Andrea Asch: „Mit dem Gesetz werden die Einrichtungen mehr Mittel an die Hand bekommen“

Gesetzentwurf zum Kinderbildungsgesetz

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Andrea Asch (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines möchte ich heute Morgen ausdrücklich feststellen: Wir haben heute mal wieder gute Nachrichten für die Kitas – und damit gute Nachrichten für die Erzieherinnen, die Kinder und die Eltern in Nordrhein-Westfalen. Denn das ist die Realität: Mit dem heute eingebrachten Gesetz der rot-grünen Landesregierung werden die Einrichtungen bzw. die Kitas mehr Mittel an die Hand bekommen, um die laufenden Personal- und Sachkosten zu finanzieren. Das muss auch die Opposition hier heute Morgen wahrnehmen.
Gleichzeitig ist aber richtig, was CDU und FDP selbstkritisch feststellen: Das vom ehemaligen CDU-Familienminister Laschet auf den Weg gebrachte sogenannte Kinderbildungsgesetz war ein Spargesetz. Es war von Beginn an unterfinanziert. Die jährliche Dynamisierung von 1,5 % schafft eine Lücke zwischen den realen Kosten und den Einnahmen, welche die Kitas haben. Das ist die berühmt-berüchtigte Laschet-Lücke. Das haben wir übrigens als damalige Opposition – Grüne und SPD – schon bei der Verabschiedung 2008 gesagt. Das haben auch fast alle Verbände festgestellt. Wenn Sie damals auf uns gehört hätten, dann wären die Kitas heute überhaupt nicht in dieser schwierigen Situation.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir beginnen mit Rot-Grün, die Laschet-Lücke zu schließen. Mit diesem Gesetzentwurf geben wir den Kitas wieder mehr Luft zum Atmen. Wir handeln, während die Opposition hier wieder mal nur Daten sammeln will. Das ist der Unterschied.
Vizepräsident Oliver Keymis: Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kern? – Nein.
Andrea Asch (GRÜNE): Das Beste ist: Endlich sind sich alle Akteure – auch das ist neu; diese Situation hatten wir 2010 und auch 2012 noch nicht – einig: Dieses KiBiz ist nicht weiter reformierbar. Wir brauchen eine vollkommen neue gesetzliche Grundlage für ein nachhaltiges, am Kind orientiertes Finanzierungssystem.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Herr Jörg hat es eben gesagt: Die Fraktionsspitzen von SPD und Grünen haben mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart, dass wir eine solche finanzielle Grundlage durch ein neues Gesetz miteinander auf den Weg bringen. Das bedeutet – das ist die gute Nachricht – den Einstieg aus dem Ausstieg aus dem KiBiz. Und das ist zwingend notwendig. Aber statt hier mitzugehen, machen CDU und FDP – das kennen wir ja schon – wieder auf Fundamentalopposition. Dabei hat Herr Tenhumberg am 3. Dezember 2015 in diesem Hause – ich zitiere – noch erklärt:
Sorgen Sie dafür, …
– damit meinte er uns –
… dass die Kirchen, die Wohlfahrtsverbände und die Spitzenverbände ins Boot kommen. Unterschreiben Sie dieses Papier. Dann sind wir auf Ihrer Seite.
Wir sind gespannt – aber ich muss sagen, nicht sehr optimistisch –, Herr Tenhumberg, ob die CDU diese Zusage einlösen und da zu Ihrem Wort stehen wird. Denn das, was Sie hier heute Morgen geboten haben – die Ministerin hat es mit „Muppetshow“ gekennzeichnet; ich würde sagen, es ist mal wieder Kasperletheater –, zeigt Folgendes: Statt mit uns diesen Weg zu gehen, den Kitas mehr Geld zur Verfügung zu stellen, machen Sie hier nur wieder parteitaktische Spielchen. Sie bleiben beim puren Meckern und Mäkeln. Es kommt – zum wiederholten Male – kein einziger konkreter Vorschlag. Es gibt kein Konzept der Opposition, geschweige denn einen Gesetzesentwurf, in dem steht, wie Sie denn die finanzielle Situation der Kitas verbessern wollen.
Ach doch, einen Vorschlag gibt es. Ich habe ihn – täglich grüßt das Murmeltier – schon erwähnt. Wir hatten ihn bestimmt schon dreimal hier in der Beratung. Dabei handelt es sich einmal wieder um den Vorschlag, das Gesetz zu evaluieren. – So sieht es aus: Die Opposition will Daten sammeln. Rot-Grün setzt konkrete Fakten, Rot-Grün handelt. Das ist der Unterschied.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Vielleicht verraten Sie uns doch einmal – ich finde, das wäre für alle Beteiligten spannend –, wie Sie denn heute zu dem von Ihnen verbockten Gesetz stehen.
Wenn Sie uns in Ihrem Antrag auffordern, wir sollen jetzt ein gutes funktionales Finanzierungssystem einführen, dann heißt das doch übersetzt, Sie sehen jetzt selbst, dass dieses KiBiz kein gutes funktionierendes System ist,
