Arndt Klocke: „Ohne ein vernünftiges Förderprogramm wird es nicht den Push in der deutschen Automobilindustrie geben“

Antrag der Piraten auf Aktuelle Stunde zu Elektroautos

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Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich würde gern mit einem Zitat einsteigen, weil uns der Kollege Voussem am Anfang auch immer mit philosophischen Zitaten beglückt. Das ist jetzt nicht philosophisch, aber es ist ein Zitat, und zwar von Jürgen Fenske, Vorstandsvorsitzender der KVB und Präsident des VDV, also des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen. Er sagte in Köln vor drei Wochen bei der Vorstellung der ersten acht vom Land mit geförderten E-Busse Folgendes – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –:
„Wir werden die Energiewende und die Klimaschutzziele nur erreichen, wenn wir auch die Verkehrswende schaffen. Dafür brauchen wir die E-Mobilität.“
(Beifall von den GRÜNEN und von Minister Johannes Remmel)
Das ist für einen Sozialdemokraten ein kluger Satz, wie ich finde, der auch die entsprechende Zielrichtung vorgibt.
Heute fallen 20 % der klimaschädlichen Emissionen im Verkehrssektor an. Insofern ist das eine Aufgabe, die sich wirtschaftspolitisch, verkehrspolitisch und auch umweltpolitisch stellt.
Herr Kollege Rehbaum, in Ihrer Rede habe ich eben viele vernünftige Ansatzpunkte gehört. Ich würde mir, ehrlich gesagt, wünschen, dass Sie eine solche Rede dann einmal beim CDU/CSU-Kongress in Berlin halten. Denn die Politik, die in Berlin zum Thema „Elektromobilität“ gemacht wird, ist nicht ausreichend. Wir wollen nicht alles nach Berlin schieben. Aber wenn ich mir das Elektromobilitätsgesetz ansehe, das Sie eben positiv erwähnt haben – Sie haben die Fördermechanismen genannt, also dass E-Pkw jetzt auch auf der Busspur fahren können, manche Parkplätze kostenlos nutzen können etc. –, dann kann ich nur sagen: Das ist doch völlig unzureichend.
Ohne ein vernünftiges Förderprogramm, das monetär hinterlegt ist – ob es eine reine Kaufprämie ist, ob es eine Bonus-Malus-Regelung ist, ob man steuerliche Privilegien für Käufer von E-Autos schafft –, ohne solche Qualifikationen und Möglichkeiten einer weitergehenden Förderung wird es nicht den Push in der deutschen Automobilindustrie geben. Davon bin ich fest überzeugt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Das, was in diesem Gesetz steht, ist auf jeden Fall nicht hinreichend.
Bevor vonseiten der FDP darauf eingegangen wird – Herr Rasche ist gleich dran; sein Spezialpunkt bei jeder Rede in letzter Zeit ist ja Kritik an den Grünen –, möchte ich sagen: Ich bin völlig davon überzeugt, dass wir in den nächsten 20, 30 oder 40 Jahren zahlreiche und ausreichend Pkws auf unseren Straßen haben werden. Es geht überhaupt nicht um ein Gegeneinander. Die Zukunft liegt in einem modernen, guten Mobilitätsmix.
Dazu gehört aber auch, dass wir Elektromobilität breiter denken. Zur Elektromobilität gehören die Förderung und der Ausbau des ÖPNV. In diesem Bereich wird Elektromobilität schließlich schon mehr als 100 Jahre gelebt. Dazu gehören auch Fahrräder. Wir haben einen absoluten Boom bei Elektrofahrrädern: über 2 Millionen verkaufte E-Bikes und Pedelecs auf unseren Straßen ohne 1 Cent Förderung.
An dieser Stelle muss man die verschiedenen Dinge durchdeklinieren. Ich bin nicht der größte Freund einer reinen Kaufprämie. Aber für mich ist klar: Es muss eine steuerliche Förderung und Anreize geben.
