Martin-Sebastian Abel: „Das zerstört das Vertrauen der Leute in die Politik und ist eine Missachtung des Gerichts“

Antrag der CDU zur Erbschaftssteuerreform

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Martin-Sebastian Abel (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die weitreichenden Verschonungen für Betriebsvermögen entsprechen nicht dem Grundsatz einer gleichmäßigen Besteuerung. Das Bundesverfassungsgericht hat im Dezember 2014 ein Urteil gefällt und gesagt: Die bisherigen Regelungen zur Erbschaftsteuer sind nicht verfassungskonform.
Der Gesetzgeber hatte eine Frist bis zum 30.06.2016, das umzusetzen. Das heißt, anderthalb Jahre Zeit waren da, um über eine neue Form der Erbschaftsteuergesetzgebung zu debattieren.
Herr Kollege Dr. Optendrenk, wissen Sie, wieviel Zeit der Deutsche Bundestag hatte, das zu beraten? Am Dienstag, den 21.06., um 17:58 Uhr kam ein 58-seitiger Änderungsantrag mit weitreichenden, umfassenden Änderungen. Am nächsten Morgen um 9 Uhr war der Fachausschuss, und am darauffolgenden Freitag, also innerhalb von drei Tagen, die zweite und dritte Beratung.
Sie haben sich dann auch noch mit der Mehrheit der Großen Koalition dem Antrag der Grünen verweigert, dass es eine Expertenanhörung gibt. Lieber Kollege Marcus Optendrenk, wenn wir so ein Verfahren auch nur ansatzweise hier im Landtag erleben würden, dann würden Sie sich wahrscheinlich draußen anketten oder in den Hungerstreik mit Herrn Witzel gehen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wenn wir uns alleine mal die letzten Wochen vergegenwärtigen, für was wir alles eine Sondersitzung gemacht haben: regionalisierte Steuerschätzung. Es wird immer wieder moniert, wenn Anfragen nicht rechtzeitig beantwortet werden. Der Maßstab, der hier gilt, muss dann auch für die Kolleginnen und Kollegen im Deutschen Bundestag gelten,
(Beifall von den GRÜNEN)
wenn die sich schon nicht trauen, das festzusetzen, meine Damen und Herren.
Und was liegt uns da für ein Murks vor? Das war wahrscheinlich auch der Grund, die Anhörung zu verweigern, weil sich kein Experte gefunden hätte, der seinen guten Namen dafür hergibt, das auch noch als verfassungskonform zu titulieren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Es liegt ein Entwurf vor, der kleinere und mittlere Unternehmen nach wie vor belastet. Bis 200.000 € soll eine Regelung sein von 15 % Besteuerung. Der kleine Bäcker soll im Falle einer Erbschaft 15 % Erbschaftsteuer zahlen, und ab 2,5 Millionen € haben wir eine Quote von 3 %, also einem Fünftel. Was soll daran gerecht sein? Was soll daran denn verfassungskonform sein, wenn hier auf einmal ab 2,5 Millionen € andere Regeln gelten als für die kleineren Erbschaften? Das kann doch nicht ernsthaft Ergebnis anderthalbjähriger Beratung sein.
(Beifall von den GRÜNEN)
Vielleicht liegt ja das Motiv darin, dass versucht wird, das vor die Wand zu fahren, weil Sie sich mit der CSU nicht einigen können, weil nämlich die alten Ajatollahs alles ins Getriebe werfen, um eine verfassungskonforme Erbschaftsteuer zu verhindern, weil Herr Seehofer glaubt, dass es ihm nützen wird, damit die CSU wieder über 50 % kommt.
Dann müssen Sie aber doch ehrlich sein. Da müssen Sie die Diskussion suchen und uns nicht hier auffordern, ein verfassungswidriges Gesetz im Bundesrat einfach so durchzuwinken. Wir werden den Vermittlungsausschuss anrufen. Ich kann nur allen empfehlen, mit uns da mitzugehen.
Denn es kann nicht sein – das stößt auch draußen in der Bevölkerung auf Unverständnis –, dass wir ein Gesetz bekommen, bei dem man die Uhr danach stellen kann, dass es wieder in Karlsruhe landet und dass der Richterspruch wahrscheinlich sein wird, dass es wieder verfassungswidrig ist.
Das zerstört das Vertrauen der Leute in die Politik, und das ist eine Missachtung des Gerichts, das eine Frist gesetzt hat. Und es ist eine Missachtung des Deutschen Bundestages, den Parlamentariern das Recht auf Anhörung zu verweigern und innerhalb von vier Tagen so einen Murks durchzuboxen. Wir werden dem nicht zustimmen, meine Damen und Herren.
(Beifall von den GRÜNEN)

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