Matthi Bolte: „Wir sind der festen Überzeugung, damit mehr Bürgernähe und mehr Transparenz zu erreichen“

Gesetzentwurf zum Polizeigesetz

Matthi Bolte (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach diesem nicht unbedingt an Fakten reichen Wortbeitrag des Kollegen Sieveke darf ich feststellen: Wir bringen heute einen Gesetzentwurf zum Abschluss, der der Polizei in Westfalen guttun wird, der die Polizei in Nordrhein-Westfalen voranbringen wird, der den Menschen in unserem Land hilft, weil sie sicher leben können und weil ihre Rechte besser geschützt werden.
(Daniel Sieveke [CDU]: Mit der Kennzeichnungspflicht!)
Dieser Gesetzentwurf enthält zwei große Punkte. Der erste betrifft § 15c, Bodycams, übrigens ein Thema, zu dem wir schon viel Dampfplauderei von der CDU gehört, aber nie einen konkreten Entwurf gesehen haben, wie das in Gesetzesform gebracht werden soll.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, man muss bei so einem Gesetz immer abwägen. Das haben wir in letzten Monaten sehr intensiv getan, inhaltlich und grundrechtlich.
Zur inhaltlichen Abwägung erinnere ich daran: Wir haben lange Zeit – auch durchaus mit Recht – eine skeptische, abwartende Haltung gegenüber den Modellversuchen gehabt, insbesondere dem Modellversuch in Hessen. Denn bei diesem Versuch ging es eher um Symbolpolitik und weniger um tatsächliche Verbesserungen.
Dann haben wir uns den Versuch in Rheinland-Pfalz sehr genau angeschaut und festgestellt: Es scheint tatsächlich eine präventive Wirkung von Bodycams auszugehen. Aus diesem Modellversuch gibt es Erfahrungswerte, die wir sehr ernst nehmen. Es gibt weniger Solidarisierungseffekte, bei denen sich Unbeteiligte in kritische Situationen einmischen. Das sind erste Erfahrungswerte, auf deren Basis wir uns zu einem eigenen Modellversuch entschlossen haben. Aber wir machen ihn richtig und nicht nur als populistische Symbolik.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die grundrechtliche Abwägung haben wir im Ausschuss sehr lange und ausführlich behandelt. Bodycams stellen natürlich einen Eingriff in Grundrechte dar. Bei jedem Grundrechtseingriff muss man abwägen: Ist das verhältnismäßig? In diesem Fall wägen wir ab gegenüber dem Schutzgut „Unversehrtheit von Polizeivollzugsbeamten und Dritten“.
Wir versehen den Eingriff mit klaren Schutzrechten für die Betroffenen. Die Daten werden verschlüsselt, manipulationssicher erhoben und verarbeitet. Der Versuch wird so intensiv wissenschaftlich begleitet wie kein Versuch zuvor. Die Daten werden sicher aufbewahrt. Über eine Löschung nach zwei Wochen wird nach dem Vieraugenprinzip entschieden.
Und wir schaffen klare Transparenzregeln. Wer in einem Polizeieinsatz gefilmt wird, hat das Recht auf Einsicht. Damit stärken wir den Rechtsstaat.
(Beifall von den GRÜNEN und von Hans-Willi Körfges [SPD])
Beim Einsatz in Wohnungen gelten umfangreiche Schutzklauseln für die Betroffenen. Zu Recht werden hier hohe Maßstäbe an die Verhältnismäßigkeit angelegt. Da haben wir auch auf Hinweise aus der Anhörung umfangreich reagiert. Wir haben die Normen noch einmal klarer gefasst, den Einsatz in Wohnungen konkret benannt und mit tatsächlichen Schranken versehen. Damit ist der Kernbereich der privaten Lebensführung klar geschützt, so wie es verfassungsrechtlich und politisch geboten ist.
Alles in allem ist das Gesetz in diesem Punkt absolut ausgewogen. Ich möchte mich bei den Sachverständigen bedanken, die uns mit vielen guten Ratschlägen begleitet haben.
Bodycams sind nur ein kleiner Teil einer ganzen Kette von Präventionsmaßnahmen wie der professionellen Ausbildung, einer Deeskalationsstrategie und der professionellen Ausrüstung der nordrhein-westfälischen Polizei. Dazu gehört auch die Tatsache, dass diese Regierung so viel Polizei eingestellt hat wie keine Regierung zuvor.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun zur Kennzeichnungspflicht: Wir werden mit diesem Gesetzentwurf eine individualisierte Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamtinnen und -beamte in der Bereitschaftspolizei und in Alarmeinheiten einführen. Wir sind der festen Überzeugung, damit mehr Bürgernähe und mehr Transparenz zu erreichen. Wir haben die Bedenken ernst genommen – das will ich klar sagen – und setzen deshalb auf eine anonyme bzw. pseudonyme Kennzeichnung.
Aber wir setzen mit dieser Kennzeichnung auch ein klares Zeichen. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen arbeitet bürgerorientiert, rechtsstaatlich und professionell. Genau aus dem Verständnis heraus erwächst auch diese Regelung zur Kennzeichnung. Denn es ist das Wesen des demokratischen Rechtsstaats, dass er sich in seinem Handeln prüfen lässt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Es ist das Wesen des demokratischen Rechtsstaats, dass Vorwürfe rechtssicher und abschließend geklärt werden, wenn sie erhoben werden, weil sich Bürgerinnen und Bürger von staatlicher Gewalt falsch behandelt fühlen. Das ist eben kein Ausdruck, wie es uns die CDU unterstellt hat, einer – Zitat – staatsfeindlichen Gesinnung, sondern hier geht es um ein klares Eintreten für und ein tiefes Vertrauen in den demokratischen Rechtsstaat,
(Beifall von den GRÜNEN – Daniel Sieveke [CDU]: Absolut!)
Meine Damen und Herren, genau wie Bodycams nur ein kleiner Teil der Prävention sind, ist auch die Kennzeichnung nur ein Baustein im Beschwerdemanagement, im rechtsstaatlichen Auftreten der Polizei. Aber beide Punkte verbessern die Bedingungen für die Polizei in Nordrhein-Westfalen. Das ist gut für die Polizei, für die Rechtsstaatlichkeit und für die Sicherheit der Menschen in unserem Land. – Ganz herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD) 

Mehr zum Thema

Innenpolitik