Josefine Paul: „Olympische Spiele müssen endlich wieder für die Athletinnen und Athleten sein und für die Menschen, die in den Stadien für die Stimmung sorgen“

Anträge von CDU und FDP zur Olympiabewerbung

Portrait Josefine Paul

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Josefine Paul (GRÜNE): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Idee von Olympia in NRW, wie Herr Mronz sie skizziert, oder wie sie in der medialen Debatte bislang diskutiert worden ist, wirkt erst mal wie eine Blaupause für die Umsetzung der neuen IOC-Agenda 2020: weg von Gigantomie, mehr Transparenz, Nachhaltigkeitskriterien endlich einhalten, sich um die Menschenrechte kümmern usw. Das finde ich auch richtig. Allein nach den aktuellen Entwicklungen im internationalen Sport erlaube ich mir die kritische Anmerkung, mir fehlt ein wenig der Glaube, dass diese IOC-Agenda 2020 so schnell mit dem möglichen und notwendigen Pep umgesetzt wird.
Nichtsdestotrotz sind wir uns wohl hier im Hause alle einig, dass Nordrhein-Westfalen selbstverständlich die Voraussetzungen hat, Olympische und Paralympische Spiele auszurichten. Wir haben bei diversen Sportgroßereignissen gezeigt, dass wir gute Gastgeberinnen und Gastgeber und gute Organisatorinnen und Organisatoren sind: bei der Männerfußball-WM 2006, bei der WM der Frauen 2011, ob es beim Hockey oder bei der Kanu-WM gewesen ist. Wir sind ein sportbegeistertes Land und dementsprechend ist es sicher richtig, dass Olympische Spiele auch in Nordrhein-Westfalen stattfinden könnten und im Sportland Nummer eins gut angesiedelt wären.
Reden wir tatsächlich von einer jetzt aktuellen Debatte, oder handelt es sich vielleicht mehr um ein Spätsommerloch, um eine Scheindebatte? Denn Kollege Bischoff hat auf eine ganz entscheidende Sache hingewiesen. Ich habe auch gestern den Zeitungsberichten entnommen, dass das auch in der CDU-Fraktion unter diesem Vorzeichen diskutiert worden ist. Wenn die Olympischen Spiele 2024 in Europa stattfinden, haben wir uns alle gemeinsam einen schönen Sommerspaß gemacht, aber außer Diskussionen ist nichts gewesen – zum Glück auch keine Spesen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Darauf sollten wir vielleicht erst mal warten.
Um auf Ihre Zwischenfrage an Herrn Bischoff einzugehen, würde mich an der Stelle doch ein etwas detaillierteres Konzept von Herrn Mronz interessieren, wie er diese Vorbereitungen eigentlich machen will. Denn er garantiert uns ja, das wird ohne einen Pfennig Steuergeld passieren. Auch da bin ich auf die konstruktiven Antworten gespannt, wie das im Detail tatsächlich aussehen soll. Denn bislang hat es noch keine olympischen Bewerbungsvorbereitungen gegeben, ohne dass nicht in erheblichem Maße öffentliche Gelder dafür eingesetzt worden sind.
(Torsten Sommer [PIRATEN]: Das machen alles Ehrenamtliche!)
– Genau, das machen alles Ehrenamtler und die üblichen Sponsoren.
In der aktuellen Debatte kommt es weniger auf unsere politischen Willensbekundungen an, denn unter dem Strich sind wir uns, glaube ich, alle einig, dass wir als Sportpolitikerinnen und Sportpolitiker uns Olympische Spiele vorstellen können.
Um noch einmal auf Sie einzugehen, Herr Kerbein, die Umfragen in Hamburg haben doch gezeigt, dass die Menschen in Hamburg am Anfang auch von der Idee begeistert waren, aber nach hinten raus, als es konkret wurde und auch gezeigt wurde, dass das etwas kostet, hat die Zustimmung für Olympische Spiele bei der Bevölkerung stark abgenommen, bis hin zu der negativen Entscheidung in der Bürgerbefragung.
(Dr. Björn Kerbein [FDP]: Aus Fehlern muss man lernen!)
Genau darauf müssen wir doch eingehen. Bevor wir eine Olympiabewerbung angehen, muss die Politik aktiv einfordern, dass sich an den Dingen, die massiv kritisiert worden sind, etwas ändert. Was im Zentrum der Ablehnung der Menschen gegen Olympische Spiele steht, sind doch nicht die Sportlerinnen und Sportler, nicht das Sportevent, sondern die gesamte negative Begleitmusik und die massive Glaubwürdigkeitskrise, in die nicht nur IOC und FIFA geraten sind, sondern mit dem DFB leider auch ein deutscher Spitzenverband bei der kruden Vergabegeschichte um die WM 2006. Das gilt es aufzuarbeiten, und da sehe ich aktuell nicht wirklich viel Bewegung beim IOC und bei den anderen Weltverbänden.
Denn die Olympischen Spiele hätten die Möglichkeit geboten, in dem ganzen Dopingskandal ein Zeichen zu setzen und sich vielleicht doch anders gegenüber einem Staatsdopingsystem wie dem russischen zu positionieren. Was hat der IOC-Präsident gemacht? Gar nichts! Er hat die Beantwortung auf die einzelnen Fachverbände abgewälzt und dementsprechend eine große Chance vertan. – Auch die Neuwahl des UEFA-Präsidenten, eines Funktionärs, den vorher keiner kannte, der aber aus dem System Sport kommt, scheint mir persönlich wenig dazu geeignet, Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen.
(Zurufe von der CDU)
Das ist eine wichtige Debatte, die wir an der Stelle führen müssen, um die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger zurückzugewinnen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Olympische Spiele sollen doch nicht für uns sein – was wir uns vorstellen könnten, was unsere Träume und Wünsche sind –, sondern Olympische Spiele müssen endlich wieder für die Athletinnen und Athleten sein und auch für die Menschen, die schließlich in den Stadien für die Stimmung sorgen sollen.
Mir fällt nach unserer Sportausschussreise nach Berlin auch ein, welche aktuelle Debatte wir uns vielleicht als Erstes vornehmen sollten, wenn wir über Transparenz und Good Governance sprechen: die aktuelle Debatte um die Reform der Spitzensportförderung, denn das wäre für den DOSB und das Bundesinnenministerium eine Gelegenheit, Good Governance neu zu präsentieren und zu zeigen, dass man Partizipation und Transparenz endlich ernst nimmt …
Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit!
Josefine Paul (GRÜNE): … und dass man diese Kritik verstanden hat. – Vielen Dank.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

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