Karin Schmitt-Promny: „Eine Schule steht nicht für sich allein, sie braucht außerschulische Partner“

Antrag der Piraten zu Werbung an Schulen

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Karin Schmitt-Promny (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da wir uns alle auf denselben Antrag beziehen, kann ich Ihnen nichts wesentlich Neues vermitteln.
(Rainer Spiecker [CDU]: Schade!)
– Das ist schade, aber in anderen Fällen wird das wieder anders sein.
(Heiterkeit von Ministerin Sylvia Löhrmann)
Ich möchte trotzdem die Sicht unserer Fraktion wiedergeben. „Schülerinnen und Schüler vor Werbung an Schulen bewahren – Schulsponsoring verantwortungsvoll gestalten“ – dieser Überschrift des Antrags der Piraten stimmen wir wohl alle zu. Das Thema ist nicht neu; das haben Sie gesagt. Es war in den letzten Jahren mehrfach auf der Tagesordnung – zuletzt im Schulausschuss am 18. November letzten Jahres.
Die Diskussion im Ausschuss hat aber auch deutlich gemacht, dass niemand in diesem Parlament Werbung in Schulen befürwortet. Werbung in Schulen ist grundsätzlich verboten. Schulsponsoring jedoch bietet Schulen die Möglichkeit, von Dritten unterstützt zu werden – durch Institutionen, Verbände und auch durch Unternehmen.
Dies hilft, besondere Maßnahmen und Projekte zu realisieren. Es geht dabei nicht um die grundständige Ausstattung von Schulen. Ich will das an einem Beispiel deutlich machen. Ich kenne viele Projekte aus Aachen, in denen Schulen eine Zirkuswoche gemacht haben. Das könnte sich eine Schule nie leisten, wenn sie nicht zusätzliche Gelder eintreiben würde – etwa aus der Bezirksvertretung oder von Unternehmen aus dem Bereich.
(Michele Marsching [PIRATEN]: Was alles völlig in Ordnung ist! Wogegen niemand etwas hat!)
Für diese Projekte gilt der Grundsatz, dass diese Unterstützung mit dem Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule vereinbar ist und sein muss. Eine mögliche Werbewirkung für den Zuwendungsgeber muss eindeutig hinter dem Schulnutzen zurücktreten und nicht nur überwiegen, Herr Marsching, wie Sie gesagt haben.
Die Annahme der Unterstützung ist verantwortungsvoll zu handhaben. Deshalb trifft der Schulleiter oder eine Schulleiterin eine solche Entscheidung auch nicht allein. Sie bedarf der Zustimmung der Schulkonferenz und auch des Schulträgers. Damit sind Kontrollinstanzen gegeben.
Ohne dem Schulsponsoring Tür und Tor öffnen zu wollen, ist es also eine Frage des Was und des Wie. Denn eine Schule steht nicht für sich allein. Sie braucht außerschulische Partner. Das trifft sowohl für Schulsponsoring als auch für die Vernetzung mit Unternehmen zu, um Schülerinnen und Schülern einen Kontakt zur Arbeitswelt und zu möglichen Praktika zu bieten.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Frau Kollegin, würden Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Marsching zulassen?
Karin Schmitt-Promny (GRÜNE): Ja.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Dann bitte.
Michele Marsching (PIRATEN): Vielen Dank, Frau Kollegin. – Sind Sie bereit anzuerkennen, dass, wenn Sie sagen, es sei eine Kooperation und mehrere Personen darauf schauten, was beim Sponsoring passiere und was nicht, und wenn Sie sagen, der Schulträger und die Schulleitungen würden einbezogen, wir genau das Problem hatten, dass es beim Formular zu den Dauersponsoringverträgen gar kein Feld gab, das abgefragt hat, ob der Schulträger überhaupt einverstanden sei? Das haben Schulleiter allein und vielleicht in Absprache mit der Schulkonferenz entschieden und unterschrieben. Die Schulträger wurden teilweise gar nicht gefragt. Sind Sie bereit, das in diesen speziellen Fällen anzuerkennen?
Karin Schmitt-Promny (GRÜNE): Diese Fälle habe ich nicht vorliegen. Ich kann sie nicht nachvollziehen.
(Michele Marsching [PIRATEN]: Panini!)
Ich finde es einen wichtigen Hintergrund, den Sie uns da mitgeben.
(Michele Marsching [PIRATEN]: Für die Panini-Bilder!)
Dann sollte man das noch einmal abklären. Meines Erachtens gehört eine Schulträgerzustimmung dazu.
(Michele Marsching [PIRATEN]: Schön wäre es!)
Ich würde gern weitermachen.
(Michele Marsching [PIRATEN]: Nicht nur Ihres Erachtens, wenn die Unterschrift vorgeschrieben ist!)
