Arif Ünal: „Wir tragen stärker als bisher dem von den Patientinnen und Patienten ausgedrückten Willen Rechnung“

Gesetzentwurf zu Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke

Arif Ünal (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Auch 40 Jahre nach der Enquete zur Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik sind deren Ziele, eine auf Menschen ausgerichtete Psychiatrie sowie psychotherapeutische und psychosoziale Versorgung, nach wie vor sehr aktuell.
Wir verabschieden heute eine neue Fassung des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten, kurz PsychKG. Das Gesetz aus dem Jahre 1999 entsprach weder den Anforderungen, die die höchstrichterliche Rechtsprechung in den letzten Jahren vollzogen hat, noch entsprach es den Veränderungen der Rechtslage bei den Patientinnen- und Patientenrechten.
Die Kritikpunkte richten sich dabei immer auf die Zwangsbehandlung und Zwangsunterbringung infolge einer vermuteten Eigen- und Fremdgefährdung aufgrund einer psychischen Erkrankung. Ziel muss es daher sein, den von den Zwangsmaßnahmen betroffenen und bedrohten Menschen ein eigenverantwortliches und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Deshalb werden mit den Änderungen zum PsychKG wichtige Verbesserungen vorgenommen, mit denen stärker als bisher dem von den Patientinnen und Patienten ausgedrückten Willen Rechnung getragen werden muss.
An dieser Stelle wollte ich einige Punkte nennen. Herr Yüksel hat die Punkte unseres Änderungsantrags aber schon genannt.
Ein Punkt ist die besondere Berücksichtigung des Willens der Betroffenen. So muss der freie Wille der Betroffenen Voraussetzung für den Abschluss einer Behandlungsvereinbarung sein. Das haben wir festgeschrieben.
Unter den besonderen Schutzmaßnahmen in § 20 ist nun geregelt, bei Fixierungen eine ständige persönliche Bezugsbegleitung sowie die Beobachtung mit kontinuierlicher Kontrolle der Vitalfunktionen sicherzustellen.
Zudem ist anders als bisher der Anspruch auf den täglichen Aufenthalt im Freien verbindlich geregelt. Er sollte täglich mindestens eine Stunde ermöglicht werden.
Die Unterbringung sollte so weitgehend wie möglich in offener Form erfolgen.
Es ist sicherzustellen, dass die Erforderlichkeit der weiteren Unterbringung grundsätzlich täglich ärztlich überprüft, begründet und dokumentiert wird.
Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Änderungen hatten wir in unserem Änderungsantrag vorgeschlagen, um eine gewisse Verbesserung im PsychKG herbeizuführen. Wir wissen auch, dass es keine große Psychiatriereform ist. Die Änderungen regeln nur die Zwangsbehandlung und die Zwangsunterbringung.
Aber auch hier lässt sich aufgrund der Zuständigkeit nicht alles im PsychKG regeln. Deshalb haben wir in einem Entschließungsantrag weitere Handlungsbedarfe aufgezeigt und Lösungen angemahnt.
Hierzu gehören einige Punkte bei der Unterbringung nach dem Betreuungsrecht, beispiels-weise die Rechte der Kinder, die nach § 1631 BGB untergebracht sind, die Verhinderung der Zwangsmedikation und die Einschränkung des Gebrauchs von Psychopharmaka, um nur einige Punkte zu nennen, die wir im PsychKG nicht mitbehandeln konnten.
Weitergehende Änderungen müssen wir aber bei der Erstellung und Umsetzung des Psychiatrieplans NRW aufnehmen. So muss der Ausbau ambulanter und komplementärer Versorgung und Hilfe vielerorts vorangebracht werden. Dabei stellen Krisennotdienste und ambulante Einrichtungen eine wichtige Entlastung für die Angehörigen psychisch kranker Personen dar. Gleichzeitig ermöglichen sie es, dass die bestehenden sozialen Kontakte und persönlichen Ressourcen nicht gänzlich wegbrechen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD) 

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