotzdem eine Doppelspitze: Herr Lindner in Personalunion für Berlin und für Düsseldorf.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Herr Lindner muss ja auch ganz schnell wieder weg – nach Berlin, wo die ganze Welt schon sehnsüchtig auf den Kollegen wartet. Deswegen erlaube ich mir heute eine Frage an Sie:
(Christian Lindner [FDP]: Ja, fragen Sie!)
Können wir wirklich sicher sein, dass Sie nach der Bundestagswahl weg sind?
(Beifall von den GRÜNEN)
Oder machen Sie den umgekehrten Röttgen mit Landtagsmandat als Rettungsschirm und Rückversicherung? Falls es mit Berlin nicht klappt, dann vielleicht doch wenigstens Düsseldorf? Danach sieht nämlich das aus, was Sie hier veranstalten.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sylvia Löhrmann ist eine der erfolgreichsten Schulministerinnen, die dieses Land je gesehen hat.
(Zurufe von der CDU: Oh!)
– Vielleicht sollten Sie auch da die Sprache mäßigen, die Sie hier im Vorfeld angeschlagen haben.
Sofort nach ihrem Amtsantritt hat Sylvia Löhrmann die schlimmsten Fehlschüsse, die Sie und die CDU gemacht haben, korrigiert. Sie hat das Vorziehen des Schuleintrittsalters gestoppt; sie hat die sinnlosen, pädagogisch fragwürdigen und bürokratieproduzierenden Kopfnoten abgeschafft und kleine Grundschulstandorte gesichert, insbesondere im ländlichen Raum. „Kurze Beine, kurze Wege“, das gilt auch weiterhin.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Sylvia Löhrmann hat dann auch dafür gesorgt, politische Grabenkriege zu beenden. Da sage ich einen herzlichen Dank an die CDU, die eingesehen hat, dass man Schulstrukturdebatten von den Kindern her denken muss und nicht von den Strukturen her. – Vielen Dank, dass der Schulkonsens zustande gekommen ist.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir haben auch in diesem zentralen Bereich Geld in die Hand genommen, um voranzukommen. Wenn Sie sehen wollen, Herr Kollege Laschet, was politisches Hochschalten ist, hier sind die Zahlen:
Seit dem Regierungswechsel 2010 haben wir den Haushalt für Schule und Weiterbildung um 3,9 Milliarden € aufgestockt. Das ist ein Aufwuchs von fast 30 %. Damit – das ist jetzt wichtig – wurden 10.000 Stellen im System belassen, die sonst dem demografischen Abbau zum Opfer gefallen wären.
Es sind weitere 7.300 Stellen aufgrund der Zuwanderung bereitgestellt worden, 4.500 davon für den Grundbedarf und 1.500 für Sprachschulungen. Wir haben jetzt mehr Lehrerinnen und Lehrer, obwohl es weniger Schülerinnen und Schüler sind. Das ist die Wahrheit, die für diesen Bereich gilt.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Herr Kollege Lindner, mit der Schmierenkomödie bezüglich der kw-Vermerke haben Sie mich als Haushälter geradezu herausgefordert. Diese Landesregierung hat als erste in Deutschland reagiert, als die Zuwanderung so deutlich zugenommen hat. Wir haben als erstes Bundesland zusätzliche Lehrerinnen- und Lehrerstellen bereitgestellt; ich habe die Zahlen eben genannt.
Wenn wir diese Stellen jetzt zunächst mit einem kw-Vermerk versehen, dann ist das vorausschauende Politik und kein Versprechen für die Zukunft. Wenn die Zuwanderung so bleibt, wie sie ist, werden wir die kw-Vermerke auch wieder streichen. Aber es ist unseriös, die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer ins Blaue hinein zu erhöhen und so zu tun, als würde die Zuwanderung immer weiter so anhalten. Mit dieser unseriösen Spielerei wollen Sie davon ablenken, dass Sie in dem Bereich nichts zu bieten haben, Herr Kollege.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Kommen wir zu einem weiteren wichtigen Bereich der Schulpolitik, den Sie eben auch von den Füßen auf den Kopf gestellt haben. Wir haben dort noch eine Menge vor. Von den Kindern her denken, das heißt für uns: Wir wollen individuelle Lernzeiten ermöglichen; denn jedes Kind braucht seine Zeit. Statt Strukturdebatten über G8 und G9 zu führen und die Frage der Schulentwicklung gegen Konzepte auszuspielen, sollten wir lieber von den Kindern her denken und nicht vom Gymnasium her, wie es die FDP macht.
