Briten votieren für den Brexit – welche Folgen der Austritt hat

Stefan Engstfeld zum EU-Referendum in Großbritannien

Update am 24.06.16: Nachdem viele Menschen in den vergangenen Wochen gespannt auf das EU-Referendum in Großbritannien geblickt haben, steht an diesem Freitagmorgen das Ergebnis fest: 51,9 Prozent der Briten haben für den Austritt aus der EU gestimmt, 48,1 Prozent für den Verbleib. Premierminister David Cameron hat seinen Rücktritt angekündigt.
Das ist nur folgerichtig. Dieser historische Rückschlag für die europäische Integration geht in Teilen auf sein Konto. Er beschert seiner Bevölkerung zugleich eine innerstaatliche Debatte. Die Schotten und Nordiren haben deutlich für einen Verbleib in der EU gestimmt, auch die jungen Britinnen und Briten sehen ihre Zukunft in der Union.
Wegen unserer vielen politischen, kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Verflechtungen hat sich auch der Landtag NRW im Mai dieses Jahres deutlich für einen Verbleib Großbritanniens in der EU ausgesprochen. Der heutige Tag zwingt uns Europäer und Nordrhein-Westfalen endlich zu entscheiden, wohin wir wollen mit der EU. Hier gibt es unsere Pressemitteilung zum Thema.

Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen, dass das Land über einen Verbleib in der EU abstimmte? Die Antwort führt unweigerlich zu David Cameron. Seine Conservative Party ist traditionell gespalten in der Europäischen Frage, der innerparteiliche Druck auf den pro-Europäer Cameron nahm zu. Um sich diesem zu entledigen versprach er – im sicheren Glauben an eine Mehrheit für den Verbleib – im Jahre 2013 ein Referendum über die Zukunft des United Kingdoms in der EU. Würden die Anti-Europäer in seiner Partei sehen wie groß der Wille zu Europa in der Bevölkerung ist, hätte er endlich die Rückendeckung, die er sich gewünscht hat Cameron hat hoch gesetzt – und sich verpokert.

Statt einer Einigung der Partei, gar des Landes über die Frage zu erreichen, sind die Gräben tiefer denn je. Als vergiftet beschrieb am Montag auch Terry Reintke im Rahmen der Veranstaltung „BREXIT– Drin oder nicht drin? Was ist hier die Frage?“ der GRÜNEN Landtagsfraktion den Wahlkampf. Auf Seiten der Brexit-Befürworter ist seit Beginn der Kampagne eine konsequente Emotionalisierung der Debatte zu erkennen. Mit teils populistischen Methoden werden Ressentiments gegenüber Einwanderer*innen und der vermeintlichen Übermacht der EU-Bürokrat*innen geschürt. Fakten interessieren dabei wenig, weiß die Europa-Abgeordnete zu berichten, die zuletzt vor zwei Wochen die britischen GRÜNEN vor Ort besucht – und in der BREMAIN-Kampagne unterstützt hat.

Die hitzige Stimmung des Wahlkampfes überträgt sich auch zunehmend auf die Bevölkerung, Risse gehen quer durch Familien. Die aggressive Stimmung gipfelte schließlich im erschütternden Mord an Jo Cox. Die Labour-Abgeordnete war eine überzeugte Europäerin und stritt mutig gegen den BREXIT. Der Wahlkampf wurde anschließend ausgesetzt, kam einige Tage vor dem Referendum aber wieder in Gang.

Welche Folgen hat ein Brexit?

Die Folgen, das betonte auch Prof. Dr. Eva Heidbreder im Zuge der BREXIT-Veranstaltung der Landtagsfraktion, sind nicht völlig überschaubar. Klar ist, dass Großbritannien nach einem Austrittsgesuch zwei Jahre Zeit hat, um Verhandlungen über einen Austritt zu führen. Das Land hat dabei eine denkbar schlechte Position in den Verhandlungen um den erneuten Zugang zum europäischen Markt. Eine Regierungskrise ist denkbar und ein Abschwung an den Finanzmärkten kann sich weit über das Vereinigte Königreich hinweg negativ auswirken.

Rechtspopulistische Parteien in anderen Ländern werden nun wohl ähnliche Referenden fordern. In diesem Klima sind auch wir GRÜNE gefragt, klare Haltung zu zeigen: Nationale Alleingänge und Abschottung helfen nicht, die Folgen der Globalisierung zu beheben; wir müssen über ein gemeinsames Europa sprechen, es aktiv mitgestalten und allen Menschen deutlich machen, das es uns Vorteile bringt. Auf keinen Fall dürfen wir die Freiheiten und Rechte aufgeben, die wir uns selbst mit der EU verschafft haben.