Verena Schäffer: „Der Kampf gegen Rechtsextremismus kann sich doch nicht darauf beschränken, in Talkshows zu gehen“

Aktuelle Stunde auf Antrag der CDU zu Rechtspopulismus

Portrait Verena Schäffer Linda Hammer 2022

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Verena Schäffer (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde mir viel häufiger klare Positionierungen von CDU und FDP gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus in diesem Hause wünschen.
Herr Lindner, wenn die FDP Unvereinbarkeitsbeschlüsse über Pegida und die FDP fasst, dann muss ich Ihnen sagen: Das brauchen wir als Grüne nicht, weil wir da klar positioniert sind und weil es für uns klar ist, dass Leute, die bei Pegida mitlaufen, nicht Mitglied bei den Grünen sein können.
(Beifall von den GRÜNEN – Christian Lindner [FDP]: Was sagen Sie denn zu Boris Palmer?)
Aber Ihnen geht es ja ganz offensichtlich nicht darum, hier darüber zu diskutieren, wie wir mit Rechtsextremismus, mit Rassismus und Rechtspopulismus umgehen müssen und welche Strategien wir dagegen haben. Der Kampf gegen Rechtsextremismus kann sich doch nicht darauf beschränken, in Talkshows zu gehen. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Wir müssen doch in diesem Bereich viel mehr machen.
Ihnen geht es hier darum, die Landesregierung anzugreifen. Es ging Ihnen bei der Debatte um HoGeSa, die wir im Oktober 2014 hier geführt haben, auch nicht um die Gewaltbereitschaft des Rechtsextremismus. So geht es Ihnen heute hier auch im Kern nicht um die Gefahr des Rechtspopulismus. Ihnen geht es einzig und allein darum, die Landesregierung anzugreifen.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)
Ich würde mir wünschen, dass wir als Demokratinnen und Demokraten gerade in solch einer Situation, in der die AfD als rechtspopulistische Partei solche Umfragewerte erreicht, in der sich Bürgerwehren gründen, in denen sich Rechtsextreme tummeln und von ihnen angezogen fühlen, in der es massive Angriffe auf Flüchtlingsunterbringungen und eine Verachtfachung der Zahl der Angriffe auf Flüchtlingsunterbringungen gibt, hier zusammenstehen und gegen den Rechtspopulismus arbeiten.
(Beifall von den GRÜNEN)
Man muss klar sagen, dass einige Mitglieder, auch führende Mitglieder der AfD, offen rassistische, islamfeindliche, völkische Ansichten propagieren, ohne dass diese Äußerungen in der Partei wirklich sanktioniert werden. Auch Marcus Pretzell, der AfD-Vorsitzende in Nordrhein-Westfalen und Europaabgeordneter, sieht den Gebrauch von Schusswaffen zur Abwehr von Flüchtlingen an der Grenze als gerechtfertigt an. Er bezeichnet sogar die AfD als eine Pegida-Partei.
Da muss man ganz klar sagen: Pegida ist in Nordrhein-Westfalen mittlerweile eine rechtsextreme Organisation. Es gibt hier keine klare Abgrenzung der AfD zu Pegida. Ganz im Gegenteil: Marcus Pretzell sagt sogar noch, die AfD ist eine Pegida-Partei.
Ich will nur noch einmal an Folgendes erinnern. Ich habe gerade schon die Zahlen der Angriffe gegen Flüchtlingsunterbringungen genannt. Man muss sich doch mal angucken, wann die gestiegen sind. Das war im vierten Quartal 2014. Das ist zeitlich deutlich in Verbindung zu bringen mit dem Aufkommen der Pegida-Demonstrationen. Da muss man klar sagen: Die AfD gehört zu den geistigen Brandstifterinnen in dieser Sache. Sie stellt eine Gefahr für unsere demokratische Gesellschaft dar.
Herr Laschet, Sie haben nicht recht damit, wenn Sie hier vorwerfen, der Verfassungsschutz würde die AfD in keinster Weise beobachten oder im Blick haben. Das stimmt so nicht. Da müssen auch Sie differenzieren. Wir haben Herrn Freier in der offenen PKG-Sitzung danach gefragt.
Natürlich guckt sich der Verfassungsschutz die offenen Quellen, die offenen Materialien, die über die AfD vorliegen, an. Aber natürlich muss der Verfassungsschutz auch im Verbund prüfen, ob er nicht auch in die nachrichtdienstliche Beobachtung einsteigt. Das muss fortwährend geprüft werden, je nachdem, wie sich die AfD weiterentwickelt. Natürlich muss man auch prüfen, ob nicht zumindest Teilorganisationen in die Beobachtung sollen.
Denn natürlich kann der Verfassungsschutz nicht die zivilgesellschaftliche Auseinandersetzung gegen Rechts führen. Aber es wäre ein starkes Signal, dass es sich hier bei der AfD mitnichten um eine Partei innerhalb des demokratischen Spektrums handelt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die Landesregierung und auch die sie tragenden Fraktionen müssen sich ganz sicherlich nichts vorwerfen lassen, was das Engagement gegen Rechts angeht. Ich erinnere nur an die Einrichtung der Opferberatungsstellen. Wo war eigentlich die CDU bei der Abstimmung darüber,
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
ob wir die Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt einführen? Wir haben die mobilen Beratungsteams mit Finanzmitteln gestärkt. Wir finanzieren die Aussteigerprogramme. Wir sind gerade dabei, ein Handlungskonzept
(Zuruf von Armin Laschet [CDU])
gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu entwickeln. Bei diesem Programm gegen Rechtsextremismus und Rassismus hat ein breites Beteiligungsverfahren der Zivilgesellschaft gegeben – in Regionalkonferenzen, in den Regierungsbezirken. Dazu waren wir alle als Abgeordnete eingeladen. Wo waren Sie von der CDU eigentlich?
(Zurufe von Armin Laschet [CDU] und Josef Hovenjürgen [CDU])
Ich war bei vielen dieser Konferenzen. Sie waren nicht da.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Sie fehlen bei den Demonstrationen gegen Rechts und in den Bündnissen gegen Rechtsextremismus. Das müssen Sie sich vorwerfen lassen.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)
Ich finde es im Übrigen auch deshalb so fatal, dass Sie in diesen Bündnissen fehlen, obwohl Sie natürlich zur Mitarbeit eingeladen sind – wir würden uns wünschen, dass Sie da mitarbeiten –, weil ich meine, dass wir Demokratinnen und Demokraten gerade in einer solchen Situation – das sagte ich schon – zusammenstehen müssen.
Wir müssen uns doch mit Alltagsrassismus beschäftigen, mit Rechtsextremismus, mit Rechtspopulismus. Aber darum geht es Ihnen im Kern überhaupt nicht. Das finde ich auch ziemlich beschämend.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)