– Ich weiß nicht, ob die Unterschrift vorgeschrieben ist. Wir werden es sehen. Wir werden es klären. Ich kenne dieses Formular nicht; das muss ich Ihnen leider zugestehen.
(Michele Marsching [PIRATEN]: Gut!)
Ich mache mit dem Blick auf die Schule weiter. Umgekehrt erfährt die Schule durch eine solche Unterstützung Wertschätzung ihrer Arbeit und ihrer Aufgabe als Bildungsinstanz.
Die Steuerung dieser Unterstützung oder Kooperation erfolgt nicht über das Ministerium. Es gibt kein zentrales Register des Schulsponsorings. Um Schulen Hilfestellungen zum Umgang mit Schulsponsoring zu geben – das haben wir gehört – gibt es den Leitfaden „Schulsponsoring heute“, der das Thema grundsätzlich aufarbeitet, der praktische Tipps gibt, eine Checkliste zur Auswahl der Sponsoren und – das finde ich hilfreich für Schulen – einen Mustervertrag enthält.
Darüber hinaus verweist das Ministerium darauf, dass sich Schulen in Zweifelsfällen bezüglich des Werbeverbots und des Schulsponsorings von den Schulaufsichtsbehörden beraten lassen können.
Wenn wir den Ansatz der selbstständigen Schule ernst nehmen, dann gehört auch die Frage des Schulsponsorings zum verantwortungsvollen Handeln der Schule selbst. Erfahrungsgemäß gehen Schulleitungen sensibel mit der Frage dieses Schulsponsorings um.
Es ist aber nicht einfach für Schulen, Angebote von möglichen Partnern von vornherein in der Gänze richtig einzuschätzen. Eine kritische Begleitung halten wir für sinnvoll.
Ein negatives Beispiel – das haben wir gehört – war der Schreibwettbewerb „Kindles Storyteller Kids“ des Versandhändlers Amazon. Auf den geht ja Ihr Antrag auch ein. Als Preis war ein E-Book-Reader von Kindle ausgelobt. So kann das Unternehmen neben der angekündigten Unterstützung der Lese- und Schreibfähigkeit von Kindern durchaus auch für sich einen Vorteil daraus ziehen, denn mit diesen Geräten können nur elektronische Bücher aus dem Amazon-Angebot aufgerufen werden. Diese Aktion sehen wir sicher alle kritisch.
Sie, die Piraten, verweisen auf das hessische Kultusministerium, das die Aktion als schulrechtswidrig bezeichnet. Der nordrhein-westfälischen Landesregierung aber halten Sie vor, dass eine öffentliche Bewertung des Sachverhalts ausstehe.
(Michele Marsching [PIRATEN]: Nein! Nein! Nein! Das kam nach unserem Antrag! – Weiterer Zuruf von den PIRATEN: Das haben wir doch gesagt!)
– Ich mache mal die zeitliche Abfolge klar: Ich habe Ihren Antrag gelesen. Ich beziehe mich auf Ihren Antrag. Ich habe sehr wohl gehört, dass Sie eben in Ihrer Rede etwas anders formuliert haben. Gestatten Sie mir aber, dass ich auf den Antrag Bezug nehme!
(Michele Marsching [PIRATEN]: Okay!)
Deshalb fange ich den Satz noch einmal an. Der nordrhein-westfälischen Landesregierung aber halten Sie vor, dass eine öffentliche Bewertung des Sachverhaltes aussteht. Aber ist es nicht vielmehr so, dass auch das Schulministerium NRW die Teilnahme am Amazon-Wettbewerb für unzulässig erklärt hat? In meiner Region war dies bereits Gegenstand eines Zeitungsartikels. Von daher dürfte das ja bekannt sein.
(Beifall von den GRÜNEN)
Damit komme ich zum Abschluss. Wir sagen ganz klar: Vorhaben wie der Amazon-Wettbewerb gehören nicht an die Schule!
(Beifall von den GRÜNEN)
Aber ist deshalb ein Vorlesetag im November, bei dem Buchhandlungen Klassen zu einer Lesestunde einladen, schon eine unzulässige Unterstützung? Dazu sagen wir: Nein. Das gilt es in jedem Fall zu prüfen und abzuwägen. Diese Verpflichtung ist gängige Praxis.
Ihr Antrag ist weitgehend obsolet. Ihre Forderungen sind bereits Realität. Die Abwägung im jeweiligen Einzelfall muss den Schulen unter den klar restriktiven Rahmenbedingungen erhalten bleiben. Eine weitergehende bürokratische Regelung für unsere Schulen lehnen wir ab. Denn in den Fokus der kritischen Betrachtung gehören meines Erachtens nicht die Schulen, sondern die Unternehmen, die versuchen, entgegen den Bestimmungen Einfluss auf Schulen, Lehrerinnen und Lehrer und insbesondere auf Schüler und Schülerinnen zu nehmen. – Danke.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

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