(Beifall von den GRÜNEN)
Bei unserem Modell ist an jeder Schule G8 und G9 möglich, eventuell sogar G7 oder G10. Wir schicken die Schulen auch nicht in den Konkurrenzkampf untereinander, wie es CDU und FDP tun wollen, indem sie sich zwischen G8 und G9 im Komplettsystem entscheiden sollen.
(Christof Rasche [FDP]: Wer ist denn jetzt „wir“?)
Ich sage Ihnen, was das für die Schullandschaft bedeuten würde: Wenn Sie dann von Oberhausen nach Münster ziehen wollten, wäre es nicht mehr möglich, die Schule zu wechseln.
(Stefan Zimkeit [SPD]: Warum sollte man aus Oberhausen wegziehen?)
Sie könnten sogar in der gleichen Stadt das Gymnasium nicht mehr wechseln, wenn Ihre Schulpolitik umgesetzt würde. Sie wollen deutschlandweit Bildungssysteme vereinheitlichen, in Nordrhein-Westfalen aber neue Hürden aufbauen. Das ist doch der größte Widerspruch, den Sie bildungspolitisch überhaupt produzieren können.
(Beifall von den GRÜNEN)
Bei uns gilt: maximale Flexibilität. Wir halten durch diese Form der Durchlässigkeit das Aufstiegsversprechen für alle Kinder ein. Man kann von jeder Schulform in die andere wechseln. Bei uns sollen alle Talente genutzt und eben nicht in Strukturdebatten aufgerieben werden. So geht moderne Schule heute. Damit ist dieses schöne Bundesland Nordrhein-Westfalen auf einem guten Weg.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir haben vorhin von Lindner und Laschet zwei Reden mit einem Tenor gehört: Nordrhein-Westfalen steht am Abgrund. Von Paderborn bis Aachen nichts als Niedergang und Krise, angeblich verursacht durch Rot-Grün.
(Michele Marsching [PIRATEN]: Das stimmt nicht! Herr Laschet hat etwas anderes gesagt!)
Es braucht demnach die zwei von der Tankstelle, Laschet und Lindner, mit viel Benzin im Blut – wobei Herr Lindner ja gleich nach Berlin weiterfährt. Wir brauchen angeblich diese Hochschalt- und Entfesselungspolitik. Geben Sie doch zu, dass hinter 95 % Ihrer Rhetorik nichts als knallharte Interessenpolitik steht.
(Hendrik Schmitz [CDU]: Was?)
Sie sagen: „Endbürokratisierung“, in Wirklichkeit meinen Sie: „Abstriche bei der Mitbestimmung“. Sie sagen: „Entfesselung der Märkte“ und meinen tatsächlich: „Sozialabbau und Ökodumping“. Eigentlich wollen Sie doch sagen: Schluss mit Arbeitsnehmer-, Verbraucher- und Klimaschutzpolitik. – Das klingt aber nicht so gut.
(Norwich Rüße [GRÜNE]: So ist es! – Beifall von den GRÜNEN)
Doch glauben Sie mir: Sie können den Menschen nicht Rot-Weiss Essen als Real Madrid verkaufen. Die Menschen sind nicht so blöd; die erkennen das. Ich bin mir ganz sicher, dass die Wählerinnen und Wähler am 14. Mai 2017 keine Koalition für „Privat vor Staat“ wiederauferstehen lassen. Da stehen wir ganz klar vor.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Die Düsterprognosen, die Sie hier abgeben, entsprechen nicht den Fakten. Im Übrigen entsprechen sie auch nicht dem Gefühl, das die Menschen in Nordrhein-Westfalen haben.
(Christof Rasche [FDP]: Woher kennen Sie das denn?)
Nordrhein-Westfalen tickt sozial und ökologisch. Das ist gut so, und das bleibt auch so.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit unserem Haushalt 2017 werden starke Zukunftssignale gesendet. Wir setzen klare Schwerpunkte für Modernisierung, für den ökologischen sowie den sozialen Umbau unseres Industrielandes, für zukunftsfähige Arbeitsplätze, beste Bildung und für einen anspruchsvollen Umwelt- und Klimaschutz. Wir stärken die Infrastruktur, insbesondere auch durch das Programm „Gute Schule 2020“, und unterstützen die Städte und Gemeinden nach Kräften.
(Ralf Witzel [FDP]: Und die Fledermäuse!)
