Arif Ünal: „Multikulturalität und Multireligiosität sind gelebte Realität in unserem Land“

Antrag von SPD und GRÜNEN für einen Integrationsplan NRW

###NEWS_VIDEO_1###
Arif Ünal (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Unser Land NRW hat in seiner 70-jährigen Geschichte immer mit Migration zu tun gehabt. Jeder vierte Einwohner in NRW hat einen Migrationshintergrund. So gesehen sind Multikulturalität und Multireligiosität gelebte Realität in unserem Land. Jede kleine Stadt und jede kleine Einrichtung ist eine Abbildung davon.
Einige wollen diese Realität nicht sehen, die anderen versuchen, diese Realität für ihre politischen Zwecke zu missbrauchen. Die aktuelle Debatte über die Flüchtlingspolitik zeigt, wie schwierig der Umgang mit den Flüchtlingen und den geflüchteten Menschen in unserem Land zumindest für einen Teil der Bevölkerung ist.
Meine Damen und Herren, 2015 zogen ungefähr 2,1 Millionen Menschen nach Deutschland. Zugleich zogen aber auch fast 1 Million Menschen aus Deutschland fort. So gesehen haben wir einen Wanderungsüberschuss von 1,1 Millionen Menschen. Es gehört zur Realität, auch das hier zu erwähnen.
Für die Aufnahme der vielen Flüchtlinge in Deutschland haben wir weltweit wirklich sehr großen Respekt und Anerkennung bekommen. Deutschland war das einzige europäische Land, das die Menschen, die ihr Leben retten konnten, die unter unmenschlichen Bedingungen zum Teil jahrelang auf der Flucht waren und es letztendlich geschafft haben, nach Deutschland zu kommen, aufgenommen und ihnen eine Heimat geboten hat. Darauf können wir zusammen alle stolz sein.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht nur die Regierung und staatliche Institutionen, sondern auch einzelne Personen, Wohlfahrtsverbände, Initiativen und Kirchengemeinden haben eine in dem Maße noch nie dagewesene Unterstützung und Hilfeleistung organisiert und durchgeführt. Ohne deren Unterstützung hätten wir es überhaupt nicht geschafft, diese Mammutaufgabe zu bewältigen. Dafür danke ich allen Verbänden, Kirchengemeinden und ehrenamtlichen Einzelpersonen von Herzen.
Trotz dieser Bereitschaft zu helfen gibt es in der öffentlichen Debatte eine Grenzverschiebung, wodurch völkische und menschenfeindliche Gedanken wieder Raum finden. So konnte eine Partei ohne Wahlprogramm in den Ländern, in denen kaum Migranten leben, mit ausländerfeindlichen Parolen 10 bzw. 20 % der Stimmen bekommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz aller Gemeinsamkeiten haben wir eine große Chance in diesem Landtag verpasst. Wie Sie wissen, wollten wir den Integrationsplan für NRW vor der Sommerpause verabschieden. Nach der Anhörung und Diskussion im Integrationsausschuss habe ich als Vorsitzender alle Fraktionen eingeladen, über diesen Integrationsplan zu diskutieren und einen gemeinsamen Antrag zu formulieren. Dass das nicht gelungen ist, bedauere ich sehr; denn ich hatte nach den ersten Gesprächen eigentlich den Eindruck, dass wir wirklich eine solche Atmosphäre hatten, dass wir inhaltlich in der Lage gewesen wären, diesen Antrag gemeinsam zu verabschieden.
Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben ziemlich lange über die Gründe diskutiert, weswegen ich sie hier nicht noch einmal erwähnen möchte. Aber erlauben Sie mir, dass ich meine Enttäuschung darüber kundtue. Es gibt naturgemäß unterschiedliche Vorgehensweisen, wie man mit den Flüchtlingen umgeht. Das ist auch legitim. Wir werden auch weiterhin über die beste Integrationspolitik diskutieren und miteinander konkurrieren. Wir wollen die Unterschiede auch gar nicht wegdiskutieren, aber wir wollten gemeinsam ein Signal nach außen senden, dass wir diese Menschen in diesem Land aufnehmen und ein Integrationsland sind. Aber diese Chance haben wir verpasst. Das bedauere ich sehr.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir, ein kurzes Zitat vorzutragen:
Wenn auch wir anfangen, in unserer Sprache zu eskalieren, gewinnen nur die, die es immer noch einfacher und noch klarer ausdrücken können. Ich warne vor einem Populismuswettbewerb mit der AfD.
Das sagte Erzbischof Kardinal Woelki. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Langanhaltender Beifall von den GRÜNEN und der SPD)