Hans Christian Markert: „Wir müssen bei den Ursachen anfangen“

Gesetzentwurf zur Änderung wasserrechtlicher Vorschriften

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Hans Christian Markert (GRÜNE): Lieber Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Menschengedenken wird kulturübergreifend nicht daran gezweifelt, dass Wasser ein absolut bedeutendes Element ist. Es war der griechische Philosoph Thales von Milet – ich habe das hier schon einmal gesagt –, der Wasser als den „Ursprung aller Dinge“ bezeichnet hat.
Herr Deppe, Sie haben zumindest am Anfang Ihrer Rede darauf hingewiesen und damit im ersten Augenblick die Hoffnung genährt, dass wir uns da einig werden könnten.
Ich komme darauf aber gleich zurück. Die Hoffnung wurde leider wieder einmal enttäuscht.
Wasser ist deswegen so bedeutend, weil es in unserem Leben eine Funktion hat, die unser Überleben sichert. Neben der Temperatur ist es der entscheidende Faktor, das wissen wir heute, für das Überleben der Menschheit.
Deswegen ist es so wichtig, dass wir dem Schutz des Wassers eine so hohe Bedeutung beimessen. Wasser ist nämlich zugleich gefährdet. Das ist bedauerlich, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass wir jeden Tag anderthalb bis zwei Liter Trinkwasser zu uns nehmen sollten, um gesund zu leben. Wir brauchen also gesundes Trinkwasser.
Der Minister hat vorhin in seinen Ausführungen darauf hingewiesen: In Nordrhein-Westfalen gewinnen wir zum Teil aus Grundwasser, aber zu einem großen anderen Teil auch aus den Oberflächengewässern – nämlich zu 60 % – unser Trinkwasser.
Deswegen ist es aller Mühe wert, sich den Herausforderungen zu stellen. Das will dieser vorgelegte Gesetzentwurf. Er will sich den modernen Herausforderungen beim Gewässerschutz stellen. Er will zugleich allerdings auch darauf hinweisen und ermöglichen, die Handhabbarkeit der heutigen Gesetzgebung zu vereinfachen. Jeder, der einmal mit den Wassergesetzen – mit dem Landeswassergesetz, mit den Durchführungsverordnungen – zu tun gehabt hat, weiß, was für ein Wälzer das ist. Deswegen ist e für diejenigen, die damit tagtäglich umgehen müssen, gut, wenn die Lesbarkeit befördert wird.
Ich möchte aber ausdrücklich noch ein paar Stichworte nennen. Wir werden uns in den nächsten Wochen und Monaten in den Fachberatungen damit auseinandersetzen: Auf den ersten Blick sind unsere Flüsse, unsere Gewässer ähnlich rein wie dieses Glas voll Wasser. Man kann durchschauen. Auf den zweiten Blick wissen wir aber, dass wir moderne, neue Herausforderungen zu bewältigen haben. Denken Sie an die Belastungen mit Mikroplastik. Der Film „Plastic Planet“ veranschaulicht das ganz hervorragend: Mitten irgendwo auf dem Pazifik eine Segelschiff. Es wird eine Wasserprobe genommen. Das Meer sieht von oben betrachtet blau aus so, wie wir unseren Planeten aus dem All gern sehen. Dann wird dieses Planktonnetz herausgezogen, und hinten können wir ein Glas voll Wasser mit ganz vielen Kunststoffabfällen sehen.
Unsere Kläranlagen sind nicht in der Lage, diese Plastikabfälle herauszufiltern. Sie müssen modernisiert werden. Am besten fangen wir nicht erst am Ende der Aufbereitung an zu schützen und zu klären, sondern wir müssen vermeiden. Wir müssen bei den Ursachen anfangen. Mir erschließt sich nicht, warum in vielen Kosmetika, in vielen Reinigungs- und Hygieneartikeln heute Plastikpartikel als Scheuermittel enthalten sein müssen. Sieben Bundesstaaten der Vereinigten Staaten von Amerika haben das übrigens inzwischen verboten.
Die zweite große Herausforderung ist die Medikamentenbelastung. Übrigens, wenn wir allein an die 600 Tonnen pro Jahr an Antibiotika denken, die in unserem Wasser landen und die wir auch herausfiltern müssen, müssen wir uns auch vergegenwärtigen, dass diese 600 Tonnen Antibiotika aus der Humanmedizin noch um das Dreifache übertroffen werden durch die Einführungen und Einträge von Antibiose aus der industrialisierten Landwirtschaft. Annähernd 1.800 Tonnen pro Jahr prophylaktische Tierversorgung! Das hat eben auch seine Konsequenzen: die Nitrateinträge, die Düngereinträge aus der industrialisierten Landwirtschaft, auch aus den Biogasanlagen.
Wir haben gerade in diesen Tagen einen Skandal – Herr Deppe, wir haben das im Umweltausschuss behandelt – an der Emmer, in die tagelang Einträge über einen landwirtschaftlichen Abwasserkanal hineingeflossen sind. Die Emmer ist auf anderthalb bis zwei Kilometern biologisch einfach tot ist. Das können wir nicht ignorieren. Da müssen wir anpacken.
Deswegen ist es auch richtig, uns den Themen beim Landeswassergesetz zu stellen – ambitioniert zu stellen – und die Gewässerrandstreifen zu diskutieren. Das ist eine Chance für den ländlichen Raum. Die 130.000 Angler, die da auch leben, warten darauf, dass wir hier Lösungen finden. Die Menschen, die da Erholung suchen, warten darauf, und die Menschen, die jeden Tag einen guten Schluck Trinkwasser aus der Leitung trinken wollen, warten auch darauf. Stellen wir uns also diesen Herausforderungen.
Herr Deppe, weil Sie eben von Eigentum gesprochen haben – Herr Präsident, ich komme zum Ende –: Eigentum verpflichtet auch. Wer Landwirtschaft betreibt, sollte sie auch in Zukunft so betreiben, dass wir unser Trinkwasser weiterhin genießen können. – Herzlichen Dank und gute Beratungen im Ausschuss.
(Beifall von den GRÜNEN)

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