Atom-Ausbaupläne der EU sind unverantwortlich

Hans Christian Markert zum Strategiepapier der Forschungsabteilung der EU-Kommission

So soll die Atom-Renaissance in Europa mit gesicherten Rahmenbedingungen für Investitionen – wie festen Einspeisevergütungen und anderen Subventionen – gefördert und zudem auch mit Programmen der Europäischen Investitionsbank (EIB) und den Forschungsprogrammen der EU weiter vorangetrieben werden. Zudem soll laut dem Papier auch die Normung für Atomkraftwerke (AKW) vereinheitlicht werden, um Kosten zu senken. Das macht nur Sinn, wenn man massiv ausbauen will.
Dabei ist schon heute klar, wie die Ausschreibung von Hinkley Point C gezeigt hat, dass die Preise für Strom aus AKW von der EU-Kommission bewusst viel zu niedrig angesetzt werden. Auch sollen nun offenbar vor allem kleine und flexible AKW entwickelt werden, die dann dezentral auch zur Wärmeproduktion (Atom-KWK) eingesetzt werden könnten. Gerade aber dieser „dezentrale“ Ansatz erhöht das Sicherheitsrisiko und den Sicherheitsaufwand jedoch massiv.
Und erst am Pfingstwochenende haben uns erneut Nachrichten aus Belgien aufgeschreckt, dass Baumaterialien der Schrott-Reaktoren in Tihange und Doel nicht den Vorgaben entsprechen und selbst von der belgischen Atomaufsicht als mit einem „gewissen Risiko“ behaftet eingestuft werden. Auch dieses Risiko scheint die Forschungsabteilung der EU-Kommission zu ignorieren: Materialprobleme wie die Risse in den Meilern Tihange und Doel bei noch laufenden Alt-AKW sollen allen Ernstes erst bis 2025 untersucht und bewertet werden – also bis nach dem geplanten Abschaltdatum der Reaktoren. Der nächste Stresstest für AKWs soll sogar erst 2020 durchgeführt werden.
Das Papier der Kommission skizziert das größte Förderprogramm für Atomkraft seit der Gründung von Euratom im Jahre 1957. Die EU-Kommission und mit ihr atomfreundliche Staaten wie Großbritannien, Ungarn, Polen und Belgien ignorieren sämtliche mit dieser Technik verbundenen Gefahren und die immer noch ungelösten Entsorgungsprobleme. Ein verantwortbares Endlager für die strahlenden Hinterlassenschaften gibt es bislang weltweit nicht. Gleichzeitig bremst die EU-Kommission den Ausbau der Erneuerbaren Energien wo sie nur kann.
Für uns GRÜNE ist dieser politische Irrweg nicht hinnehmbar. Die fossile und die atomare Energieerzeugung sind Techniken der Vergangenheit. Die fossile Energieproduktion ist klimapolitisch dauerhaft nicht zu verantworten. Die atomare Energieproduktion ist technisch nicht beherrschbar, mit erheblichen Gesundheitsrisiken verbunden und besitzt keinen Entsorgungsnachweis. Sie ist damit nicht nur politisch unverantwortbar.
Wir GRÜNE treten deshalb für eine europäische Energiewende und den rechtssicheren Ausstieg aus der gesamten nuklearen Brennstoffkette in Deutschland und in ganz Europa ein. Deshalb brauchen wir einen starken Ausbau der Erneuerbaren Energien und einen Wandel in unserem Energiesystem hin zu 100 Prozent Erneuerbaren Energien. Dafür werden wir GRÜNE weiterhin auf allen Ebenen entschieden eintreten. Die Energieversorgung in Europa ist erneuerbar!