Stefan Engstfeld: „Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, zu erfahren, was mit ihren Daten geschieht“

Antrag der PIRATEN zu Datenschutz

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Stefan Engstfeld (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Datenschutz ist für uns Grüne ein hohes Gut. Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, zu erfahren, was mit ihren Daten geschieht. Sie haben ein Recht darauf, zu erfahren, wer ihre Daten einsehen kann und wohin sie weitergegeben werden.
Vor allem haben Sie ein Recht darauf, dieser Praxis auch zu widersprechen.
Darum haben wir ausdrücklich begrüßt, dass der Europäische Gerichtshof das Safe-Harbor-Abkommen im vergangenen Oktober für ungültig erklärt hat. Dies war eine wichtige und aus unserer Sicht auch richtige Entscheidung für den europäischen Datenschutz. Dem Juristen und Datenschutzaktivisten Max Schrems, der gegen die Übermittlung seiner Daten in die USA geklagt hatte und dem die Richter am EuGH recht gaben, danke ich im Namen meiner Fraktion für seinen Einsatz.
(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)
Die Vereinigten Staaten von Amerika sind eben kein sicherer Hafen für die Daten europäischer Bürgerinnen und Bürger, wie es der Name aber suggerieren will. Das Abkommen blieb letztlich eine wirkungslose Vereinbarung zulasten der Grundrechte. Zwar gingen die beteiligten Unternehmen eine Selbstverpflichtung ein, nach der sie ein den europäischen Standards entsprechendes Schutzniveau für die Datenverarbeitung in den Vereinigten Staaten gewährleisten. Allerdings war diese Selbstverpflichtung durch das Fehlen wirksamer Aufsicht oder funktionierender Sanktionsmöglichkeiten zu keinem Zeitpunkt mehr als ein zahnloser Tiger.
Nach dem Ende des Safe-Harbor-Abkommens galt es, die richtigen Konsequenzen zu ziehen und einer weiteren Verwässerung des Datenschutzes entgegenzutreten.
Ich nenne Ihnen zwei davon:
Erstens die Einführung eines hohen und bindenden Datenschutzniveaus, das konsequent überprüft wird und die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger ernst nimmt und zweitens die Schaffung eines stabilen Rechtsrahmens für Unternehmen.
5.500 Firmen haben sich dem Safe-Harbor-Abkommen angeschlossen, viele darunter kleine mittelständische Unternehmen, denen anders als Facebook, Apple & Co. die Möglichkeiten fehlen, eine große Rechtsabteilung zu unterhalten. Diese Unternehmen sind auf einen einfachen Rechtsrahmen angewiesen, der ihnen Rechtssicherheit gewährt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die jetzt vorliegende Grundsatzeinigung, der sogenannte „EU-US Privacy Shield“ erfüllt aus unserer Sicht diese Anforderungen nicht. Bürgerinnen und Bürger sind den US-Sicherheitsbehörden in Sachen Datenschutz weitgehend wehrlos ausgeliefert. Zwar sind die Zugriffsrechte eigentlich eingeschränkt, die genannten Berechtigungen für Datenauswertungen sind jedoch so weit gefasst, dass sie jedenfalls potenziell weite Teile des Onlinelebens umfassen.
Einklagbare Rechte sind nicht vorgesehen. Stattdessen soll eine Ombudsperson eingesetzt werden, die die Verarbeitung von Daten europäischer Bürgerinnen und Bürger in den USA beobachten und Beschwerden nachgehen soll.
Unter einem wirksamen Sanktionsregime, wie wir es eigentlich bräuchten, verstehe ich etwas deutlich anderes. Liebe Piratenfraktion, lieber Kollege Kern, Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass das Legislativpaket „EU-US Privacy Shield“ noch nicht verabschiedet worden ist. Der europäische Rechtsprechungsprozess läuft also noch. Diesem wollen wir nicht vorgreifen. Das bedeutet allerdings nicht, dass wir nicht auch versuchen, auf die zuständigen Stellen einzuwirken. Daher, sehr geehrter Herr Kollege Kern, freuen wir uns auf die gemeinsame Beratung im Ausschuss. Meine Fraktion stimmt der Überweisung selbstverständlich zu. – Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN)