Herbert Goldmann: „Nordrhein-Westfalen wird als erstes Bundesland das sogenannte Fracking ausschließen“

Landesentwicklungsplan NRW

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Herbert Franz Goldmann (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn es die Anzahl der anwesenden Abgeordneten nicht vermuten lässt, ist es heute soweit. Eines der wichtigsten rot-grünen Projekte in dieser Legislaturperiode wird mit der Verabschiedung des LEP zu Ende gebracht. Es ist ein Tag der Freude für Rot-Grün und unter Würdigung der kritischen Stimmen ein Tag des Dankes an alle, die am Zustandekommen des LEP ihren Anteil gehabt haben. Nahezu sechs Jahre intensiven Ringens aller Beteiligten um optimale Lösungen – sofern es solche überhaupt im Rahmen der Landesplanung geben kann – gehen zu Ende.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für was ist dieser LEP noch während des Verfahrens alles verantwortlich gemacht worden! Für die Opposition und Teile der Wirtschaft ist er Grund allen Übels und aller wirtschaftlicher Verwerfungen. Da spielte es nur eine untergeordnete Rolle, dass der LEP überhaupt noch nicht als Rechtsverordnung in Kraft getreten, sondern nur in Aufstellung befindlich war und damit natürlich auch eine Bindungswirkung für die Regionalplanungsbehörden entfaltete.
Der vorliegende Plan stellt eine faire Lösung im widersprüchlichen Streit der unterschiedlichen Nutzungsinteressen an den Raum dar, und das bei über 2.000 Vorschlägen und Stellungnahmen im Rahmen einer in der Geschichte des LEP einzigartigen und beispielhaften Träger- und Öffentlichkeitsbeteiligung, eines monatelangen Auswertungsverfahrens und zum Schluss eines zeitintensiven Anhörungsverfahrens mit vielen kompetenten Sachverständigen.
Diese Sachverständigen waren sich bei allen unterschiedlichen Detailfragen in einem einig: Wir waren noch nie so weit. Dieser LEP solle nun endlich verabschiedet werden, um seinem Anspruch als Rahmenplan für die nachgeordneten Planungsbehörden gerecht zu werden. – Das machen wir heute. Darauf können die Landesregierung und Rot-Grün durchaus stolz sein. Natürlich sind nicht alle mit den Regelungen in diesem Raumordnungsplan zufrieden. Das wäre aber auch außergewöhnlich.
An die Opposition: Wir haben erkennbar ein grundlegend anderes Verständnis von der Landesplanung im Allgemeinen und vom Flächenschutz im Besonderen.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Wirtschaft, Kommunen, Umweltverbände und andere haben nun einmal divergierende Interessen und Erwartungshaltungen an den Raum. Diese widersprüchlichen Interessen zu ordnen und zu gestalten, ist der Staatskanzlei als oberster Landesplanungsbehörde mit diesem Entwurf gut gelungen. Der Interessenslage der Wirtschaft wurde nicht nur durch ein eigenes Unterkapitel Rechnung getragen, sondern es hat für die Wirtschaft im laufenden Verfahren spürbare Verbesserungen gegeben. Leider hindert das die Wirtschaft und ihre Verbände nicht, weiterhin zu jammern. Das ist ein übliches Ritual. Aber es gehört auch zur Verantwortung von IHK und der Wirtschaft, zu erkennen, dass ein LEP nicht als ausschließlicher Wunschkatalog ihrer Interessen fungieren kann. Es gibt auch eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Dies gilt ohne Ausnahmen für alle.
Dieses Talent, sich selbst immer kleinzureden, war leider eine durchgehende Linie während des gesamten Verfahrens. Davon wurde nicht abgewichen. Dabei ist Nordrhein-Westfalen ein starker Wirtschaftsstandort. Er wird es nicht trotz, sondern auch wegen des LEP mit einer klaren Struktur bleiben. Auch das hat die Anhörung ergeben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Gerade in der Diskussion zu der Frage des zukünftigen Flächenverbrauchs wird dies deutlich. Dass sich kaum jemand aus der Opposition im Verfahren mit den Grundsätzen der Raumordnung und den Anforderungen und Zielsetzungen an einen Raumordnungsplan auseinandergesetzt hat, …
(Holger Ellerbrock [FDP]: Na, na, na!)
– Mit Ausnahme von Ihnen, Herr Ellerbrock. Ich gestehe es gerne ein.
… spricht für sich, ist aber an dieser Stelle geschenkt.
Aber dass der Kollege Brockes – er ist da – noch im Oktober erklärt – ich zitiere –: Rot-Grün will den LEP auf Biegen und Brechen … durchpauken
(Dietmar Brockes [FDP]: Ja!)
und untergräbt dafür die Rechte des Parlaments“, ist und war schlichtweg absurd.
(Beifall von den GRÜNEN – Dietmar Brockes [FDP]: Nein, nein, nein!)
Dass insbesondere die CDU die eigenen Beschlüsse ihrer Bundesregierung und der Partei nicht kennt oder bewusst ausblendet, ist schon beachtenswert.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Brockes zulassen?
Herbert Franz Goldmann (GRÜNE): Natürlich.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Bitte schön.
