Norwich Rüße: „Wir können nicht immer nur Arbeitsplätze und Ökonomie gegen die Natur ausspielen. Wir müssen beides erhalten“

Gesetzentwurf zum Schutz der Natur

Portrait Norwich Rüße

###NEWS_VIDEO_1###
Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Deppe, das war wieder einmal ein Auftritt, wie ich ihn befürchtet hatte. Ich fände es gut, wenn Sie die grüne Krawatte nicht mehr tragen würden; sie steht Ihnen überhaupt nicht zu.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Christina Schulze Föcking [CDU]: Hey! – Henning Höne [FDP]: Sollen wir Ihnen mal eine schenken?)
Ich sage Ihnen: Ich habe mich gefreut, dass dieses Gesetz heute eingebracht worden ist.
(Christina Schulze Föcking [CDU]: Echt billig!)
Lieber Herr Minister, Sie haben es genau zum richtigen Zeitpunkt, auf den Punkt genau eingebracht. Heute ist der Tag der Artenvielfalt, Herr Deppe. Sie sortieren da nicht ganz richtig. Der Minister spricht immer davon, dass wir dabei sind, unsere Festplatte der Natur zu löschen. Das heißt, wir löschen einzelne Segmente. Sie dagegen reden vom Formatieren der Festplatte. Das heißt, es ist Ihnen völlig egal, ob Teile wegbrechen oder ob man die Festplatte gleich komplett weghaut. Das finde ich dramatisch.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich finde auch, dass Sie mit Ihrer Art und Weise – nicht nur Sie diskutieren für Ihre Partei, wir sprechen auch mit anderen Leuten – immer eine völlig unnötige Schärfe in die Debatte bringen. Ich habe das beim Jagdgesetz erlebt und erlebe es jetzt wieder beim Landesnaturschutzgesetz. Das Thema müsste uns gemeinsam viel wichtiger sein, als dass wir es so scharf und hart und falsch in der Sache diskutieren, wie sie es tun, Herr Deppe. Das finde ich dramatisch.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich will auch gegenüber den Nutzerverbänden sagen: Die Erkenntnis, dass es Probleme im Naturschutz gibt, war immer da. Die Erkenntnis haben auch die Bäuerinnen und Bauern gewonnen. Dann kommt aber immer dieses „Ja, aber …“: Ja, wir haben Probleme, aber ihr dürft nichts ändern, ihr dürft nichts machen. – Macht es doch per Kooperation und nicht per Gesetz.
Ich sage immer wieder: Dieser Minister hat dafür gesorgt, dass wir im Programm Ländlicher Raum wieder ausreichend Mittel haben, um Vertragsnaturschutz machen zu können. Wir können es wieder. Sie haben den Vertragsnaturschutz vor die Wand gefahren.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das ist die eine Seite. Die reicht aber nicht. Trotzdem müssen wir begleitend Leitplanken einziehen, damit sich die Natur auch erholen kann und ihren Raum findet.
Wir wollen die Versöhnung von Ökologie und Ökonomie. Das ist doch das Entscheidende. Wir können nicht immer nur Arbeitsplätze und Ökonomie gegen die Natur ausspielen. Wir müssen beides erhalten, Herr Deppe. Das ist unser Ziel, und das sollte unser gemeinsames Ziel sein.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Ich glaube, wir sind uns doch einig, dass unsere Landwirtschaft die Kulturlandschaft, die wir haben, in der Tat geschaffen hat. Hier ist ja keine Wildnis, es ist zu einem großen Teil eine Kulturlandschaft.
Wir sind uns auch einig: Bis 1950 ist die Artenvielfalt gewachsen, es wurden immer mehr Arten. Heute stehen wir vor dem Problem, dass wir Arten verlieren. 40 % unserer Arten sind noch in einem ungefährdeten Zustand. Der Rest, ein kleiner Teil, ist entweder ausgestorben, gefährdet oder auf der Vorwarnliste. Wir haben ein massives Problem. Das müssen wir doch gemeinsam bearbeiten, Herr Deppe. Ich bitte Sie, auch da endlich mitzumachen und nicht immer nur zu blockieren.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Wir beide wissen, dass man über Vorgärten, die als Steingärten angelegt sind, reden kann. Natürlich müsste da auch etwas passieren. Damit bin ich einverstanden.
Aber wir wissen auch: Die größte Fläche in NRW wird durch die Landwirtschaft bewirtschaftet. Sie hat den größten Einfluss. Wenn wir bestimmte Dinge sehen, die draußen passieren, dann wissen wir, dass etwas geschehen muss. Bauern pflügen bis an die Wege heran. Die Wegränder, die gerade für die Artenvielfalt so wichtig sind, werden umgepflügt. Es wird bis an die Gräben herangepflügt. Hecken werden eben nicht gepflegt, sondern zum Teil schon massakriert; das ist nicht so selten. Mit dem Mulcher wird darübergefahren und die Hecke jährlich klein gehalten, bis sie gar nicht mehr da ist.
Wir haben den Gesetzentwurf nicht zum Spaß eingebracht, weil wir gerade nichts anderes zu tun hatten, sondern wir brauchen ein neues Landesnaturschutzgesetz, weil bestimmte Dinge einfach aus dem Ruder gelaufen sind.
Noch ein Satz, weil wir eben über die Milch gesprochen haben: Sie diskutieren mit uns immer über die Folgen, die das alles hat. Die ökonomischen Folgen des Landesnaturschutzgesetzes, die Nachteile, die es an der einen oder anderen Stelle eventuell gibt, sind minimal im Vergleich zu dem, was wir im Bereich der Milch Jahr für Jahr verlieren. Ich habe die 3 Milliarden genannt. Definieren Sie es doch einmal. Bringen Sie es doch einmal auf den Punkt. Da wird nämlich immer irgendetwas behauptet, was in der Realität gar nicht zutrifft.
Ich glaube, dass wir in der Tat einen anderen Tonfall rund um die Natur brauchen. Wir müssen miteinander überlegen, wie wir vorankommen. Ich erlebe im Moment viel Blockade, die aufgebrochen werden muss. Der Minister hat gegenüber den Nutzerverbänden große Bereitschaft erklärt, Dinge zu verändern. Er hat viel gemacht, er ist auf die Nutzerverbände zugegangen. Erkennen Sie das endlich an.
Wenn man dieses Gesetz wie Sie aus ideologischen Gründen ablehnt, dann ist man naturschutzpolitisch von gestern. Die Landesregierung ist mit dem Gesetzentwurf auf der Höhe der Zeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Mehr zum Thema

Naturschutz