Dr. Birgit Beisheim: „Reglementierungen dürfen nicht allein aus traditionellen Gründen aufrechterhalten werden, sondern bedürfen einer regelmäßigen Prüfung“

Große Anfrage der CDU zu den Perspektiven der Freien Berufe

###NEWS_VIDEO_1###
Dr. Birgit Beisheim (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bedeutung der Freien Berufe wurde durch meine Vorrednerin bereits hervorgehoben. Ich möchte gerne ergänzen, dass der Verband der Freien Berufe aus seinem Selbstverständnis heraus nicht ohne Grund die Gemeinwohlorientierung als eines der tragenden Grundprinzipien der Freiberuflichkeit hervorhebt.
Es ist nicht verwunderlich, dass die Initiativen der Freien Berufe zur Integration von Flüchtlingen in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt beitragen. So engagieren sich beispielsweise die Kassenärztlichen Vereinigungen in Nordrhein-Westfalen und alle Heilberufe-Kammern in der Versorgung von Flüchtlingen und in der sozialen und beruflichen Integration. Die gesellschaftliche Verantwortung wird also erkannt und übernommen. Dafür möchte ich meinen Dank aussprechen.
(Vereinzelt Beifall von der SPD und den PIRATEN)
Herr Wüst, wenn ich auf die Debatten der letzten vier Jahre in diesem Hohen Hause zur Wirtschaftspolitik zurückblicke, bestand bis auf die auch in Ihrem Beitrag wieder aufgewärmten Evergreens und das immer wieder vorangestellte Tariftreue- und Vergabegesetz Konsens im Bereich „Handwerk“.
(Zuruf von Hendrik Wüst [CDU])
Es bestand Konsens im Bereich „Förderung der Freien Berufe“. Ich denke mir, dass wir diesen Konsens nicht aufkündigen werden. Es ist heute genau ein Jahr her, dass wir an dieser Stelle fraktionsübergreifend einen Antrag verabschiedet haben, in dem wir die Unterstützung der Freien Berufe nach vorne gestellt haben. Gemeinsam haben wir verabredet, uns dafür einzusetzen, die Qualität der Dienstleistung und der Ausbildung auch künftig im bisherigen Maße weiterzuführen.
Ich habe noch einmal im Plenarprotokoll nachgelesen und muss sagen, dass die damalige Analyse meiner Kollegin Schneckenburger bezüglich der Risiken aus Freihandelsabkommen wie TTIP oder TiSA immer noch richtig ist. Ebenso teile ich die Einschätzung des Verbandes der Freien Berufe in dieser Angelegenheit. Ich zitiere:
„Denn nach wie vor ist nicht gesichert, dass die Schutzvorschriften für Kunden, Mandanten und Patienten, der kontinentaleuropäische präventive Rechtsansatz oder auch hohe Ausbildungsstandards erhalten bleiben.“
Um es ganz deutlich zu sagen: Reglementierungen dürfen nicht allein aus traditionellen Gründen aufrechterhalten werden, sondern bedürfen einer regelmäßigen Prüfung, ob sie noch zeitgemäß sind und ob ihre positiven Auswirkungen die Beschränkungen noch rechtfertigen.
Doch um die große Bedeutung der Freien Berufe für Nordrhein-Westfalen zu erhalten, dürfen wir ihre Leistungsfähigkeit nicht gefährden. Denn die Freien Berufe haben wegen ihrer Leistungsfähigkeit, ihrer Eigenständigkeit und des Willens zur persönlichen Verantwortung eine große Bedeutung in unserem Land, insbesondere für die flächendeckende Versorgung der Bürgerinnen und Bürger zum Beispiel im Bereich der Medizin. Sie sind quasi Garant der Daseinsvorsorge.
Laut einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn aus dem letzten Jahr weist das Gründungsgeschehen seit dem Jahr 2012 eine steigende Tendenz aus. Eine große Bedeutung haben dabei die urbanen Räume. Den vordersten Platz belegt dabei Bonn. Doch die Frage, warum und wieso bestimmte Städte bevorzugt werden und welche Probleme es in den ländlichen Räumen gibt, wird auch in dieser Studie aus dem Jahr 2015 nicht beantwortet. Es wird der Hinweis gegeben, es fehle das Datenmaterial.
Herr Wüst, deshalb ist es auch keine Arroganz, wie Sie es der Landesregierung unterstellen. In der Beantwortung dieser Anfrage wird vielmehr darauf hingewiesen, dass an einigen Stellen schlichtweg fundiertes Datenmaterial fehlt. Es ist unvollständig. Deshalb sollten wir zukünftig überlegen, an der einen oder anderen Stelle die Datenerhebung zu intensivieren, um die vorhandenen Förderinstrumente schärfen, die tatsächlichen Bedürfnisse besser erfassen und die Förderinstrumente daraufhin anpassen zu können.
Insgesamt zeigen die Antworten der Landesregierung, dass sie die Bedeutung der Freien Berufe für Nordrhein-Westfalen nicht nur erkannt hat, sondern diese durch ihre aktive Politik fördert und stützt. Sie kommt ihrer Verpflichtung aus Artikel 25 der Landesverfassung nach.
Herr Wüst, ich habe aufgrund meiner Erfahrung zumindest die Hoffnung, dass wir in dieser Sache weiterhin an einem Strang ziehen. Ich halte Ihren Vorschlag für zielführend; denn wir brauchen verbessertes Datenmaterial, um gemeinsam zu besseren Fördermöglichkeiten und Perspektiven der Freien Berufe in Nordrhein-Westfalen kommen zu können. – Herzlichen Dank.

Mehr zum Thema

Wirtschaft