Mehrdad Mostofizadeh: „Noch nie wurde so stark in Bildung investiert wie in diesem Jahr“

Landeshaushalt 2016 - 3. Lesung

Mehrdad Mostofizadeh

###NEWS_VIDEO_1###
Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Laschet, ich schätze Ihre Person, ich schätze auch Ihre Arbeit.
(Beifall von der CDU)
Ich finde auch, dass Sie wichtige politische Impulse in die CDU hineingetragen haben, die andere sonst nicht hineingetragen hätten. Was Sie sich aber heute in Bezug auf die Flüchtlinge geleistet haben, finde ich wirklich infam.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Widerspruch von der CDU)
Wir haben im Jahr 2012 allein im Einzelplan 03 im Bereich der Flüchtlingsarbeit Ausgaben von gut 200 Millionen € gehabt. Im Jahr 2016 werden es rund 4 Milliarden € sein. Wie Sie da keinen Unterschied erkennen können und uns vorwerfen, wir würden instrumentalisieren, bleibt Ihr Geheimnis. Ich finde das infam. Sie haben auf dem Rücken von Menschen, die geflüchtet sind, Politik gemacht. Das ist Instrumentalisieren, Herr Kollege Laschet!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Bei der Rede von Herrn Lindner habe ich mir eigentlich nur ein Wort bzw. zwei Wörter aufgeschrieben: „Demut“ und „Projekt 18“. Viel mehr fällt mir zu Ihrer Rede eigentlich nicht ein.
(Zuruf von der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben uns weder enttäuscht noch überrascht. Die Beiträge der Opposition zeigen doch eines: Sie sind verdammt froh, dass Sie keine Verantwortung haben. Sie sind verdammt froh, dass Sie hier nicht regieren müssen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wenn es nämlich so wäre, würden Sie sehr schnell erkennen, dass die Arbeit ungemütlich würde. Dann müsste man nämlich sagen, wofür man Einsparungen belegen kann. Dann kann man nicht mehr alles fordern, sondern muss Deckungsvorschläge für das machen, was Sie hier ausgebreitet haben. Da ist heute nichts gekommen.
(Sigrid Beer [GRÜNE]: Wieder nichts!)
Sie haben es in drei Lesungen in diesem Landtag nicht geschafft, konkret zu benennen, wo Ihre Lösungen sind, was Sie konkret in Nordrhein-Westfalen anders als Rot-Grün machen möchten.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Was Sie uns hier vorgelegt haben, ist der Ausdruck schlichter Planlosigkeit. Dazu greife ich einen selbstkritischen Satz des Kollegen Kruse auf, der in der Fraktion der CDU gesagt haben soll: Wir haben überhaupt keine Strategie. – Ja, Herr Kruse, Sie haben recht. Und ich kann Ihre Kritik an der Fraktionsführung noch ergänzen: Auch die Taktik ist ziemlich schlecht.
Lassen Sie mich zwei Beispiele geben. Beispiel eins: innere Sicherheit. Der Antrag dazu liegt ja heute erneut auf dem Tisch. Sie sind sich nicht zu schade, die Ausrüstung von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten hier erneut zum Thema zu machen.
(Armin Laschet [CDU]: Bis es sicher ist!)
Warum machen Sie das? Sie haben Angst vor dem Vergleich. Wir haben bei den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten die höchsten Einstellungszahlen in der Geschichte des Landes Nordrhein-Westfalen durchgesetzt.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir haben für das Jahr 2016 über 1.900 Stellen geschaffen. In drei Jahren haben wir mehr Polizistinnen und Polizisten eingestellt als Sie in fünf Jahren. Und in fünf Jahren haben wir im Vergleich mit dem Zeitraum 2006 bis 2010 genau doppelt so viele Einstellungen – nämlich 8.000 – vorgenommen wie Sie mit 4.000 unter Jürgen Rüttgers und Ingo Wolff.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich sage Ihnen an der Stelle ganz deutlich: Wir sind die Partei, die über innere Sicherheit nicht nur redet, sondern wir bringen Beamtinnen und Beamte auf die Straße!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich gebe Ihnen ein zweites Beispiel, Herr Kollege Laschet. Herr Kuper hat sich ja einen Namen damit gemacht, rumzumäkeln und zu sagen, das Land würde die Flüchtlinge zu langsam unterbringen. Mehr war von ihm in der Sache nicht zu hören. Was haben Sie stattdessen gemacht? Sie haben einen Bundesinnenminister verteidigt, der heute selbst den hartgesottensten Kollegen aus der CDU peinlich ist, weil er einerseits weder das Desaster mit den Asylanträgen in den Griff bekommt und andererseits auf europäischer Ebene nicht für eine integrative und solidarische Flüchtlingspolitik sorgt.