– Dieser Haushalt, Herr Kollege Witzel, setzt ein klares Signal für ein solidarisches, weltoffenes Nordrhein-Westfalen, in dem es sich zu leben lohnt.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Der Haushalt setzt zudem ein Signal für einen weiteren intelligenten digitalen und ökologischen Aufbruch ins nächste Jahrzehnt. Hier schließe ich mich an das an, was Herr Kollege Römer vorhin gesagt hat: Auch ich freue mich auf Juni 2017, wenn wir als rot-grüne Koalition wieder die Regierung stellen werden.
(Lachen von Ralf Witzel [FDP])
Ich bitte Sie, diesem Haushalt zuzustimmen und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Langanhaltender Beifall von den GRÜNEN und der SPD)


2. Runde:

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss mich korrigieren: Herr Prof. Lederer ist nicht aus Köln, sondern aus Bielefeld.
Ich möchte aber ein weiteres Zitat in Sachen Hochschulen hinzufügen, und zwar von Herrn Prof. Marcus Baumann, dem Sprecher der Fachhochschulen. Ich zitiere:
„Das Land gibt mit der Verstetigung eines Teils der Hochschulpakt-Mittel ein klares Bekenntnis zu einer verlässlichen Finanzierung der Hochschulen ab. Das ist auch deshalb so wichtig, weil wir als Hochschulen mit einer Ausbildung auf höchstem Niveau für junge Menschen die Grundlagen für die Zukunfts- und Innovationsfähigkeit unserer Wirtschaft legen.“
Offensichtlich ist es das Konzept der FDP – und vielleicht auch bald der CDU –, Studiengebühren einzuführen, um Menschen vom Hochschulstudium abzuhalten und so das Verhältnis von Studierenden zu Professoren zu verbessern.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Klaus Kaiser [CDU]: Unverschämt! – Christian Lindner [FDP]: Widerliche Demagogie ist das! – Weitere Zurufe von CDU und FDP)
Herr Kollege Lindner, Sie haben eben das Hofreiter-Zitat gebracht und es noch einmal schlimmer gemacht. Ich finde es infam und unanständig, wie Sie mit Herrn Hofreiter umgehen. Das möchte ich Ihnen an der Stelle auch sagen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Zur Inklusion – das ist mir wirklich ein Anliegen –: Hier reden wir über Schülerinnen und Schüler, die gerne in das Regelsystem hineinwollen. Wir wollen den Rechtsanspruch für die Eltern und die Kinder durchsetzen. Ich könnte jetzt aus der eigenen Familie schildern, wie schwierig die Dinge sind. Wenn wir uns jetzt auf den Weg begeben, um diese schwierigen Dinge zu gestalten, dann geht es nicht an, den Rechtsanspruch auszusetzen, sondern wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, um da voranzukommen.
Ich finde es unanständig, dass Sie mit den Ängsten der Betroffenen Politik machen wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Letzter Punkt: kw-Vermerke. Das finde ich auch echt schräg. Wir haben 2015 – ich kann mich noch gut daran erinnern – kurz vor Ostern zusammengesessen und wegen der hohen Zuwanderung beschlossen – das Schulministerium hatte Gott sei Dank vernünftig vorgearbeitet und Zahlen auf den Tisch gelegt –: Wir müssen schnell handeln. Wir müssen Lehrerinnen und Lehrer einstellen, sonst schaffen wir es nicht, die Qualität zu halten.
Dann haben wir uns kurzfristig entschieden, die Stellen bereitzustellen. Es war auch richtig – ich stehe dazu, dass das so angelegt worden ist –, diese Stellen zunächst mit einem kw-Vermerk zu versehen, weil wir nicht wissen konnten – und das bis heute nicht wissen –, wie hoch die Zuwanderung sein würde. Sie ist deutlich zurückgegangen. Wenn wir da nachsteuern müssen, werden wir das tun.
Wenn Herr Lindner das benutzt, um zu behaupten, es seien weniger Lehrerinnen und Lehrer da als vorher, ist das schlicht keine richtige Darstellung.
(Beifall von den GRÜNEN – Christian Lindner [FDP]: Das habe ich nicht gesagt!)
– Herr Lindner, ich sage Ihnen: Wir haben seit 2010 390.000 Schülerinnen und Schüler weniger und trotzdem mehr Lehrerinnen und Lehrer. Das ist die Leistungsbilanz von Rot-Grün. Wir sind stolz darauf und werden das auch über 2017 hinaus fortsetzen. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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