Martina Maaßen: „In der Regel wird die betriebliche Mitbestimmung als große Chance für das Unternehmen gesehen“

Antrag von SPD und GRÜNEN zu Mitbestimmungsrechten

###NEWS_VIDEO_1###
Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Garbrecht. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Maaßen.
Martina Maaßen (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine funktionierende Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zeichnet sich durch die Mitbestimmungsmöglichkeiten für Betriebsräte aus. In der überwiegenden Zahl der Betriebe wird diese traditionell gewachsene Sozialpartnerschaft als ein hohes Gut betrachtet. Hier wird die betriebliche Mitbestimmung als große Chance für das Unternehmen gesehen. Hier herrschen ein Klima der fairen Auseinandersetzung in der Sache und in der Regel eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Hat ein Unternehmen fünf oder mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, haben diese das Recht auf die Gründung eines Betriebsrates. Dies ist arbeitsrechtlich so geregelt. Die Praxis sieht jedoch oft anders aus. Die Hans-Böckler-Stiftung berichtet, dass fast jede sechste Betriebsratsgründung von den Arbeitsgebern verhindert wird. Einschüchterung der Kandidaten, Versetzungen, Kündigungsandrohungen bis hin zu Betriebsauflösungen sind Mittel, von denen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bzw. die Gewerkschaften berichten, um die Gründung eines Betriebsrates zu verhindern.
Union Busting, die Bekämpfung gewerkschaftlicher Aktivitäten, ist die gezielte Anwendung von Praktiken, um arbeitgeberunabhängige Organisierung und Interessenvertretung unter anderem in einem Betrieb zu unterbinden, auszuhebeln oder im Entstehen zu behindern.
Union Busting wird sowohl betrieben, um den erreichten Status quo an Konnektivität, Mitbestimmung und arbeitsrechtlichem Schutz anzugreifen als auch, um Organisierungsbemühungen von Beschäftigten möglichst im Keim zu ersticken. Eine wesentliche Bestrebung des Union Busting in Deutschland besteht darin, Betriebe und Konzerne zu betriebsratsfreien Zonen zu machen oder einen betriebsratsfreien Status quo zu wahren.
Die Motivation, Betriebsräte zu behindern oder nicht entstehen zu lassen, liegt in dem besonderen Kündigungsschutz, den gewählte Betriebsratsmitglieder genießen, sowie deren Möglichkeiten, in die unternehmerische Gestaltungsfreiheit einzugreifen. Auch in Deutschland und auch in unserem Bundesland ist ein Geflecht aus einschlägigen Netzwerken entstanden, in dem sich Unternehmensberater, Rechtsanwälte, Personalabteilungen, Detekteien, Leiharbeitsfirmen, Think Tanks und wissenschaftliche Institute über Methoden zur Gewerkschafts- und Betriebsratsvermeidung austauschen.
Aus Sicht der grünen Landtagsfraktion ist es erforderlich, dass wir diesem Agieren auch in Nordrhein-Westfalen entgegentreten,
(Beifall von den GRÜNEN)
und zwar durch die Entwicklung von Anti-Busting-Maßnahmen, basierend auf einer wissenschaftlichen Studie durch die Entwicklung von Strategien zur Eindämmung des Union Busting bis dahin, das Betriebsverfassungsgesetz zu verschärfen und durch eine gesellschaftliche Sensibilisierung und Diskussion im Kontext der NRW-Landesinitiative „Faire Arbeit – fairer Wettbewerb“ zu ergänzen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Mehr zum Thema

Arbeitsmarkt, Wirtschaft