(Zuruf von Christian Möbius [CDU])
– Und jetzt, Herr Möbius, kommt noch Ihre christliche Weihnachtsbotschaft: Hauptsache, mehr Abschiebung. Ihr Abschiebungspapier, Herr Laschet, ist doch der Ausbruch puren Populismus.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Armin Laschet [CDU]: Wieso das denn?)
95 % der Dinge, die da drinstehen, haben mit der Realität doch nichts zu tun. Das tangiert doch die Mehrzahl der Flüchtlinge überhaupt nicht. Sie tragen zur Sachpolitik nichts bei. Dieses Papier ist eine schlichte Konzession an die Hardliner in Ihrer Partei und in Ihrer Fraktion.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir dagegen haben kluge Sachpolitik gemacht. Es wurden 5.766 neue Stellen für Schulen in den Jahren 2015 und 2016 geschaffen. Es gibt 2 Milliarden € Zuweisungen an die Kommunen allein für die Flüchtlingsunterbringung, und es werden für den Integrationsbereich insgesamt 4 Milliarden € ausgegeben. Das ist eine Politik, die sachlich ist. Das ist nicht solch ein Populismus, wie die CDU ihn hier an den Tag legt.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Mit Blick auf die Oppositionsvorschläge von heute könnte ich es eigentlich kurz machen: Sie haben keine Ziele. Sie haben keine Vision von der Zukunft des Landes. Sie werden auf der Regierungsbank alles andere als vermisst.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben mit dem Haushalt 2010 eine klare strategische Linie gezogen und ziehen sie Jahr für Jahr weiter. Und ganz zentral ist doch Folgendes: Bildung, Bildung und nochmals Bildung! Diese Linie ziehen wir durch von der frühkindlichen Betreuung über die schulische und berufliche Ausbildung, die Weiterbildung bis hin zur Hochschule und zur Wissenschaft. Noch nie wurde so stark in Bildung investiert wie in diesem Jahr. Jeder dritte Euro des Landeshaushaltes geht in diese wichtigen Zukunftsbereiche. Damit sind wir bundesweit spitze.
Über das KiBiz gibt das Land Nordrhein-Westfalen rund 2,5 Milliarden € für den Ausbau und die Qualitätssteigerung in den Kindertagesstätten aus. Nur zur Erinnerung, Herr Kollege Laschet: Bei Ihnen waren es 1,2 Milliarden €.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich war ja bei den Gesprächen mit den kommunalen Spitzenverbänden und auch bei denen mit den Wohlfahrtsverbänden dabei. Wissen Sie, was die uns gesagt haben? Das System, das Sie angelegt haben, ist so schlecht, dass wir eine grundständige Erneuerung des Systems brauchen und nicht Reparaturen, wie Sie sie hier vorgeschlagen haben!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir werden 2016 mit der Anhebung der Dynamisierung der Kindpauschalen auf 3 % weitere 13,4 Millionen € eigenes Landesgeld – Herr Kollege Laschet, nicht Betreuungsgeld, sondern eigenes Landesgeld! – zusätzlich investieren. Das Ganze wird auf über 68 Millionen € an zusätzlichen Investitionen in Kindertagesstätten ausgebaut. Das ist die Politik von Rot-Grün.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir betreiben eine gigantische Aufholjagd gegenüber dem, was Sie als Familienpolitik in diesem Lande hinterlassen haben. Wir machen konkrete Zukunftspolitik für den Standort, für Kinder mit Familien, für mehr Bildungsgerechtigkeit. „Kein Kind zurücklassen!“ – das ist die Maxime. Und die gilt auch weiterhin für Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das gilt übrigens auch beim beitragsfreien letzten Kitajahr – der Antrag ist eben wieder hereingeflattert –, wo Sie von der Union mit einer Einsparung von 162,5 Millionen € tatsächlich mal einen Einsparvorschlag machen – interessanterweise allerdings zielgenau da, wo es um Chancengerechtigkeit geht.
