Mario Krüger: „Insgesamt ist das ein sehr zufriedenstellender Prozess“

Gesetzentwurf von SPD und GRÜNEN zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung

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Mario Krüger (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! Frau Thönnissen, das Thema „Kreistag und Mehrbelastung der Mitglieder in den Kreistagen“ werden wir nicht heute, sondern beim nächsten Mal diskutieren, wenn wir die Anhörung im Fachausschuss ausgewertet haben und zu einer abschließenden Beratung im Plenum kommen. Vielleicht kann man Sie noch überzeugen, dass es nicht ganz so ist, wie es gerade geschildert worden ist.
Ich will aber gerne an die Ausführungen von Ihnen, Frau Thönnissen, und auch von Frau Steinmann anknüpfen. Wir bringen einen vierjährigen Prozess zum Abschluss, der mich, gemessen an seinen Ergebnissen, sehr zufrieden stimmt. Wir haben, anknüpfend an eine Empfehlung der Ehrenamtskommission, eine Vielzahl von Regelungen neu formuliert, die insbesondere mit dem Ziel, das kommunale Ehrenamt aufzuwerten, gemeinsam mit uns diskutiert worden sind.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal allen Akteuren danken, insbesondere den kommunalen Spitzenverbänden und den Kommunalpolitischen Vereinigungen, die sich über einen langen Zeitraum hinweg konsensorientiert in die Diskussion eingebracht haben.
Wer sich die Anhörung und das, was in dem Zusammenhang vorgetragen worden ist, noch einmal ansieht, stellt fest, dass wir Regelungen gefunden haben, die auf eine breite Zustimmung treffen.
Ich will – über das hinaus, was bereits vorgetragen worden ist – drei Bereiche vorstellen, die uns wichtig sind:
Erstens: Vereinheitlichung des Verdienstausfalls. Auch ich war wie viele andere lange in Gemeindevertretungen unterwegs. Sie kennen die Situation. Die untere Grenze für die Erstattung des Verdienstausfalls ist in einzelnen Gebietskörperschaften oftmals unterhalb des Mindestlohns angesiedelt gewesen, die obere Grenze bei 20 bis maximal 30 € – mit der Konsequenz, dass Arbeitnehmer oder Selbständige, die mit Stundenlohnsätzen von mehr als 20 € arbeiten bzw. vergütet werden, in der Regel draufgezahlt haben. Das heißt: Bei einem Brutto von monatlich gut 3.400 € musste man draufzahlen.
Das ist in den einzelnen Gebietskörperschaften sehr unterschiedlich gehandhabt worden. Unsere Herangehensweise war, per Erlass die entsprechenden Grundlagen für eine landeseinheitliche Regelung zu schaffen und als Land vorzugeben, nach welchen Kriterien der Verdienstausfall künftig zu regeln ist.
Zweitens: Mindestfraktionsgrößen. Um die bisherigen Regelungen zu verdeutlichen, nehme ich als Beispiel die Stadt Neuss mit 155.000 Einwohnern und 68 Ratsmitgliedern. Zwei Ratsmitglieder reichen aus, um eine Fraktion zu bilden, also ein Stimmenanteil von etwa 2,6 %. Warum bilden in Neuss zwei Ratsmitglieder eine Fraktion? Neuss ist kreisangehörig. In der wesentlich kleineren Stadt Bottrop mit 117.000 Einwohnern und einem deutlich kleineren Rat mit 54 Mitgliedern sind demgegenüber drei Ratsmitglieder nötig, um eine Fraktion zu bilden. Man muss also mehr als 5 % der Stimmen erreichen, um eine Fraktionsgemeinschaft bilden zu können. Solche Unterschiede waren überhaupt nicht nachvollziehbar.
Parallel dazu war die Entwicklung einer zunehmenden Bildung von technischen Fraktionen zu beobachten. Da gibt es merkwürdige Beispiele wie etwa aus dem Kreistag Gütersloh, in dem FDP und AfD eine Fraktionsgemeinschaft gebildet haben. In anderen Gebietskörperschaften wurde eine Fraktion von Piraten und Linken gebildet.
Da muss man sich allen Ernstes fragen: Gibt es überhaupt ein gemeinschaftliches Interesse, Politik zu machen? Oder war für die Bildung einer Fraktionsgemeinschaft nicht eher die Zielsetzung ausschlaggebend, dass man auch über entsprechende finanzielle Zuwendungen verfügen will und deswegen diesen Weg geht?
Wir wollen das verschärfen und daher die Mindestfraktionsgröße in Abhängigkeit von der Ratsgröße anheben. Ab 51 Ratsmitgliedern bilden drei, ab 75 Ratsmitgliedern vier und ab 90 Ratsmitgliedern fünf Ratsmitglieder eine Fraktionsgemeinschaft. Das ist etwa die Größenordnung, dass 4,5 bis 5 % der Stimmen erreicht werden müssen.
Drittens: Fraktionszuwendungen. Diesen Bereich haben wir letztes Jahr im Rahmen eines Erlasses geregelt. Ich kann noch nicht erkennen, dass da eine große Bewegung eingesetzt hat. Wir haben momentan immer noch sehr unterschiedliche Herangehensweisen. Es gibt Städte oder Gemeinden mit 45.000 Einwohnern, in denen 200 € als Fraktionszuwendungen pro Jahr und Ratsmitglied zur Verfügung gestellt werden, während vergleichbare Gemeinden gleicher Größenordnung mit 5.000 €, 6.000 €, teilweise bis zu 17.000 € dabei sind.Da bleibt abzuwarten, inwieweit man diesen Erlass aufgreift bzw. hier die Notwendigkeit sieht, Fraktionen angemessen auszustatten, damit sie ihre Arbeit erledigen können.
Es bleiben Baustellen übrig. Ich will insbesondere eine benennen, die wir aber hier nicht regeln können, sondern die nur auf der Bundesebene geregelt werden kann; das ist das Thema „Anrechnung von Einkünften aus kommunalpolitischen Tätigkeiten“. Das gilt insbesondere für Leute, die Arbeitslosengeld II, Leistungen nach dem Unterhaltsrecht oder nach dem BAföG beziehen.
Hier ist es so, dass diese Einkünfte aus der kommunalpolitischen Tätigkeit angerechnet werden und damit kein großes Interesse bei diesem Personenkreis besteht, sich entsprechend zu engagieren. Aber auch diese Leute müssen wir ins das Ehrenamt bringen; ihnen sollten dadurch keine Nachteile erwachsen. Das ist aber, wie gesagt, eine Angelegenheit, die auf Bundesebene zu regeln ist.
Insgesamt ist das ein sehr zufriedenstellender Prozess. – Meine Redezeit ist zu Ende. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf die Umsetzung.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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