Norwich Rüße: “ Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher möchten, dass das Fleisch regional ist“

Antrag von SPD und GRÜNEN zu Schlachthöfen

Portrait Norwich Rüße

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Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der eine oder andere Zeitgenosse hat sich aktuell mehr den Kopf darüber zerbrochen, ob wir Schnitzel in den Verfassungsrang heben oder nicht. Das wollen wir mit unserem Antrag jedoch ausdrücklich nicht thematisieren, und deshalb braucht das auch niemand zu thematisieren.
Wir möchten mit unserem Antrag vielmehr kleine und mittlere Schlachtbetriebe stärken und hierzu auf zwei wesentliche Herausforderungen eingehen. Die erste Herausforderung ist, dass wir feststellen müssen, dass es in Nordrhein-Westfalen immer weniger Schlachtbetriebe gibt und dass sich die Schlachtung in den letzten 30 Jahren auf ganz wenige Unternehmen konzentriert hat.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang an unseren Antrag aus dem Jahr 2014, den wir alle gemeinsam getragen haben, und in dem es um die Schafhaltung ging. Damals haben wir gesagt, wir wollen die Schafhaltung in Nordrhein-Westfalen stärken und weiterhin ermöglichen. Eines der Probleme, das die Schafhalter mir gegenüber immer wieder geschildert haben, war, dass sie gar nicht mehr wüssten, wo sie hinfahren sollen, um ihre Schafen schlachten zu lassen, da das in bestimmten Regionen Nordrhein-Westfalens nicht mehr möglich sei.
Die zweite Herausforderung, vor der wir stehen – darauf ist Herr Kollege Meesters bereits eigegangen –, ist die der veränderten gesellschaftlichen Erwartungen an Lebensmittel, insbesondere an Fleisch. Immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher möchten gerne wissen, woher das Fleisch kommt, das sie essen. Sie wollen, dass das Fleisch regional ist, und erwarten eine bestimmte Qualität.
Mit Blick auf diese gestiegenen Anforderungen in Bezug auf das Tierwohl, nicht so lange Tiertransporte sowie die Schlachtung ist eine dezentrale Schlachtstruktur – und darum geht es; wir wollen wieder mehr Dezentralität erreichen – eine gute Möglichkeit, alle diese Ansprüche zu erfüllen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Dabei wird aber gerne die Möglichkeit vergessen, dass kleine Schlachthöfe mit kurzen Wegen uns besondere Möglichkeiten in der Fleischverarbeitung bieten. Warmfleischverarbeitung ist eine Spezialität, die zur Folge hat, dass man dem Fleisch insbesondere bei der Wurstverarbeitung weniger Konservierungs- und Hilfsstoffe zufügen muss.
Angesichts der Preiskrise, die wir gerade beim Schweinefleisch erleben – zurzeit liegt der Preis für das Kilo Schweinefleisch bei 1,30 €; davon kann kein Bauer leben –, sind wir der Meinung, dass sich mit einer dezentralen regionalen Struktur zwar nicht alle Probleme lösen lassen werden, aber wir machen ein Angebot an die Landwirte, eine solche Struktur zu nutzen und darüber vielleicht auch eine bessere Wertschöpfung zu erreichen.
Im Vorfeld zu diesem Antrag haben wir eine Veranstaltung durchgeführt, bei der wir uns intensiv mit den Betreibern kleiner Schlachthöfe sowie mit kleineren Fleischereimeisterbetrieben unterhalten und diese gefragt haben: Was braucht ihr denn?Wie müssen wir uns aufstellen, damit ihr eure Betriebe vernünftig führen könnt?
Das Ergebnis ist dieser Antrag, den wir hier heute vorlegen und den wir auch mit Ihnen im Ausschuss weiter diskutieren wollen; ich hoffe, dass wir das intensiv machen.
Die Probleme sind im Antrag genannt. Wir haben in der Branche einen eindeutigen Fachkräftemangel. Es gibt den Wunsch nach Unterstützung im Bereich Ausbildung, Weiterbildung und Qualifizierung.
Ein ganz wichtiger Punkt ist die Frage der Gebühren. Die kleinen Schlachthöfe sagen, die Gebührenstruktur und insbesondere die Unterschiede von Kreis zu Kreis, die teilweise erheblich sind, machen ihnen erheblich zu schaffen.
Herr Meesters hat das Problem der Umsetzung des EU-Hygienepakets vor Ort angesprochen. Wir müssen schauen, wie wir für die kleineren Betriebe, ohne irgendwelche Zugeständnisse im hygienischen Bereich zu machen, zu Vereinfachungen kommen können.
Letztendlich – das ist ein Punkt im Antrag, der mir besonders wichtig ist – müssen wir auch schauen, wie wir die kleinen Schlachthöfe mit Blick auf den Tierschutz unterstützen können. Wie bekommen wir eine optimale Schlachtung auf diesen Schlachthöfen hin?
Ich werfe eine Frage in den Raum: Warum soll ein Jäger nicht ein Rind auf einer Weide schießen dürfen? Warum soll dies weniger tiergerecht sein als der Tod des Rindes in einem Schlachthof, zu dem es noch transportiert werden muss? Dass ein Jäger ein Rind auf der Weide schießt und die Tötung und Zerlegung anschließend hygienisch einwandfrei ablaufen, ist sicherlich ein Punkt, den wir aufgreifen müssen, und solche Dinge sollten nicht durch behördliche Auflagen verhindert werden.
Ich glaube, dass wir an der Stelle mutiger sein müssen und auch etwas machen können. Unser Antrag ist ein Angebot an alle Fraktionen, gemeinsam zu beraten, wie wir in allen Bereichen der Landwirtschaft – das gilt auch für den Milchbereich; über den sprechen wir später – kleine, regionale Verarbeitungsstrukturen ermöglichen können.
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Ihre Redezeit.
Norwich Rüße (GRÜNE): Ich komme zum Schluss. – Landwirte, die das machen wollen, sollen es können – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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