Arndt Klocke: „Sie treiben mit Ihrem Vorschlag junge Familien mit mehreren Kindern in die Verschuldung“

Antrag der CDU zu familiengerechtem Bauen

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Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem Zwischenruf des Kollegen Haardt gerade hat man ja gemerkt, worum es eigentlich geht: Wir sind im Wahlkampf angekommen. Das war ja auch der letzte Satz von Herrn Kern.
(Walter Kern [CDU]: Nein!)
Was mir in Ihrer Rede völlig gefehlt hat, ist jegliche Form von Bilanz, Statistik oder auch Best-Practice-Beispiele. Die CDU ist doch in vielen Kommunen und Regionen im Land in der Mehrheit.
(Zuruf von der CDU)
Wo sind denn Ihre positiven Beispiele aus der kommunalen Arbeit? Wo setzen Sie denn über gezielte Beratung und Förderprogramme genau da eigene Schwerpunkte, wo Sie meinen, dass die Landesregierung es nicht macht?
(Zuruf von der SPD: Sehr richtig! Sehr richtig!)
Herr Kern, Sie sind nicht vom Fach; das hat man bei Ihrer gesamten Rede gemerkt. Ein Grundproblem in der Wohnungsbau- und Wohnungsmarktsituation liegt darin, dass viele Kommunalverwaltungen – da sind wir ins im Ausschuss doch einig – gar nicht über die fachliche Ausstattung in den Planungsämtern und in den Genehmigungsbehörden verfügen, um die Programme von Land und Bund so zeitnah umzusetzen, dass sie greifen.
Bei dem, was Sie hier vorlegen, fehlt mir jegliche Form von Analyse oder Selbsteinsicht. Sie sprechen in Ihrem Antrag ein buntes Sammelsurium an.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage des von Ihnen angesprochenen Kollegen Kern zulassen?
Arndt Klocke (GRÜNE): Eigentlich wollte ich noch ein bisschen ausführen, aber wir können auch eine Zwischenfrage machen.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Bitte schön, Herr Kollege.
Walter Kern (CDU): Danke schön. – Jetzt wird hier schon zweiten Mal gesagt, dass ich nicht vom Fach sei. Ich bin vielleicht nicht im Fachausschuss, aber ist Ihnen bekannt, dass ich 43 Jahre lang bei der Sparkasse gearbeitet habe? Mir zu unterstellen, ich hätte keine Fachlichkeit, ist eine Unverschämtheit.
(Jochen Ott [SPD]: Die Sparkassen wissen auch nicht alles!)
Arndt Klocke (GRÜNE): Welche Radikalvokabeln Sie hier benutzen, das ist Ihre persönliche Sache. Ich bin jetzt seit sechs Jahren im Wohnungsbauausschuss und kann die Dinge so ein bisschen beurteilen, was die Fachlichkeit anbelangt. Es mag ja sein, dass Sie familienpolitisch vom Fach sind, aber was die Frage der Fachlichkeit im Bereich Wohnungs- und Städtebau angeht, da habe ich doch einige Fragezeichen. Das gilt auch im Hinblick auf diesen Antrag.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Sie führen in dem Antrag aus, wir müssten nachbessern oder zig Förderprogramme auflegen. Aber sowohl bei der Wohnraumförderung als auch bei der Städtebauförderung gibt es bereits spezielle Förderprogramme mit Kinderbonus oder für Familien. Das ist doch alles längst vorhanden. Jetzt könnten Sie natürlich sagen, das Programm müsse ausgebaut und der Bonus erhöht werden. Dann machen Sie doch einen konkreten Vorschlag!
Oder Ihre Vorschläge zur Landesbauordnung: Sie sagen ja, Sie wollen bei der Landesbauordnung einige Punkte ändern. Damit kommen wir ins parlamentarische Verfahren.
(Einige Abgeordnete der CDU unterhalten sich untereinander.)
– Liebe CDU-Kollegen, Sie müssen mir nicht zuhören. Ich kann das auch gerne mit Rot-Grün weiterdiskutieren.
(Jochen Ott [SPD]: Wir hören dir zu!)
Ich hätte mir vorgestellt: Wenn man im parlamentarischen Prozess einen solchen Antrag zur Landesbauordnung stellt, in den wir jetzt eintreten …
(Zuruf von der CDU)
Im Oktober findet die große Anhörung statt, und jetzt kommen wir ins Verfahren. Machen Sie doch mal einen konkreten Vorschlag, was im Rahmen der Landesbauordnung geändert werden soll, wenn Sie Familien mit vielen Kindern fördern wollen. Das fehlt aus meiner Sicht in diesem Antrag völlig.
(Zuruf von der CDU: Das gehört nicht in das Ordnungsrecht!)
– Ich darf ja sagen, wovon ich meine, dass es in einem solchen Antrag drinstehen sollte, damit er inhaltlich überzeugt. Dieser Antrag hat mich inhaltlich eben nicht überzeugt.
