Karin Schmitt-Promny: „Es geht darum, für die Kinder aus den konkreten Situationen heraus Lösungen zu schaffen.“

Antrag der FDP zu Inklusion an Schulen

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Karin Schmitt-Promny (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Viel Neues kann ich Ihnen zu diesem Antrag jetzt nicht mehr vortragen. Trotzdem möchte ich Ihnen ein paar Gedanken vorstellen.
Die FDP bringt mit ihrem Antrag ihre Sorge zum Ausdruck, dass sich beim Aussetzen des Schulbesuches eine Erhöhung der Fallzahlen abzeichnen könnte. Interessanterweise zitieren Sie dazu – auch im Hinblick auf die Frage von Exklusion und Inklusion – Frau Prof. Dr. Faber, die – das ist der Hintergrund ihrer Aussagen – eigentlich die Förderschulen des LVR beschreibt. Der LVR aber hat keine Regelschulen, in denen Inklusion zu leisten ist, sondern diese Fälle betreffen, soweit es um den LVR geht, nur die Förderschulen.
Wir teilen aber Ihre Sorge dahin gehend, dass ein solcher Ausschluss in keinem Falle eine von der Schule gewünschte Gestaltungsmaßnahme sein darf. Dem stehen auch die Bedingungen, die für einen Schulausschluss einzuhalten sind, entgegen. Wenn eine Schule das Aussetzen der Schulpflicht vorschlägt, ist dies als Ultima Ratio einzuschätzen, als eine letzte Maßnahme in einer Situation, in der andere Unterstützungsmaßnahmen nicht ausreichend hilfreich waren, um den Problemen dieses spezifischen Kindes begegnen zu können.
Einem Aussetzen des Schulbesuches eines Kindes oder Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf sind berechtigterweise hohe Hürden vorgeschaltet. Der § 40 des Schulgesetzes geht davon aus, dass vor einem solchen Schritt alle Möglichkeiten der sonderpädagogischen Förderung ausgeschöpft sind. Das gilt es, aufzuzeigen. Ein Gutachten der Unteren Gesundheitsbehörde ist zwingend einzuholen, und die Eltern sind anzuhören. Eine Entscheidung liegt dann bei der Schulaufsicht.
Die Bedingungen zeigen auf, dass das Aussetzen des Schulbesuches keine Steuerungsmaßnahme einer Schule ist und sein darf. Auch dieses Aussetzen setzt die Schulpflicht und das Recht des Kindes oder Jugendlichen auf Teilhabe an Bildung nicht außer Kraft. Deshalb wird in der weiteren Begleitung des Kindes das Ziel verfolgt, eine Rückführung in die Schule zu erreichen. Das Kind bleibt vom Status her ein Schüler bzw. eine Schülerin seiner abgebenden Schule.
In Hilfeplangesprächen – meine Damen und Herren, das halten wir für das Erforderlichste – soll geklärt werden, welche Unterstützungsmaßnahmen für das betroffene Kind und auch seine Familie verfolgt werden können.
Bei der Anhörung zum Unterstützungszentrum für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung am 9. März wurden uns durchaus gute Beispiele gezeigt. Bei der entscheidenden Aufgabenstellung geht es um die Frage: Wie kann die Entwicklung eines Kindes oder Jugendlichen in einer so zugespitzten Problemlage von der Familie sowie den sozialen Hilfe- und Bildungsinstitutionen positiv begleitet werden?
Die FDP aber geht mit ihrem Antrag – nach zwei Kleinen Anfragen 2014 und 2015 – nun zum dritten Mal dem Thema „Aussetzen des Schulbesuches“ nach. Das Ministerium verweist in seinen Antworten auf die sehr geringen Fallzahlen und hält eine gesonderte statistische Erfassung nicht für geboten. Kann man diesen Hinweis wirklich mit Bequemlichkeit der Ministerin abtun?
(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])
Einen Beleg, inwieweit durch eine fehlende statistische Erfassung individuelle Lebens- und Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen betroffen sind, liebe Frau Gebauer, bleibt die FDP schuldig. Und auch in der Anhörung zum Thema konnten keine belastbaren Zahlen vorgelegt werden.
Das Aussetzen der Schulpflicht stellt alle Beteiligten vor hohe Anforderungen. Es ist zudem nicht nur eine Frage der Regelschulen, die sich auf den Weg zu einer inklusiven Schule gemacht haben. Auch an Förderschulen kann diese besondere Situation zu bewältigen sein. Das Verfahren und seine Bestimmungen zeigen auf, dass es ein sehr sorgfältiges Verfahren ist.
(Beifall von den GRÜNEN)
Gegensteuern, meine Damen und Herren, kann man nicht aus Zahlen heraus. Es ist wieder das Element der statistischen Erhebung, von der aus Sie uns weismachen wollen, dass das ein Lösungsansatz ist.
(Zuruf von Yvonne Gebauer [FDP])
Nein, Frau Gebauer, das ist es nicht. Es geht darum, für die Kinder aus den konkreten Situationen heraus Lösungen zu schaffen. In diesem Zusammenhang den Begriff der Bequemlichkeit zu verwenden – das möchte ich noch einmal sagen –, ist eine bewusste Verunglimpfung und hat nichts mit einer sachlichen Klärung der Frage zu tun.
(Beifall von den GRÜNEN und Eva Voigt-Küppers [SPD])

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