Bei Ihnen herrscht doch der gleiche Ungeist wie bei Ihrer Schwesterpartei, der CSU aus Bayern. Sie wollen allen Ernstes die Erträge aus den freiwerdenden Mitteln im Wesentlichen im Landeshaushalt versickern lassen. Sie wollen dazu beitragen, Kinder gerade von jenen Familien, die es besonders nötig haben, in die Kita zu gehen, von einem Besuch der Kindertagesstätte abzuhalten. Sie wollen die gleiche Kitafernhaltepolitik betreiben, wie es die CSU in Bayern mit dem Betreuungsgeld getan hat.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Ralf Witzel [FDP]: Blödsinn! – Zuruf von Michele Marsching [PIRATEN])
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Sie wollen die Axt an eine chancengerechte Gesellschaft legen. Und da, liebe Kolleginnen und Kollegen, machen wir nicht mit!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir zeigen Ihnen mit diesem Haushalt ganz konkret, wie wir es anders, wie wir es besser machen. Wir leiten die als „Herdprämie“ bisher sinnfrei ausgegebenen Mittel komplett und ohne jeden Abzug dorthin weiter, wo sie hingehören, nämlich in die frühkindliche Betreuung. Die rund 431 Millionen € für die Jahre 2016 bis 2018 sind durch Anträge der Koalitionsfraktionen in den Haushalt eingebettet worden. 331 Millionen € davon gehen für Personal- und Sachmittel in den Haushalt, und rund 100 Millionen € in die Qualitätssteigerung der Kindertagesstätten, im Übrigen auch – das wird oft vergessen – für den Ü3-Bereich.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Damit machen SPD und Grüne die Kindertagesstätten noch stärker. Unsere Kinder sind unsere Zukunft. Damit sie diese Zukunft positiv gestalten können, gestalten wir die Rahmenbedingungen in den Kindertagesstätten so, wie wir es gesagt haben: mit mehr Investitionen und mit einer deutlich besseren Ausstattung bei den Kindpauschalen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Wie wir die Kindertagesstätten stärken, so stärken wir auch die Schulen:
(Heiterkeit von den PIRATEN)
mit dem größten Schuletat, den es in der Geschichte des Landes Nordrhein-Westfalen gab. So viel hat noch keine Landesregierung für einen Haushalt im Schulbereich in die Hand genommen.
(Beifall von den GRÜNEN und Norbert Römer [SPD])
17,26 Milliarden € werden 2016 in Schulen investiert. Das ist 1 Milliarde € mehr als 2015, und das sind 3,3 Milliarden € oder 23 % mehr als 2010 unter Schwarz-Gelb.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Das machen wir trotz zurückgehender Schülerzahlen. Das Geld und die Stellen – das haben wir versprochen – bleiben im System. Auch das ist eine klare inhaltliche Entscheidung für Zukunftspolitik.
Mit dem Haushalt 2016 inklusive der Ergänzungsvorlagen 2015 – ich habe eben darauf hingewiesen – werden rund 5.800 neue Stelle für den Schulbereich bereitgestellt, und 266 Millionen € werden damit finanziert.
Damit reagieren wir einerseits auf die Herausforderungen der Zuwanderung. Aber – das hat der Kollege Römer eben auch schon gesagt – diese Stellen kommen natürlich allen Kindern zugute.
(Zustimmung von Norbert Römer [SPD])
Es ist gut, dass die Ministerin und die Bezirksregierungen dafür gesorgt haben, dass 70 % der Stellen des Haushalts 2015 bereits besetzt sind. Die Stellen kommen also an. Das Geld kommt an, und die Stellen kommen an.
Ferner – das ist ein wichtiges Pärchen zum Bereich der Kindertagesbetreuung –: Auch die Dynamisierung bei der offenen Ganztagsschule werden wir von 1,5 % auf 3 % anheben und mit 22.500 zusätzlichen Plätzen den offenen Ganztag massiv ausbauen.
Mit unseren hohen Investitionen realisieren wir das, was wir versprochen haben. Die stellvertretende Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann ist damit Garantin für den Schulkonsens, für eine gelingende Inklusion und für einen stärkeren Ausbau der offenen Ganztagsschule in Nordrhein-Westfalen.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, kein Thema hat uns im Jahr 2015 so sehr beschäftigt wie die Flüchtlingspolitik. Wir reagieren damit auf eine große humanitäre Katastrophe, deren Auswirkungen wir auch hier in Nordrhein-Westfalen zu spüren bekommen.
Nordrhein-Westfalen ist ein solidarisches Land. Dies belegen auch die jüngsten Umfragen aus dem WDR. Die große Mehrheit der Menschen in Nordrhein-Westfalen fühlt sich von den Flüchtlingen nicht bedroht. Bei uns gibt es deutlich weniger Ängste und Vorbehalte gegenüber Flüchtlingen als anderswo. Ich will noch einmal betonen: Es ist nicht in allen Bundesländern so. Es ist möglicherweise auch eine Frage des Umgangs miteinander, dass solche Umfragewerte zustande kommen. Da bin ich ausdrücklich allen dankbar, die daran mitgearbeitet haben.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
In der Zivilgesellschaft gibt es ein breites Engagement. Viele Haupt- und vor allem viele Ehrenamtliche haben sich bis an die Grenzen ihrer Möglichkeiten eingesetzt, um die Ankommenden menschenwürdig aufzunehmen und auch in Nordrhein-Westfalen unterzubringen. Es gab eine große Welle der Solidarität, die für unser Gemeinwesen unendlich wichtig ist. Die vielen Helfenden sind aus meiner Sicht das Rückgrat unserer Demokratie. Ihr Engagement bildet den Kitt für unsere Gesellschaft.
Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sage ich an dieser Stelle auch herzlichen Dank an alle, die sich einbringen für mehr Mitmenschlichkeit und für mehr praktische Lösungen des Problems. Vielen Dank!
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU und den PIRATEN)
Aber – da beißt die Maus natürlich keinen Faden ab – die Finanzierungsverantwortung für die Schaffung guter Rahmenbedingungen liegt natürlich bei uns, den Vertreterinnen und Vertretern von Bund, Land und Gemeinden. Deswegen erhöht die rot-grüne Koalition die Mittel für die Kommunen zur Unterbringung von Flüchtlingen ganz deutlich.
Im Jahr 2014 waren es noch rund 90 Millionen €, die das Land den Kommunen zur Unterbringung von Flüchtlingen bereitgestellt hat. Im Jahr 2015, also im aktuellen Haushaltsjahr, werden es bereits über 800 Millionen € sein. Im Jahr 2016 werden dann mit 1,94 Milliarden € fast 2 Milliarden €, die den Kommunen nur für die Unterbringung von Flüchtlingen zugewiesen werden.
Der Kollege Römer hat eben darauf hingewiesen: Von den rund 2 Milliarden € sind 626 Millionen € vom Bund. 1,35 Milliarden € sind vom Land. Wie man dann von „klebrigen Händen des Landes“ sprechen kann, bleibt mir ein Geheimnis. Das ist wieder die Mäkelei von CDU und FDP.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Auf zwei Landeseuro kommt ein Bundeseuro. Wenn man sich die Gesamtausgaben in dem Bereich von 4 Milliarden € anschaut, stellt man fest: Die Zuschüsse des Bundes sind von über 20 % im Jahr 2015 auf unter 20 % im Jahr 2016 gesunken. Bei der Flüchtlingsunterbringung unterstützen wir als Land unsere Städte und Gemeinden wirklich nach Kräften. Die Pauschalen werden aufgestockt. Wir zahlen für das ganze Jahr und nicht nur für das halbe Jahr, wie der Bund es machen will. Und auch der Kreis der Geduldeten wird neu mit einbezogen.
Im Jahr 2017 wird die Pauschale auf eine monatliche Pauschale pro Flüchtling umgestellt und um 4 % auf dann 866,20 € aufgestockt.
Außerdem – das ist auch ein wichtiges Signal in der Gesundheitspolitik – wird die Kappungsgrenze für die Gesundheitskosten von 70.000 € auf 35.000 € abgesenkt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, all das, was ich jetzt vorgetragen habe, ist gut und richtig investiertes Geld. Es stärkt nicht nur den Zusammenhalt der Gesellschaft, sondern es führt zu unmittelbaren Impulsen bei der Konjunktur. Die Wirtschaftsforscher des ifo Instituts rechnen im kommenden Jahr mit einem steigenden Wachstum in Deutschland. Sie gehen von einem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes um 1,9 % aus. 0,3 Prozentpunkte allein sollen auf die Zuwanderung fallen. Die investierten rund 20 Milliarden € bundesweit sind also ein unmittelbar auf die Binnenwirtschaft wirkendes Konjunkturprogramm, das der Konjunktur in Deutschland hilft; insofern führen diese Ausgaben letztendlich zu Einnahmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen sucht in allen zentralen politischen Feldern die Partnerschaft mit den Kommunen. Dies dokumentiert im Übrigen auch eine vom RVR in Auftrag gegebene Studie bei Herrn Professor Junkernheinrich. Herr Professor Junkernheinrich hat der Landesregierung attestiert, dass mit den 4 Milliarden €, die im Stärkungspakt bereitgestellt werden, genau jene Kommunen unterstützt werden, die besondere Hilfe benötigen. Er hat gesagt: Noch nie war der Haushaltsausgleich bei den Kommunen im Ruhrgebiet so nah, wie es heute der Fall ist.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Aber auch insgesamt wurde die finanzielle Basis der Kommunen in Nordrhein-Westfalen gestärkt: 300 Millionen € mehr bei der Grunderwerbsteuer, deutlich über 100 Millionen € mehr Zuwendungen im Bereich des Kinderfördergesetzes – das musste durch ein Verfassungsgerichtsurteil erstritten werden –, 170 Millionen € beim Gemeindefinanzierungsgesetz, 120 Millionen € bei der Finanzierung der Deutschen Einheit und weitere Regelungen. Mit mehr als 1 Milliarde € stabilisieren und stärken wir die strukturelle Finanzbasis der Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Das ist konkrete Politik zugunsten der Kommunen und Städte in diesem Land.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Weil die Fans von Bayern hier rechts immer so zahlreich Seehofer zuklatschen: 568 € gibt Nordrhein-Westfalen je Einwohner den Kommunen aus seinen Steuermitteln. So viel – auch darauf hat der Kollege Römer hingewiesen – gibt kein anderes Bundesland. Würden wir so verfahren wie Bayern, müssten wir den Kommunen in Nordrhein-Westfalen 2,5 Milliarden € an Zuwendungen entziehen.
