Dagmar Hanses: „Jugendliche und junge Erwachsene, die gewaltbereit und extremistisch sind, bedürfen unserer besonderen Aufmerksamkeit“

Aktuelle Stunde auf Antrag der FDP zur Terrorismusbekämpfung

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Dagmar Hanses (GRÜNE): Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte – auch wenn wir uns hier mit einer problematischen Zielgruppe beschäftigen – darauf hinweisen, dass die überwiegende Mehrheit junger Menschen, die sich politisch-weltanschaulich in Gruppen und Milieus bewegt, gewaltfrei und demokratisch orientiert ist.
Jugendliche und junge Erwachsene, die gewaltbereit und extremistisch sind, die so denken und agieren, die bedürfen in der Tat unserer besonderen Aufmerksamkeit, denn es ist ein Phänomen, das uns alle betrifft. Und es ist deshalb auch eine Aufgabe von uns allen. Gerade wenn gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zu Grunde liegt, ist es ein Angriff gegen alle, die in einer freiheitlich-demokratischen, pluralen, vielfältigen Welt leben wollen.
Herr Stamp, und wenn Sie hier ernst genommen werden wollen, dann funktioniert das leider nicht so, wie Sie hier agieren. Herr Stamp, Sie haben keinen Haushaltsantrag eingebracht, Sie haben keinen Vorschlag gemacht, was konkret besser gemacht werden sollte.
(Beifall von Sven Wolf [SPD] und Hans-Willi Körfges [SPD])
Stattdessen machen Sie das Gegenteil.
(Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])
– Nein. Die strukturellen Verbesserungen, die wir seit 2010 in dem Bereich erzielt haben, haben Sie alle abgelehnt. Da sind wir an vielen Stellen auf einem guten Weg. Und Sie wissen doch, dass „Wegweiser“ bundesweit gelobt wird, Sie wissen doch, dass das ein hervorragender Ansatz ist. Deshalb kann ich Sie nur dann ernst nehmen, wenn Sie selber hier konkrete Vorschläge machen – das sind Sie uns leider schuldig geblieben.
(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Haben wir doch!)
Die Wahrnehmung vom letzten Plenum, was das Handlungskonzept Rechtsextremismus angeht, scheint bei Ihnen auch völlig schiefzuliegen. Denn in der Tat, das Handlungskonzept wurde breit gelobt, es ist breit aufgestellt, es wurde aus der Zivilgesellschaft heraus erarbeitet und hat viele, viele Ansätze.
Die Durchgreifdogmatik von Herrn Biesenbach kennen wir ja nun schon länger, aber ich möchte deutlich sagen, dass es die Ursachen völlig ignoriert und keinerlei Veränderungsoptionen aufzeigt. Ihr Gebrüll nach Repression hilft niemandem. Es hilft nicht den Angehörigen, die sich um ihre Kinder und Jugendlichen Sorgen machen, …
(Beifall von Michele Marsching [PIRATEN])
… es hilft nicht den Betroffenen, die möglicherweise im Moment keine anderen Handlungsoptionen sehen und es hilft schon gar nicht den Opfern. So kommen wir keinen Millimeter weiter, Herr Biesenbach.
Wichtig ist doch wirklich, dass Haltungen und Einstellungen verändert werden können. Das geht nicht durch Verbote und das geht auch nicht allein durch Beobachtung, sondern das geht in der Tat durch das Zusammenspiel von Prävention und der gesamten Zivilgesellschaft, die eine klare Haltung hat, und funktioniert durch den Ansatz, dass einzelne Jugendliche, Heranwachsende und junge Erwachsene ein Angebot zum Ausstieg bekommen. Prävention kann man nicht verordnen und es gehört beides zusammen. Diesen Weg geht diese Landesregierung.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Dieser Verfassungsschutzbericht, auf den die FDP aus meiner Sicht viel zu wenig eingegangen ist, …
(Sven Wolf [SPD]: Gar nicht!)
… benennt ehrlich und sorgfältig alle Entwicklungen in Nordrhein-Westfalen. Er ist eine genaue Analyse und deshalb können wir uns ihn gerne gemeinsam in den Ausschüssen noch mal ansehen. Aussteigerprogramme gegen Rechtsextremismus, Neosalafismus und Linksextremismus sind selbstverständlich nötig.
Wenn Sie die Diskurse bundesweit verfolgen, dann wissen Sie doch, dass wir 2014 mit drei Standorten zu „Wegweiser“ angefangen haben und 2015 vier weitere hinzugekommen sind. 2016 werden jetzt sechs weitere hinzukommen. Ich möchte aber auch die Aussteigerprogramme Rechtsextremismus nennen. Die dürfen nicht zu kurz kommen. Das ist nach wie vor das größte Phänomen in unserem Land. Ich möchte nennen, dass „VIR“ 170 Fortbildungen im letzten Jahr für Fachkräfte und Multiplikator/inn/en durchgeführt hat, die angekommen sind.
Der Vorwurf der Piraten ist falsch, dass das allein der Verfassungsschutz macht. Selbst verständlich machen auch freie Träger Aussteigerprogramme.
(Michele Marsching [PIRATEN]: Nur viel zu wenige!)
Ich möchte da „NinA NRW“ nennen. Das ist eben auch eine wichtige Säule, die wir gleichzeitig stärken sollten. Die freien Träger der Jugendhilfe, der Straffälligenhilfe, die Demokratiebildung anderer Akteure der Zivilgesellschaft sind ein wichtiger Kooperationspartner.
Wir Demokratinnen und Demokraten müssen jeder Form von Extremismus entschieden entgegentreten. Leider sind uns CDU und FDP ihre Antworten dazu schuldig geblieben. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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