Dr. Birgit Beisheim: „Ist eine smarte Stadt auch eine lebenswerte Stadt?“

Antrag der Piraten zu "Smart- und Safe-City-Konzepten"

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Dr. Birgit Beisheim (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich teile nicht unbedingt die Einschätzung vom Kollegen Kruse, dass wir uns mit dem Thema „Smart- und Safe-City“ in diesem Hohe Hause zukünftig nicht beschäftigen müssen. Ich teile aber grundsätzlich Ihre Einschätzung, dass der formulierte Beschlussteil zu diesem Thema nicht viel beizutragen hat.
Ich möchte die Definition, die Herr Herrmann bezogen auf die Definition „Smart-City der Zukunft“ gewählt hat, etwas erweitern. Man sagt heute: Smart-City ist eine informierte, vernetzte, mobile, sichere und nachhaltige Stadt. Die aktuell formulierten Megatrends sollen uns dabei helfen, diese Entwicklungen, die in 20, 30, 40 Jahren auf uns zukommen werden, heute schon zu begleiten, um heute schon den richtigen Rahmen für morgen zu setzen.
Urbanisierung, Globalisierung, demografische Veränderung und der Klimawandel sind dabei nicht isoliert zu betrachten, sondern wir brauchen für diese integrierten, miteinander verbundenen Systeme eine integrierte Politik, die wir heute vorbereiten müssen.
Meines Erachtens legt Ihr Antrag an dieser Stelle eine richtige Spur. Denn zukünftig werden 70 % der Menschen auch hier in Nordrhein-Westfalen in Städten leben. Diese hohen Anforderungen schaffen daher auch große Chancen, durch die richtigen politischen Rahmensetzungen in Zukunft effizienter mit Energie, Material und auch Humanressourcen umzugehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die aktuellen Debatten, die ich hier zum Thema Sicherheit verfolgen darf, zeigen, dass das ein wichtiges Thema in den heutigen Städten ist.
Aber auch das Thema Sicherheit wird in den „Smart-Cities“ von immenser Bedeutung sein. Während sich der Begriff der öffentlichen Sicherheit heute noch eng auf die Unversehrtheit der Bürger und der öffentlichen Infrastruktur begrenzt und sich mit Begriffen wie Polizei, Feuerwehr und Gesundheitswesen verknüpft, ist davon auszugehen, dass sich der Sicherheitsbegriff in Zukunft erweitern wird. Dazu gehört vor allem die Sicherheit bzw. Funktionstätigkeit der alles durchdringenden Informations- und Kommunikationsinfrastrukturen.
Bereits heute wissen wir, dass eine immer vernetztere Kommunikationsinfrastruktur Risiken für essentielle Bereiche der städtischen Infrastruktur bedeutet. Sicherlich können Informations- und Kommunikationstechnologien dabei helfen, präventiv tätig zu werden.
Deswegen formuliert bereits heute das Fraunhofer-Institut, dass der Begriff Prävention ein Schlüsselbegriff im Bereich der „Smart-City“-Entwicklung ist. In den aktuellen Forschungsberichten, die man nachlesen kann, sind die Schnittstellen und Kontrollinstanzen der Kommunikationsinfrastruktur daher im Fokus, um damit in Krisensituationen Probleme im Datenfluss schnell behebbar zu machen. Feuerwehr und Krankenhäuser sind sicherlich in erster Linie davon betroffen.
Jenseits der Frage aber, ob Digitalisierung wirklich ein revolutionärer Vorgang ist, wird die Debatte immer begleitet werden von der Frage: Ist eine smarte Stadt, ist eine digitalisierte Stadt auch eine lebenswerte Stadt? Auch diese Debatte werden wir in Zukunft in unseren Parlamenten führen.
Die Begriffe, der heute noch miteinander verknüpft werden, nämlich Digitalisierung und Intelligenz, werden häufig noch zusammen geschmissen. Es ist noch nicht ganz klar, wann eine Stadt tatsächlich beginnt, smart zu werden. Es ist daher richtig, dass die Piratenfraktion mit diesem Antrag quasi darauf hinweist, dass die Politik den Auftrag hat, die Transformationsprozesse, die durch die Digitalisierung ausgelöst werden, zu begleiten.
(Beifall von Dr. Joachim Paul [PIRATEN])
Im Antrag wird auf das Projekt in Gelsenkirchen Bezug genommen. Es ist klar, warum Gelsenkirchen: Gelsenkirchen hat sich auf den Weg gemacht und die Grundlagen dafür gelegt. Die Infrastruktur ist da. Die Glasfasernetze liegen bis in die Schulen. Gelsenkirchen ist ein Vorbild, was die Verfügbarkeit von freiem WLAN betrifft. Deshalb ist es aus meiner Sicht verständlich, dass sich die Stadtspitze entschieden hat, sich als Modell und Testregion zur Verfügung zu stellen. Aber das ist es auch aus meiner Sicht.
Meines Erachtens geht das, was Sie formulieren, zu weit. Es geht nicht um Videobeobachtung und Beobachtung des öffentlichen Raums, sondern es geht um die Dinge, die wir zukünftig in Richtung „Smart- und Safe-City“ sehen werden. Deshalb sollte man das Ganze zukünftig nicht nur durch eine Technikbrille betrachten.
Ich bin dankbar für diesen Antrag, denn es sind zu viele Fragen der Bürgerrechte insbesondere im Bereich der Persönlichkeitsrechte betroffen. Daher werden diese Dinge noch einmal im Ausschuss diskutiert. – Bis dahin herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)