All das zeigt: Wir sind die kommunalfreundlichste Landesregierung, und wir tragen Verantwortung dafür, dass die Kommunen in Nordrhein-Westfalen handlungsfähig werden können.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu den elementaren Anliegen bei der Aufnahme von Flüchtlingen gehört natürlich auch eine vernünftige Gesundheitsversorgung. Auch hier streben wir besondere Anstrengungen im Jahr 2016 an. Es gilt, schwerwiegende Erkrankungen wie zum Beispiel Tuberkulose frühzeitig zu erkennen und mit einem guten und qualifizierten Impfangebot zu bekämpfen. Diese Maßnahmen kommen nicht nur den Geflüchteten zugute, sondern natürlich der gesamten Bevölkerung, und sorgen für einen vernünftigen Gesundheitsschutz.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, viele Flüchtlinge kommen aus einer wahren menschlichen Hölle, aus Kriegen, in denen Mord, Raub und Vergewaltigung an der Tagesordnung sind. Wir wissen heute viel mehr über die psychischen Auswirkungen solcher Situationen. Gerade diese betroffenen Menschen wollen wir besonders intensiv begleiten; denn wir wollen verhindern, dass aus psychischen Belastungen lange chronische Erkrankungen werden.
Integration der Asylsuchenden heißt unseres Erachtens auch Schutz vor diskriminierenden Regelungen. Wir sind froh, dass es der Gesundheitsministerin gelungen ist, eine Rahmenvereinbarung für die elektronische Gesundheitskarte auszuhandeln,
(Beifall von den GRÜNEN)
und das möchte ich mit einem Appell verbinden: Lassen Sie doch diese Rundmails an Ihre Ratsmitglieder in den Städten und Gemeinden. Sorgen Sie doch, liebe Kolleginnen und Kollegen gerade von der CDU, mit dafür, dass dieses gute Angebot allen Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen zugutekommen kann. Unterstützen Sie doch das proaktiv, was in der Flüchtlingspolitik nötig ist.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ein weiteres wichtiges Anliegen ist uns auch, die Willkommenskultur in den Gesundheitsberufen zu fördern. Dazu gehört einerseits eine schnelle Anerkennung von vorhandenen Kompetenzen der Flüchtlinge, andererseits eine fachgerechte Beratung darüber, welche Möglichkeiten in den Gesundheitsberufen bestehen.
Bei allen drängenden Fragen in der Flüchtlingspolitik verlieren wir die Anliegen und langen Linien der Gesundheitspolitik eben nicht aus den Augen, zum Beispiel das Anliegen, allen Menschen ein möglichst langes selbstbestimmtes Leben im Alter zu ermöglichen. Hierfür stellen wir im Landesförderplan „Alter und Pflege“ weitere Mittel bereit, insbesondere im Bereich der Quartiersentwicklung.
Und auch die Frauenhäuser liegen uns in ganz besonderer Weise am Herzen, zumal es Einrichtungen sind, die oft mit knappen Mitteln und großem Engagement Frauen und ihre Kinder vor Gewalt schützen. Wir freuen uns, dass wir eine weitere Million Euro mehr für Frauenhäuser zur Verfügung stellen können.
(Beifall von den GRÜNEN)
Herr Kollege Laschet – Herr Lindner hat das ja auch gemacht –, da Sie sich so über die Genderforschung lustig gemacht haben:
(Armin Laschet [CDU]: Nein, ich rege mich nur über die Genderprofessuren in der Physik auf! – Josefine Paul [GRÜNE]: Das macht doch mehr als deutlich, dass Sie keine Ahnung haben!)
Genderuntersuchungen zum Beispiel bei der Produktion von Elektrowerkzeugen …
(Armin Laschet [CDU]: Wem soll ich jetzt zuhören? – Heiterkeit)
– Darf ich dazwischen? – Herr Kollege Laschet, die Genderuntersuchungen haben unter anderem dazu geführt, dass bei der Produktion von Elektrowerkzeugen der Akkuschrauber eingeführt worden ist. Millionen von Handwerkern würden heute noch an der Steckdose hängen, wenn diese Genderforschung nicht stattgefunden hätte.
(Ministerin Barbara Steffens: Ganz richtig! Das ist so!)
Das ist Genderpolitik ganz konkreter Art und Weise.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Paris sind an diesem Wochenende die Verhandlungen zu einem neuen Klimaabkommen zu Ende gegangen. Wir haben dramatische und sehr positive Bilder aus Paris sehen können, und eine ganze Reihe von Menschen, die hier sind, hat an diesem Abkommen mitgewirkt. Dabei wurden unter anderem das Zwei-Grad-Ziel und das noch anspruchsvollere 1,5-Grad-Ziel in Bezug auf die maximale Erderwärmung fixiert.
Das Abkommen kann historisch werden. Es macht den Weg frei für eine globale Energie- und Klimawende. Der amerikanische Außenminister hat auch die wirtschaftliche Bedeutung betont – Zitat –: „Wir senden an die Märkte dieser Welt mit dem Vertrag das Signal: Jetzt kommt der grüne Umbau.“
Herr Kerry hat recht, aber dazu müssen wir den Vertrag mit Leben füllen. Es ist ein neuer Startschuss für wirtschaftlich konsequenten Klimaschutz und ökologische Modernisierung, aber nicht für die strukturkonservative Kohlepolitik.
(Beifall von den GRÜNEN)
Raus aus den fossilen Energieträgern! Auch Nordrhein-Westfalen kann und muss seinen Beitrag leisten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Thema betrifft uns in ganz besonderer Art und Weise. Nordrhein-Westfalen hat kein eigenes Klima, aber Nordrhein-Westfalen hat eine ganz eigene besondere Verantwortung. Als Industrie- und Energieland Nummer eins sind wir zugleich Emissionsland Nummer eins in Deutschland. Klimaschutz national und international gelingt nicht ohne, sondern immer nur mit Nordrhein-Westfalen.
Wir stellen uns dieser Verantwortung und verbinden dabei ökonomische Vernunft mit ökologischer Verantwortung. Unser Ziel ist die Sicherung der Zukunft Nordrhein-Westfalens als Industrie- und Energiestandort, und zwar nicht mit Kohledinosauriern, sondern auf modernster ökologisch-technischer Grundlage. Dafür stehen wir Grüne, und dafür wollen wir auch Motor sein.
(Beifall von den GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ausgaben, die mit dem Klimaschutz zusammenhängen, betragen rund 1,5 % des Haushaltsbudgets 2016 oder ungefähr 1 Milliarde €. Das ist ein Aufwuchs – und das beklagen wir nicht, sondern wir begrüßen es, Herr Kollege Linder – von rund 52,5 Millionen € gegenüber 2015. Dabei handelt es sich um Ausgaben, die große Zukunftsdividenden erbringen: durch Investitionen in nachhaltigen Klima- und Umweltschutz, in die Bewahrung des wertvollen Naturerbes und in einen erfolgreichen Ernährungs- und Verbraucherschutz. Gut 40 % dieser Ausgaben können im Übrigen durch eigene Einnahmen und Gebühren gedeckt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Debatte um Klima und Energie ist uns eine Sache doch ganz klar: Die Kohleverstromung hat noch eine Gegenwart, aber sie hat keine Zukunft mehr. Das haben die Finanzmärkte längst erkannt. Allianz, AXA und selbst Rockefeller und diverse Fonds suchen neue Felder, meistens in den erneuerbaren Energien. Auch die großen Energieversorger suchen nach neuen Strategien und fokussieren die Erneuerbaren, nachdem sie diese lange ignoriert, verlacht und auch bekämpft haben.
Selbst der stellvertretende RWE-Chef Rolf Martin Schmitz erklärte in der letzten Woche in der „WirtschaftsWoche“, dass spätestens nach der Bundestagswahl im Jahr 2017 die Verhandlungen mit der Bundesregierung über einen sozialverträglichen Ausstieg aus der Kohle beginnen müssten.
Wir sind bereit, den Versorgern die Hand zu reichen und die Debatte über einen – ich betone – geordneten Ausstieg aus der Braunkohle zu führen; denn das ist zu diesem Zeitpunkt vernünftig und auch dringend erforderlich.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich füge hinzu: Natürlich werden wir über den Ausstiegszeitraum zu reden haben, und natürlich haben wir auch darüber zu reden, dass kein Mitarbeiter und keine Mitarbeiterin ins Bodenlose fällt, dass Arbeitslosigkeit zu verhindern ist.
Klimaschutz ist für uns daher ein Teil einer proaktiven Wirtschaftspolitik; denn die Umweltwirtschaft gehört zu den größten Wirtschaftsbereichen in unserem Land. Nordrhein-Westfalen ist bundesweit der größte Anbieter von Produkten und Dienstleistungen der Umweltwirtschaft.
Sie wollten doch wissen, wo die Wachstumsbranchen sind, Herr Kollege Laschet.
(Armin Laschet [CDU]: Nein, wollte ich nicht wissen!)
