Matthi Bolte: „Wir stehen zu verschlüsselter Kommunikation; wir stehen zur Integrität informationstechnischer Systeme“

Antrag der Piraten zu Verschlüsselung

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Matthi Bolte (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Immerhin hat die Kollegin van Dinther zu der Aufforderung nach einer freundlichen Enthaltung freundlich applaudiert.
(Beifall von den PIRATEN und Regina van Dinther [CDU])
Obwohl es von Herrn Stein gesagt wurde, ist nicht alles falsch, was er gesagt hat.
Zunächst einmal ist festzustellen: Wir erleben hier wieder einmal das Spiel, das wir von der Piratenfraktion inzwischen gewohnt sind. Wir sollen ständig etwas begrüßen, kritisieren, bekennen, appellieren oder mit Abscheu zurückweisen.
(Lukas Lamla [PIRATEN]: Oder machen!)
Dieser Antrag gehört wieder in diese Kategorie.
Grundsätzlich haben wir große Einigkeit darüber, dass Verschlüsselung im digitalen Zeitalter wichtig ist. Wir Grüne stehen zu verschlüsselter Kommunikation; wir stehen zur Integrität informationstechnischer Systeme.
Wenn Sie sich die Debatten auf Bundesebene anschauen, sehen Sie auch, dass wir die Bundesregierung für ihr schizophrenes Auftreten in den letzten Wochen kritisiert haben.
Auf der einen Seite hieß es nach den Snowden-Enthüllungen immer: Verschlüsselt einmal schön, liebe Bürgerinnen und Bürger; dann müssen wir uns als Bundesregierung nicht kümmern. – Dann hat man auch noch ein paar wohlfeile Worte in die sehr geduldige Digitale Agenda hineingeschrieben.
Auf der anderen Seite fordert Herr de Maizière in den letzten Wochen wieder, generell Hintertüren in Verschlüsselungssoftware einzubauen. Das zeigt, dass er weiterhin nicht willens ist, die rechtsstaatlich notwendigen Konsequenzen zum Schutz der privaten Kommunikation und der digitalen Infrastruktur zu ziehen.
In dieser Hinsicht – lieber Kollege Lamla, da haben Sie durchaus recht – kann ich mich der Kritik anschließen, was den Bund angeht. Ich will aber durchaus darauf hinweisen, dass wir hier eigentlich über sehr konkrete Landespolitik miteinander sprechen sollten. Was das Land angeht, haben wir sowohl bei dem Verfassungsschutz als auch der Polizei keinerlei Ausweitung der Eingriffsbefugnisse vorgenommen, seit Rot-Grün regiert. Dieser Hinweis gehört zur Seriosität der Debatte dazu.
Mit Ihren konkreten Beschlusspunkten verfolgen Sie drei konkrete Anliegen.
Ihr erstes Anliegen ist im Prinzip schon erledigt, und zwar mit dem Beschluss des Landtags vom Juni 2014, der auf den damals noch vom Kollegen Schwerd eingebrachten Antrag der Piratenfraktion „Spione unerwünscht: Wissen über sichere E-Mail-Kommunikation verbreiten!“ zurückging. Wir haben damals gemeinsam einen guten Beschluss hinbekommen. Darin haben wir uns als Landtag auch zu Verschlüsselungstechnologien bekannt. Dieser Beschluss gilt. Er enthält nicht nur das Bekenntnis dazu, sondern auch die konkrete Aufforderung, im Rahmen der Förderung der Medienkompetenz auf ein breiteres Wissen über Verschlüsselung hinzuwirken.
Den wichtigsten Punkt haben wir jetzt auch schon aufs Gleis gesetzt, nämlich die Möglichkeit zur verschlüsselten Kommunikation mit allen Landesbehörden. Das steht in § 3 Abs. 1 des Entwurfs für ein E-Government-Gesetz Nordrhein-Westfalen. Ich gehe davon aus, dass die Piratenfraktion diesem Gesetzentwurf begeistert zustimmen wird.
Zum dritten Punkt Ihres Antrags, der die öffentliche Förderung von Verschlüsselungstechnologien betrifft, noch kurz einige Bemerkungen.
In Nordrhein-Westfalen gibt es im Bereich IT-Sicherheit eine Menge Spitzenforschung. Wir unterhalten uns an vielen Stellen richtigerweise darüber: Wie kommt das dann an der Basis an? Wie wird es von mehr Bürgerinnen und Bürgern genutzt? Wie wird es gerade auch von Unternehmen hier im Land genutzt? Das ist ja ein beliebtes Thema – beispielsweise in der Enquetekommission zur Zukunft von Handwerk und Mittelstand in Nordrhein-Westfalen.
Möglicherweise kennen Sie das Förderfeld IT-Sicherheit für die Wirtschaft im Rahmen der Leitmarktwettbewerbe. Kryptografie ist da ein zentrales Thema. Insofern kommen Sie auch hier zu spät.
Wenn Sie auf einer konkreten Ebene Verbesserungsvorschläge haben, sind wir dagegen nicht immun. Das, was heute auf dem Tisch liegt, ist aber einfach unkonkret. Es bewegt sich auf der Bekenntnisebene und bringt uns in der konkreten Debatte nicht weiter. Darum gibt es von uns keine freundliche Enthaltung, sondern eine nicht minder freundliche Ablehnung. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)