Wir müssen uns auch die Bereiche ansehen, in denen es sich lohnt, Elektromobilität einzusetzen. Das betrifft insbesondere die Lieferverkehre, in deren Rahmen zum Beispiel Lieferwagen kontinuierlich in den Innenstädten unterwegs sind. Das betrifft Carsharing, Taxiunternehmen etc. Überall da, wo Pkws kontinuierlich auf unseren Straßen unterwegs sind, rechnet sich Elektromobilität auch umweltpolitisch.
Ich bin kein großer Freund davon, zu sagen: Es reicht aus, wenn wir die heutigen Pkws mit Verbrennungsmotoren durch Elektro-Pkws ersetzen. – Die Straßen werden genauso voll sein, die Stausituation wird sich nicht ändern, und der Rohstoffeinsatz bei der Herstellung dieser Pkw ist hoch. Aber da, wo der Staat handeln kann, sollte er das tun.
Es geht darum, dass wir die Lieferverkehre insbesondere auf der letzten Meile auf Elektromobilität umstellen, und darum, dass wir entsprechende Lademöglichkeiten schaffen. Der Kollege Rehbaum hat es eben schon angesprochen. Das ist das A und O. Wir müssen Ladesäulen installieren – auch für unsere Elektrofahrräder.
Damit könnten wir, finde ich – Herr Präsident, das sage ich auch als Anregung –, direkt hier im Hohen Haus anfangen. Unternehmen und Institutionen, die sich durch moderne Mobilität auszeichnen, haben entsprechende Lademöglichkeiten. Ich würde mir wünschen, dass der Landtag entsprechende Möglichkeiten für E-Pkws und für E-Bikes einrichtet, damit diese während der Plenarsitzungen bzw. während der Arbeitszeit aufgeladen werden können. Ich fände es gut, wenn das Landtagspräsidium sich dafür einsetzen würde.
(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)
Ganz klar ist: Die Automobilindustrie hat diesen Innovationsmarkt verschlafen. Ich erinnere mich an einen Bundesparteitag der Grünen im Jahr 2000 in Münster. Da gibt es ja immer einen Markt der Möglichkeiten. Ungewöhnlich für einen grünen Parteitag war, dass mehrere Automobilhersteller anwesend waren: BMW, VW etc. Ich habe damals für die Fraktionsvorsitzende der Grünen gearbeitet und erinnere mich noch ganz genau daran, dass VW und BMW bei einem Messerundgang sagten: In fünf Jahren sind die E-Pkws und die Wasserstofffahrzeuge marktreif; bis 2010 haben wir 20 % Elektromobilität auf unseren Straßen.
Jetzt sind wir im Jahr 2016. Es gibt seit 2009 das Förderprogramm der Bundesregierung für 1 Million E-Mobile auf unseren Straßen, und wir sind heute nicht einmal bei 25.000 verkauften Fahrzeugen. Das macht deutlich, dass sowohl die deutsche Automobilindustrie hier geschlafen hat und diesen Innovationsmarkt nicht für sich erkannt hat als auch die entsprechende Anreizförderung nicht ausreichend ist.
Deswegen muss doch unser Appell in Richtung Bundesregierung sein, bei einem zweiten Elektromobilitätsgesetz gut zu überlegen, welche Anreizmechanismen hier geschaffen werden.
Es geht auch noch einmal der Appell an die deutsche Automobilindustrie: Wenn ihr nicht wie die deutschen großen Energieversorger enden wollt, also mit einem großen Problem im Innovationsbereich und was die Arbeitsplätze angeht, dann geht es heute darum, die Chance zu nutzen, mit guten Angeboten im Bereich von E-Autos die Zukunftsmärkte zu erschließen.
Das muss, finde ich, am Ende der Appell sein. Das richtet sich sowohl an den Bund mit guten Vorschlägen als auch an die deutsche Automobilindustrie. Wir brauchen hier Innovationen. Das werden wir aus Nordrhein-Westfalen auch entsprechend unterstützen und begleiten. – Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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