Diese Branche ist ein Wachstumsmotor. Sie wächst schneller als der Durchschnitt der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen. In den Jahren zwischen 2009 und 2012 konnte die Umsatzentwicklung um 15,6 % gesteigert werden.
(Armin Laschet [CDU]: Das reicht aber nicht! Ist doch super! Ist doch toll!)
Im Vergleich dazu haben die Umsätze in den anderen Branchen nur um 11,4 % zulegen können. Das nennt man einen Wachstumsmotor, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Armin Laschet [CDU]: Das reicht aber nicht!)
Auch andere Relationen sprechen eine klare Sprache: Nordrhein-Westfalen hat einen Bevölkerungsanteil von 0,25 % an der Weltbevölkerung. Allerdings haben die Unternehmen in Nordrhein-Westfalen, die an der Umweltwirtschaft beteiligt sind, einen Weltmarktanteil von 2 % und ein Exportvolumen von insgesamt 8,5 Milliarden €.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der an die Adresse von Herrn Laschet geht, ist, dass die Branche äußerst innovativ ist. Allein für das Jahr 2012 konnten 1.500 umweltrelevante Patentanmeldungen aus Nordrhein-Westfalen generiert werden. Als Bewohner dieser Region bin ich natürlich stolz darauf, dass die allermeisten Patentanmeldungen aus der Region Metropole Ruhr stammten.
Das ist mehr als nur ein Lichtstrahl am Horizont, das ist konkrete Innovationspolitik für Nordrhein-Westfalen, Herr Kollege.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich sage Ihnen eines ganz deutlich: Die Umweltwirtschaft profitiert von weltweit steigenden Umweltstandards. Ökodumping hingegen würde sie ins Mark treffen. Alle diese Dinge zeigen doch, dass Ökonomie und Ökologie zusammengehören. Wir dürfen sie nicht gegeneinander ausspielen, wie Sie es heute wieder getan haben, liebe Kollegen von Union und FDP.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Als gelernter Haushälter habe ich mir natürlich auch einmal die Mühe gemacht, mir Haushaltsanträge der Opposition anzugucken.
(Zuruf: Und?)
Die Anträge der FDP haben mit ernsthafter Haushaltspolitik aus meiner Sicht relativ wenig zu tun. Meistens sind Sie auf der Wiederholungstaste eingeschlafen und recyceln lediglich Papiere der Vorjahre.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Selbst Ihr Houdini-Running-Gag, dass eine Entfesselung der Wirtschaft 25 Millionen € erbringen würde, war wieder mit dabei. Gern suggerieren Sie auch, dass durch nicht hinterlegte Globaltitel unfassbare Einsparungen zu machen seien. Das ist ungefähr so seriös wie die Baupolitik von Schwarz-Gelb beim BLB in den Jahren 2006 bis 2010.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
An einer anderen Stelle wollen Sie mal eben 120 Millionen € bei den sächlichen Verwaltungsausgaben streichen und dann 300 Millionen € bei den Landesbetrieben. Wie machen Sie das? Sie setzen 3 % von der Bilanzsumme ab. Wenn Sie das bei der Deutschen Bank machen würden, wären 51 Milliarden € einzusparen. Dummerweise gibt die Deutsche Bank nur 39 Milliarden € pro Jahr aus. Da haben die Schwarz-Gelben bzw. Magentagelben nicht nur den Umsatz mit dem Gewinn vertauscht – was schließlich schlimm genug wäre –, sondern schlicht Fantasie mit Realität.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das ist noch peinlicher als Ihre Erklärung zum Umsatzsteuervorwegabzug, die heute noch einmal getoppt wurde, liebe Kolleginnen und Kollegen. Vielleicht wird der Finanzminister darauf eingehen. Das Ganze geschieht frei nach dem Motto: Ich weiß nichts, kann aber alles erklären.
(Heiterkeit)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der CDU sieht es mit den Haushaltsanträgen leider nicht viel besser aus. Zu Beginn Ihrer Oppositionszeit haben Sie hier noch ausgerufen: 20 % auf alles! Kürzung aller Förderprogramme um ein Fünftel!
Das war aus meiner Sicht eine ziemlich abstruse Vorgehensweise. Das hätte nämlich beispielsweise dazu geführt, dass die Sportfördermittel im zweistelligen Millionenbereich und, Herr Professor Sternberg, die Kulturförderung um 30 bis 40 Millionen € gekürzt worden wären.Das haben Sie dann schnell eingesammelt.
Dann folgte Phase zwei der Konsolidierungsvariante. Beim Personal sollte um 10 % gekürzt werden. Das haben Sie auch nicht wirklich ernst gemeint. Ihre Fachpolitik hat immer dagegen geredet.