(Zuruf von der CDU: Dann hätten Sie ja selber einen stellen können!)
Ein weiterer Hinweis: Wenn Sie meinen, dass man in dieser Niedrigzinsphase den Eigentumserwerb fördern sollte – das ist ja der Tenor Ihres Antrags –, dann finde ich das unter dem Aspekt, dass damit ein Absenken des Eigenkapitalanteils einhergeht, verantwortungslos. Sie treiben mit Ihrem Vorschlag junge Familien mit mehreren Kindern perspektivisch in die Verschuldung.
Wenn Sie jetzt dafür plädieren, gerade jetzt in die Eigentumsförderung einzusteigen, wenn Sie den Vorschlag machen, dass das Land erhebliche Gelder in die Hand nehmen soll, um zum Beispiel zusätzliche Tilgungsnachlässe zu gewähren, dann sagen Sie uns doch bitte: Wo soll angesichts der Tilgungsnachlässe, die wir im Bereich der Wohnraumförderung bereits mit ganz klaren positiven Anreizen gewährt haben, das zusätzliche Geld herkommen?
Man kann sich nicht hierhinstellen und auf der einen Seite der Landesregierung eine zusätzliche Verschuldung oder die Überschreitung des Haushaltskorridors vorwerfen und dann auf der anderen Seite solche Anträge stellen, in denen suggeriert wird, dass noch deutlich mehr Geld in die Hand genommen werden sollte. Das ist doch Ihre Politik!
(Beifall von den GRÜNEN)
Der Ansatz: „Wir wollen Wohnraum fördern für spezielle Gruppen, die zusätzliche Unterstützung brauchen“ – das sind Familien mit mehreren Kindern, das sind auch alte Menschen oder Menschen mit Handicap –, ist ja völlig richtig. Unserer Ansicht nach passiert all dies bereits in zunehmendem Maße.
Wenn man einen solchen Antrag stellt, sollte man auch auf die Erfolge, die es in den letzten Jahren im Bereich des sozialen Wohnungsbaus, insbesondere in der Wohnraumförderung, gegeben hat, zumindest mit einem Halbsatz kurz eingehen. Da gibt es eindeutig Bewegung.
Das ist auch nicht parteipolitisch zu sehen. Alle Gruppen, die in Nordrhein-Westfalen im Bündnis für Wohnen zusammengeschlossen sind, machen es einem doch deutlich. Die Spitzen der jeweiligen Verbände bestehen im Wesentlichen aus CDU-Mitgliedern. Von daher ist das Ganze doch eigentlich frei von jeder Parteipolitik.
Die Richtung – das hat die Kollegin Philipp vorhin völlig richtig gesagt – geht doch dahin, dass ein großer Druck auf den Ballungszentren und den Kommunen lastet. Deswegen benötigen wir in diesem Bereich eine differenzierte Förderkulisse.
Wenn man sich den Antrag durchliest, gewinnt man leider den Eindruck, dass es hier nur das Prinzip „Gießkanne“ geht und um eine Wohnungsmarktsituation, wie es sie im Grunde gar nicht gibt. Wir müssen eine differenzierte Förderkulisse umsetzen, und dafür benötigt man unterschiedliche Programme für Großstädte und Metropolen wie Köln und Düsseldorf und auch für den ländlichen Raum. Liebe CDU, auch dies gibt Ihr Antrag leider nicht her.
Im Ausschuss wird noch eine Beratung zu diesem Antrag stattfinden. Ich finde, dem Thema des Antrags kann man sich grundsätzlich widmen; das Anliegen sollten wir alle miteinander teilen. Was Sie jedoch als Analyse vorstellen und wo Sie Handlungsnotwendigkeiten sehen, das ist mir zu kurz gesprungen. Positive Tatbestände der Wohnungsmarktpolitik in den letzten Jahren und Trends erwähnen Sie überhaupt nicht.
Ich hätte gerne – wir haben ja noch eine zweite Runde; vielleicht kommt das noch – zwei oder drei Spiegelstriche konkret zur Frage: Wenn wir Mehrkindfamilien fördern wollen, welche Neuerungen schlägt die CDU dann für die neue Landesbauordnung vor?
Das würde mich interessieren. Wir haben jetzt den parlamentarischen Prozess. Es gibt ja den berühmten Satz: Kein Gesetz kommt so aus dem Parlament, wie es hineingebracht worden ist.
(Jochen Ott [SPD]: Das Struck’sche Gesetz!)
Also wenn Sie konkrete Vorschläge haben, dann stellen Sie uns die bitte vor. Wir kommen jetzt in die Beratung. Ich bin gespannt. Wenn die Vorschläge vernünftig sind, werden wir die entsprechend in die neue Landesbauordnung aufnehmen. – Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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