Dietmar Brockes (FDP): Herr Kollege Goldmann, vielen Dank, dass Sie mir die Möglichkeit zu einer Zwischenfrage geben.
Würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass im Oktober vonseiten der rot-grünen Fraktionen geplant war, die Anhörung zum Landesentwicklungsplan in einem Verfahren durchzuführen, welches nicht den parlamentarischen Gepflogenheiten entspricht, sondern dass es hier im Schweinsgalopp durchgezogen werden sollte?
(Minister Johannes Remmel: Was ist denn „Schweinsgalopp“?)
Erst nach meiner massiven Kritik, die Sie gerade eben vorgelesen haben, wurde seitens der Koalitionsfraktionen von diesem völlig überzogenen Fahrplan abgesehen und man hat dann ein Verfahren durchgeführt, welches auch die außerhalb des Wirtschaftsbereiches tätigen Ausschüsse eingebunden hat.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege, bitte.
Herbert Franz Goldmann (GRÜNE): Herr Brockes, ich kann Ihnen leider nicht zustimmen. Ich stimme Ihnen dahin gehend zu, dass die Anforderung, zu entscheiden
(Dietmar Brockes [FDP]: Sie haben das ganze Verfahren nicht verfolgt!)
– nein –, wo und in welcher Form letztendlich noch Anhörungen in einem oder in mehreren Ausschüssen durchzuführen sind, zu sehr zeitintensiven Auseinandersetzungen geführt hat.
Aber es ist, glaube ich, klar und letztendlich auch im Dialog zwischen allen Beteiligten irgendwie gelungen, den Formvorschriften auch Genüge zu tun. Ich denke, wir haben das auch korrekt im Verfahren abgewickelt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich greife den Faden, den ich gerade hatte, noch einmal auf. Ich habe gesagt, dass die CDU anscheinend ihre eigene Beschlusslage nicht kennt.
Ein kleines Beispiel: Am 23. Oktober hat die CDU ein neues Leitbild für ihre zukünftige Agrarpolitik erstellt, aus meiner Sicht ein lesenswertes Papier mit guten Inhalten. Da steht unter Ziffer 1: Die CDU will sich stärker dem Stopp des Bodenverbrauches widmen. Gesetztes Ziel sei es, den Flächenverbrauch bis 2020 auf 30 ha pro Tag bundesweit abzusenken. Dieses Ziel ist identisch mit der aktuellen Beschlusslage der Bundesregierung. Die Ministerpräsidentin hat heute Vormittag darauf hingewiesen.
Was bedeutet das denn anteilsmäßig für Nordrhein-Westfalen? – Zurzeit liegt der Verbrauch in Nordrhein-Westfalen bei 9,3 ha pro Tag und Sie klettern auf den Baum, wenn die Landesregierung ein 5-ha-Ziel als Grundsatz definiert, während andere Bundesländer bereits Ziele von 1,5 bis 3,6 ha, wie Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen, in ihren Landesentwicklungsplänen verabschiedet haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum ersten Mal in der Geschichte der Landesplanung werden wir durch die Einführung eines landesweiten Monitorings vergleichbare Rahmenbedingungen auf der Ebene aller Regionalplanungsbehörden in Nordrhein-Westfalen schaffen. Je nach Erkenntnissen muss vielleicht bei der Bedarfsermittlung von Wirtschafts- und Industrieflächen dieses Verfahren nachjustiert werden. Dennoch ist es ein richtiger Weg.
Nordrhein-Westfalen – das hat Herr Thiel angesprochen – wird als erstes Bundesland das sogenannte Fracking ausschließen. Auch hierzu hatten wir in der Anhörung eine kontroverse Diskussion. Das ist ein großer Schritt, der auch in den anderen Bundesländern große Beachtung gefunden hat. Die Formulierung wurde nach einem intensiven fachlichen Austausch bewusst so gewählt. Sollte es zu einer rechtlichen Würdigung kommen, bin ich ziemlich sicher, dass der Abwägungstatbestand einer rechtlichen Betrachtung standhalten wird.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Erlauben Sie mir noch einige Ausführungen zu dem 13-seitigen CDU-Antrag vom 06.12., den wir heute auch behandeln. Würden wir diesem auch nur in Ansätzen folgen, wäre das Kapitel LEP tot. Das wissen die Verfasser dieses Antrages genau. Sollten wir den Ausführungen von Herrn Wüst im Wirtschaftsausschuss vom 7. dieses Monats folgen mit bis zu zwei weiteren Abstimmungsrunden, würde wahrscheinlich die nächste Legislaturperiode hierfür noch nicht einmal ausreichen. Ein solcher Vorschlag kann also nicht ernst gemeint sein.
(Zuruf von den GRÜNEN: Meinen die auch nicht!)
Der Inhalt ist ein gebetsmühlenhaftes Wiederholen von bekannten Positionen der Wirtschaft, weit davon entfernt, dem Anspruch der Abwägung unterschiedlicher Interessen an den Raum gerecht zu werden, nichts Neues und nahezu alle Annahmen sind in der Sache falsch.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, manchmal gehört auch etwas Mut zum politischen Geschäft. Stimmen wir dem Planentwurf nach § 17 Abs. 2 Landesplanungsgesetz also zu! – Ich wünsche Ihnen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest. Danke sehr.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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