(Beifall von den GRÜNEN)
sondern dass es schlecht und dysfunktional ist. Dann sagen Sie das doch bitte einmal laut und deutlich und distanzieren sich hier von diesem Machwerk. Aber Sie haben nicht den Mut, dafür Verantwortung zu übernehmen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Meine Damen und Herren, ich kann sagen, es erfüllt einen schon mit großer und tiefer Zufriedenheit, wenn unser rot-grünes Regierungshandeln die Forderungen der Opposition weit übertrifft. Die CDU hat nämlich gerade in den Haushaltsberatungen sehr kleinmütig nur 1 % Erhöhung der Dynamisierung gefordert, hat wieder einmal alles auf die lange Bank geschoben. Wir haben Wort gehalten mit dieser Landesregierung und mit den sie tragenden Fraktionen und sind jetzt real bei 5,8 % mehr für die Kitas. Das ist eine Lücke von 4,8 %, die wir den Kitas mehr geben als sich das die Opposition zu fordern traut. Das spricht für sich.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Vizepräsident Oliver Keymis: Frau Kollegin, die Redezeit ist abgelaufen. Aber es gibt eine Kurzintervention.
Andrea Asch (GRÜNE): Ja, sehr gern.
Vizepräsident Oliver Keymis: Die werden wir dann auch ermöglichen. Herr Tenhumberg, Sie möchten die Kurzintervention nutzen? – Danke. Bitte.
Bernhard Tenhumberg (CDU): Vielen Dank, Herr Präsident. Ich will einmal drei Dinge klarstellen: 2007/2008, Frau Asch, waren alle Unterschriften unter dieser Vereinbarung. Wie kommen Sie dazu, von Hinterzimmerpolitik zu sprechen, wenn alle Betroffenen und Beteiligten – Landschaftsverbände, kommunale Gemeinschaften, alle Träger, alle Kirchen – diesen Vertrag mit unterschrieben haben? Ich stelle fest, dass ich heute nicht weiß, wer zum Beispiel bezüglich der neuen Regelungen verhandelt, ob die Fraktionen verhandeln oder ob das Ministerium verhandelt. Ich wäre dankbar, wenn man uns einmal eine Auskunft erteilt.
Zweite Anmerkung. Im Gesetz ist verankert worden: Evaluation, Novellierung 2011. Ich stelle fest, Sie sind 2010 an die Regierung gekommen. Sie haben es nicht umgesetzt; 2011 ist nicht evaluiert worden. Ich zitiere aus dem Geschäftsbericht der AWO:
Die besonderen Herausforderungen seit 2012 bestanden in der Diskrepanz zwischen der Steigerung der tariflichen Personalkosten und der damit nicht einhergehenden Finanzierung durch das KiBiz.
Wer war denn 2012 eigentlich verantwortlich dafür, dass die ausreichende Finanzierung gegeben ist? Wir nicht. Sie haben 2011 die Sache verpennt und haben die falschen Prioritäten gesetzt. Nun beklagen Sie sich nicht bei uns.
(Beifall von der CDU)
Andrea Asch (GRÜNE): Lieber Herr Kollege Tenhumberg, ich hatte die Hoffnung, dass Sie jetzt auf meinen Appell eingehen und sich hier endlich einmal ganz klar von diesem Gesetz, das Sie auf den Weg gebracht haben, distanzieren. Stattdessen kommen Sie mit kleinkariertem Karo,
(Lachen von der CDU)
wer mit dem verhandelt und wer Ihnen damals zugestimmt hat. Selbst wenn es so war, dass Sie einen Teil der Verbände hinter sich hatten,
(Christina Schulze Föcking [CDU] und Bernhard Tenhumberg [CDU]: Alle!)
bleibt es doch ein falsches Gesetz, was aus Ihrem Hause kam und das Sie in den Anhörungen verteidigt haben gegen alle Kritik und gegen alle Voraussage, dass das eintritt, was Sie selbst in Ihrem Antrag beklagen, dass nämlich Kitas in eine finanzielle Englage kommen. Das ist das Ergebnis Ihres Gesetzes.
Ich kann nur sagen, wir werden in den nächsten Wochen darüber beraten, wie die Form der Umsetzung in dem jetzt vorliegenden Gesetz den Details, den Ansprüchen der Arbeit vor Ort entspricht. Wir gehen jetzt – wir im Parlament sind dran, und das sollten Sie als langjähriger Kollege wissen – in die Gespräche, in die Anhörungen mit Trägern, mit den Kommunen und werden es intensiv auch mit den Erzieherinnen und Eltern diskutieren.
Im Übrigen: Die jetzigen Signale, Herr Tenhumberg – jetzt hört er nicht zu; er stellt mir eine Frage, aber es interessiert ihn die Antwort nicht; auch das ist kein guter Stil – aus der Kita-Landschaft von allen Beteiligten zu unserem Überbrückungs- und Finanzierungsgesetz waren eindeutig positiv und zustimmend. Deshalb freue ich mich sehr auf die Beratungen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Bernhard Tenhumberg [CDU])

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