Horst Becker: „Somit spricht weniger denn je für den Komplettumzug“

Antrag aller Fraktionen zur Stärkung der Stadt Bonn als Regierungsstandort

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Horst Becker (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal schließe ich mich ausdrücklich meinen beiden Vorrednerinnen an und betone, dass ich froh bin, dass wir jetzt doch zu einem gemeinsamen Antrag gekommen sind. Das sah nämlich vom Frühjahr bis zum Frühsommer des Öfteren nicht so aus.
Dass wir jetzt zu diesem gemeinsamen Antrag gekommen sind, hat jedenfalls aus meiner Sicht unter anderem den wesentlichen Grund, dass die Region ihre Hausaufgaben gemacht hat, wie sie es in der Vergangenheit übrigens schon oft getan hat – dieses Mal allerdings ein bisschen spät, wenn ich mir diese Bemerkung erlauben darf.
Sie hat aber mit allen Fraktionen, Parteien, zwei Landräten, einem Oberbürgermeister und den verschiedenen Bundestags- und Landtagsabgeordneten ein gemeinsames Papier auf den Weg gebracht hat. In diesem beschreibt sie nicht nur, warum es aus ihrer Sicht wichtig ist, dass Bonn und die Regionen Rhein-Sieg und Ahrweiler weiter Standort der entsprechenden Ministerien und Folgeinstitutionen bleiben, sondern sie weist auch darauf hin – und das ist aus meiner Sicht ein ganz wesentlicher Punkt –, dass diese Institutionen zwingend darauf angewiesen sind, dass die Ministerien ihren Hauptsitz in Bonn behalten. Wenn sie nämlich nicht mehr in Bonn bzw. in der Region um Bonn blieben, wären sie für die gesamte Republik und auch für Nordrhein-Westfalen unwiederbringlich verloren, weil sie in andere Länder Europas oder gar darüber hinaus umziehen würden.
Ich finde, das ist ein sehr wichtiger Punkt. Es ist auch deswegen ein wichtiger Aspekt, weil er deutlich macht, dass diejenigen, die in Berlin – ich glaube, in Berlin würde man Raffke sagen – immer wieder versuchen, alles nach Berlin zu ziehen, und zwar gegen die seinerzeitigen Vereinbarungen, der Republik insgesamt und nicht nur dem Land Nordrhein-Westfalen und der Region Bonn Schaden zufügen würden.
Wenn wir also in der Debatte demnächst den Statusbericht der Ministerin zur Kenntnis nehmen werden – ich rechne damit, dass er kurz nach der Wahl in Berlin und eben nicht zufällig vorher das Licht der Öffentlichkeit erblickt –, dann wird es um die Frage gehen, wie wir diesen Statusbericht zusammen zu bewerten haben.
Die nächste wesentliche Aufgabe wird sein, diesen Statusbericht möglichst einvernehmlich zu bewerten, ihm möglichst einvernehmlich zu begegnen, um dann von der Strategie her die nächsten taktischen Schritte gemeinsam zu besprechen. Ich glaube, die Auseinandersetzung, die uns im Herbst dieses Jahres bevorsteht, ist die eigentliche Herausforderung. Dass wir uns jetzt gemeinschaftlich als Region, als Land zusammen mit der Landesregierung so positionieren, wie wir uns positionieren, ist nicht mehr und nicht weniger als die Grundlage.
Wir haben den letzten Teilungsbericht 2015 zur Kenntnis genommen – der nächste erscheint erst 2017 – und wissen deshalb, dass die teilungsbedingten Kosten immer weiter gesunken sind. Somit spricht weniger denn je für den Komplettumzug.
Wir müssen uns also – darum bitte ich alle, auch die Landesregierung – relativ kurzfristig darauf verständigen, wie wir als Parlament, wie diese Landesregierung mit dem Statusbericht umgeht. Wir werden uns in der Region – das haben wir vereinbart – dann auch wieder zusammensetzen und das als Region bewerten. Ich hoffe und erwarte, dass wir im Land, hier im Parlament, unabhängig davon, welche Fraktionen die Bundesregierung tragen, alle an das erinnern, was auch in diesem Koalitionsvertrag steht, nämlich dass der Umzug nach Berlin nicht fortgeführt werden soll und dass das Berlin/Bonn-Gesetz gilt.
Das ist es jedenfalls, worauf ich setze, und das ist dringend nötig, damit wir eine Chance haben, ein vernünftiges Ergebnis zu erzielen, das auch wirklich dauerhaft trägt und keine Rutschbahn darstellt, wie das früher der Fall war. In diesem Sinne ist heute wieder ein neuer Anfang.
Ich kann Ihre Befürchtungen verstehen, aber ich bin sicher, wir werden hier dieses Jahr noch einmal alle in dieser Frage zusammenkommen. – Schönen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU)

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