Norwich Rüße: „Es ist einfach die Milchmenge, die am Markt viel zu groß ist“

Antrag der CDU zu Dumpingpreisen im Milchmarkt

Portrait Norwich Rüße

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Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war zunächst einmal ein bisschen überrascht, dass Sie diesen Antrag gestellt haben. Denn ich habe versucht, mich zu erinnern, wann die CDU den letzten Antrag zur Landwirtschaft gestellt hat. Das ist nämlich schon ein bisschen länger her. Aber schön, dass Sie das mal wieder tun. Ich finde es auch gut, dass wir hier über die erneute Milchkrise in der Landwirtschaft miteinander diskutieren können. Das ist wichtig, weil es in der Tat ein Problem ist, das die Landwirte, die Milchbäuerinnen und Milchbauern intensiv bewegt.
Gut ist auch, dass wir darüber reden, weil ich glaube, dass wir damit zwei Dinge sichtbar machen können.
Erstens. Frau Schulze Föcking, Sie machen mit Ihrem Antrag deutlich, dass wir einen Bundeslandwirtschaftsminister haben, der nichts auf die Kette kriegt. Es ist auch kein Wunder, dass ihn draußen eigentlich niemand kennt. Wenn Sie die Bauern und Bäuerinnen draußen fragen, wie der Bundeslandwirtschaftsminister heißt, dann haben die meisten ein Problem und wissen es nicht.
Zweitens. Wir können in der Debatte hier noch einmal deutlich unsere unterschiedlichen Ansätze und Erklärungsmuster darlegen und klarmachen, warum es zu dieser erneuten Milchkrise gekommen ist.
Ich will deshalb zwei, drei Worte über die Krise an sich verlieren. Wir haben 2009 eine Milchkrise gehabt, wir haben 2012 wieder ein tiefes Tal gehabt, und wir haben jetzt schon wieder einen absoluten Tiefpunkt erreicht. Das heißt: In nicht einmal einem Jahrzehnt drei absolute Tiefphasen, obwohl Ihre Agrarpolitik den Bäuerinnen und Bauern eine rosarote Welt versprochen hat: Sie könnten am Weltmarkt profitieren. Der Milchpreis werde nach oben gehen, weil die Weltbevölkerung wachse, was unglaubliche Chancen eröffnete.
Dann auch immer diese Schimäre, der Russlandboykott, das Russlandembargo sei schuld. Wenn Sie auf die in Deutschland vorhandene Statistik schauen, dann stellen Sie fest: Die Exporte brummen durchaus noch. Der Verlust des russischen Marktes ist kompensiert worden. Die Exporte sind auf einem hohen Niveau.
Damit sind wir beim eigentlichen Problem: Es ist einfach die Milchmenge, die am Markt viel zu groß ist. Wenn wir einmal genau hinschauen, sehen wir: Bis ungefähr 2007 lag die Milchproduktion in Deutschland jährlich immer zwischen 26 bis 27 Millionen t Milch. Ab 2007 – das kommt ungefähr hin – wurde den Bauern geraten: Los, Schleusen auf, Milch produzieren auf Teufel komm raus, der Weltmarkt wird es schon schaffen und wird es abnehmen!
2010 hatten wir 29 Millionen t Milch, 2012 waren es dann schon 31 Millionen t Milch, und jetzt, 2015, sind wir bei knapp 32 Millionen t Milch. Und in diesem Jahr wird die Steigerung so weitergehen, weil natürlich die Bäuerinnen und Bauern verzweifelt versuchen, Geld auf ihre Höfe zu holen, indem sie noch mehr Masse produzieren.
Wir müssen mit einem Satz noch einmal ganz deutlich sagen, wie viel Verlust im Moment eingefahren wird. Wenn wir davon ausgehen, dass den Bäuerinnen und Bauern ungefähr zehn Cent pro Kilo Milch fehlen, dann reden wir in Deutschland zurzeit über 3 Milliarden € Jahr für Jahr – 2015 und 2016 wird es genauso kommen –, die den Bäuerinnen und Bauern fehlen.
Dann kommen Sie hier mit einer Vermarktungsplattform, die das Problem lösen soll. Das greift doch viel zu kurz. Diese Vorstellung, dass man damit wirklich etwas erreicht, ist doch abstrus.
Wir haben doch am Milchmarkt – darauf wurde hingewiesen – längst das Deutsche Milchkontor, auch ein großer Marktteilnehmer. 20 % der deutschen Milchmenge werden über das Deutsche Milchkontor abgewickelt. Das DMK ist ein Gigant am Milchmarkt, aber ein Gartenzwerg bei den Auszahlungspreisen, meine Damen und Herren.
Ich will deshalb noch einmal ganz klar feststellen: Die Verhandlungsposition ist nicht wegen der kleinen Molkereien so schlecht, die Verhandlungsposition ist deshalb schlecht, weil die Menge viel zu groß ist. Es ist zu viel Milch am Markt, und genau das Problem müssen wir angehen. Wir bekommen es aber nicht durch eine Vermarktungsplattform in den Griff.
Das Problem ist auch: Warum zahlt diese Großmolkerei DMK den schlechten Preis? – Weil sie nämlich, das hat Herr Busen schön angedeutet, nur auf Standardware, auf Massenware setzt und nicht in Richtung Spezialisierung geht, wie wir es bei anderen Molkereien haben. Vielleicht kann eine große Molkerei das auch so nicht leisten.
Ich denke, Ihr Antrag zeigt eigentlich nur eins: Ihr Antrag zeigt, dass das agrarpolitische Credo Ihrer Partei „Weltmarkt, Weltmarkt, Weltmarkt“ krachend zusammengebrochen ist.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die Bäuerinnen und Bauern müssen jetzt die Zeche dafür zahlen, und das nicht nur im Milchbereich.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])
Ich habe Ihren Antrag gelesen. Er war einseitig, und nur diese Vermarktungsplattform reicht überhaupt nicht aus. Ich finde, das zeigt, dass Sie von Milchpolitik weit entfernt sind.
Und was mich am meisten wundert, ist, dass Sie ja noch nicht einmal mehr die Unterstützung des Raiffeisenverbandes haben. Selbst die sagen, dass diese Vermarktungsplattform der falsche Weg sei. Selbst von der Seite bekommen Sie keine Unterstützung. Meine Unterstützung und die meiner Fraktion haben Sie auch nicht. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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