Norwich Rüße: „Der Wolf ist jetzt hier in Nordrhein-Westfalen, es wäre gut, wenn wir in Ruhe mit den Tieren umgehen würden“

Antrag der FDP zu Wölfen

Portrait Norwich Rüße

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Norwich Rüße (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es hat mich ein bisschen überrascht, Herr Busen, dass Sie diesen Antrag hier vorgelegt haben. Als ich noch einmal in den Kalender geschaut habe, hat sich aber aufgeklärt, warum Sie diesen Antrag heute gestellt haben und warum wir morgen hier noch einen zweiten Antrag zur Jagd haben werden; denn heute Abend findet der alljährliche parlamentarische Jägerabend statt. Offensichtlich haben Sie gedacht: Da muss ich mir noch irgendwie ein Empfehlungsschreiben zusammenbasteln.
(Norbert Meesters [SPD]: Freibier!)
Ich bin heute Abend verhindert und kann nicht kommen. Aber ich bin gespannt, ob es vielleicht dafür reicht, dass Sie heute Abend direkt an der Seite von Herrn Müller-Schallenberg sitzen dürfen.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Oh nein! Das ist ja billig!)
Meine Damen und Herren, wenn man ein bisschen tiefer in die Materie schaut und Ihren Antrag etwas genauer liest, ist man sehr erstaunt über das, was Sie hier zusammengeschrieben haben; denn Ihr Antrag strotzt nur so vor Ahnungslosigkeit, finde ich.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das beginnt bei der Frage, ob der Wolf ins Jagdrecht gehört. Wir haben das Jagdgesetz hier in Nordrhein-Westfalen intensiv diskutiert. Da habe ich nie gehört, dass der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen werden soll. Das hat der Landesjagdverband nicht gefordert. Keiner hat das gesagt. Jetzt kommen Sie damit an. Weil man das in Sachsen gemacht hat und weil Ihre niedersächsischen Kollegen diesen Antrag gestellt haben, haben Sie gedacht: Das macht jetzt Sinn; dann machen wir das auch einmal.
Es ist ja nicht nachzuvollziehen, warum Sie das tun. Weil es selbst die Jäger nicht wollen, frage ich mich: Warum wollen Sie die Jäger an der Stelle so zwangsbeglücken, wie Sie das hier vorhaben?
Meine Damen und Herren, wir widersprechen Ihnen nicht, wenn Sie sagen, dass die Rückkehr des Wolfes ein großer Erfolg für den Artenschutz hier in Nordrhein-Westfalen ist. Das denke ich schon. An dieser Stelle können wir uns hier auch einmal einig sein.
Ich glaube, wir sind uns auch alle darin einig, dass der Wolf dann, wenn er in den Lebensraum hier zurückkehrt, auch seine Berechtigung hat und dass wir nicht wieder Methoden wie vor knapp 200 Jahren ergreifen sollten, um ihn wieder loszuwerden.
Genauso wie Herr Deppe und vielleicht auch Sie habe ich viele Gespräche mit Schafhaltern und Rinderhaltern geführt. Ich selbst habe auch Rinder, die draußen laufen.
Natürlich sind das Probleme. Natürlich müssen wir darüber diskutieren. Wir müssen darüber diskutieren, wie man die Tiere sichert. Aber das ist doch möglich. Herr Deppe, ich finde an der Stelle: Sie können doch nicht alles beim Minister abladen und sagen: Lieber Herr Minister, kümmere dich darum! Nein, es gibt auch die Verantwortung der Tierhalter. Die wissen auch, dass sie ihre Tiere sichern müssen, dass sie die Zäune verbessern müssen und dass damit natürlich auch Tiere geschützt werden können.
(Zuruf von Christina Schulze Föcking [CDU] – Zuruf von Henning Höne [FDP])
Wenn Sie mit Schafhaltern diskutieren, dann sehen Sie doch eine große Offenheit. Ich habe bei den Schafhaltern noch nicht einen gehört, der gesagt hätte: Schießt die alle ab; weg mit den Wölfen; das wollen wir alles nicht!
(Christina Schulze Föcking [CDU]: Das sagt doch auch keiner!)
Das gibt es überhaupt nicht. Die diskutieren intensiv darüber, wie sie ihre Herden schützen können. Und sie sind sehr froh, dass wir den Managementplan hier in Nordrhein-Westfalen haben,
(Lachen von Henning Höne [FDP])
weil er nämlich sehr gute, konkrete Handlungshinweise gibt, was zu tun ist und wie zu informieren ist. Wenn Sie den Wolfsmanagementplan schlechtreden und sagen, der schafft Doppelstrukturen
(Henning Höne [FDP]: 13-fache Strukturen!)
– ja, dreifache, vierfache Strukturen –, dann sage ich Ihnen: Sie schaffen mit der Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht eine Doppelstruktur. Sie wollen doch, dass neben dem Naturschutzrecht auch noch das Jagdrecht zuständig ist, ohne dass es tatsächlich etwas verändern würde. In der Praxis hätte das nichts zu sagen. Sie wissen ganz genau, dass Ihr Antrag überhaupt nichts an dem – wenn denn vorhandenen – Problemwolf ändern würde. Es wäre keine Lösung, es wäre mehr oder weniger Placebo an der Stelle.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Da sage ich Ihnen auch: Ich finde, wir sind am Anfang. Der Wolf ist jetzt hier in Nordrhein-Westfalen. Es wäre gut, wenn wir in Ruhe mit den Tieren umgehen würden, wenn wir gucken würden, wo Probleme sind. Sie haben gerade selbst mitbekommen: In Niedersachsen gas es den Abschuss eines Tieres, des Wolfes Kurti. Sie hätten gesagt: Das wird nie passieren, dass ein Wolf abgeschossen wird; das geht ja nur, wenn er im Jagdrecht ist. – Aber Sie sehen ja, Probleme lassen sich am Ende auch dann lösen, wenn nur Naturschutzrecht zuständig ist. Von daher ist das wieder ein Argument mehr zu sagen: Das, was Sie hier beantragen, brauchen wir nicht. An der Stelle verstehe ich Ihren Antrag auch überhaupt nicht.
Meine Damen und Herren, ich finde sehr gut, dass Ihr Antrag in den Ausschuss überwiesen wird – ich habe erst gedacht, Sie würden ihn direkt zur Abstimmung stellen –, weil wir dann noch einmal zusammen darüber diskutieren können, wie sinnhaft das wirklich ist. Ich bin im Moment allerdings eher der Meinung, dass der NABU-Vorsitzende von Nordrhein-Westfalen recht hat.
(Lachen von Henning Höne [FDP])
Er hat Ihrem Antrag ja attestiert, dass ihm jegliche fachliche Kompetenz fehle. Den Eindruck habe ich, nachdem ich ihn gelesen habe, auch.
(Beifall von Manuela Grochowiak-Schmieding [GRÜNE])
Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.
Norwich Rüße (GRÜNE): Ich finde auch, dass das nichts bringt. Ich habe, ehrlich gesagt, die Hoffnung, wenn wir dann im Ausschuss gemeinsam diskutieren, Herr Busen, dass Sie am Ende – das kann man ja, wenn man diskutiert – Ihre Meinung ändern und dann gemeinsam mit uns gegen Ihren eigenen Antrag stimmen, nachdem Sie sich im Ausschuss haben weiterbilden lassen. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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