Dann kam eine brillante Idee: Wir machen ein Abkommen mit der Schweiz und generieren Mehreinnahmen in Millionenhöhe. – Kollege Römer hat schon gesagt, es war ein fauler Kompromiss. Wir in Nordrhein-Westfalen haben uns zusammen mit dem Finanzminister dagegengestellt. Wir haben dafür gesorgt, dass es mehr Gerechtigkeit gibt, und zusätzlich noch Steuereinnahmen in Milliardenhöhe generiert.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Bis zum heutigen Tag sind ungefähr 2 Milliarden € aufgrund der Selbstanzeigen und Steuer-CDs eingegangen. Wenn man der Presse glauben darf, schweben weitere 12 Milliarden € aufgrund von illegalen Cum‑Ex‑Geschäften bundesweit in der Luft. Wir müssen dafür sorgen, dass die ehrlichen Steuerzahler nicht bestraft werden, sondern diejenigen, die Steuern hinterziehen wollen, verfolgt werden. Unsere Landesregierung ist ein guter Beweis dafür, dass das verfolgt wird.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Aber auch in einem anderen Bereich bleiben Sie Ihrem Schlingern konsequent treu.
Erstens. Sie wollen die schwarze Null am besten sofort und schon gestern.
Zweitens. Sie wollen das Füllhorn öffnen und an alle alles verteilen. Das passt gar nicht dazu. Es reicht bis hin zu stark sozialistischen Ideen des Kollegen Laschet bei den RWE-Kohlesubventionen.
(Armin Laschet [CDU]: Was?)
Drittens. Sie wollen jeden ernsthaften Einsparvorschlag vermeiden. Vorwärts zur schwarzen Null mit massiven Mehrausgaben und massiven Mindereinnahmen: 800 Millionen € runter bei den Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer, 150 Millionen € rauf bei den Förderprogrammen, 450 Millionen € beim KiBiz, 150 Millionen € bei der Kultur, 250 Millionen € bei der Inklusion, 200 Millionen € beim Personaletat und 90 Millionen € beim Stärkungspakt. – Ich könnte jetzt noch lange, lange so weitermachen, wenn man in Summen packen würde, was Sie hier vortragen. Was ich jetzt aufgezählt habe, ist eine Verschlechterung für den Landeshaushalt um 2 Milliarden €.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Heute stellen Sie sich allen Ernstes hierhin und sagen, wir müssen weitere 1,5 Milliarden € an das Ruhrgebiet überweisen. Wir müssen 1,5 Milliarden € ins Ruhrgebiet investieren. – Ich habe gedacht, es ist eine typische Laschet-Ente, die durch das Mediengewitter gezogen ist.
(Armin Laschet [CDU]: Was?)
Ich habe grundsätzlich nichts dagegen. Sie wissen, wo ich wohne. Aber das ist doch wieder nur Voodoo, Herr Kollege Laschet. Ihr Wunschzettel zeigt doch nur eines. Die schwarze Null ist pure Rhetorik. Sie ist für Sie kein ernsthaftes Ziel Ihrer Haushaltspolitik.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich gehe noch einen Schritt weiter. In Wirklichkeit wollen Sie das Volk hinters Licht führen. Sie wollen trotz Mehrausgaben und dramatischer Mindereinnahmen weniger Schulden machen. Das ist entweder Rosstäuscherei oder ein ganz, ganz billiger Taschenspielertrick.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, weil Sie so schlingern und alles widersprüchlich ist, was Sie vorgeschlagen haben, versuchen Sie, die Widersprüche zu verdecken. Sie erzählen dazu die Geschichte, dass der Wirtschaftsriese Nordrhein-Westfalen mit so starken Fesseln von der rot-grünen Landesregierung gefesselt worden sei, dass er förmlich daran erstickte.
Gleichzeitig erzählen Sie ein Deregulierungsmärchen – die FDP etwas mehr als die CDU: Wenn wir erst hinter den sieben Bergen sind und alle schlimmen rot-grünen Regulierungen gefallen sind, dann wird alles gut. Dann wird die Wirtschaft so irre angekurbelt, dass sich die Steuerbäche massiv füllen und wie Milch und Honig fließen. Dann, ja dann werden alle Versprechungen wahr, die wir heute gemacht haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist genau der Trick, mit dem Sie verdecken wollen, mit welch leeren Händen Sie dastehen. Deswegen müssen Sie massiv Pappkameraden aufbauen und nehmen immer wieder gerne das Tariftreue- und Vergabegesetz.
(Zurufe von der CDU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer hingegen wirklich Zukunftspolitik entwickeln will, der darf nicht blind deregulieren, sondern er muss in seiner Wirtschaftspolitik sowohl bei der Digitalisierung der Wirtschaft als auch beim ökologischen Umbau von Wirtschaft und Umwelt in diesem Land sehr genau hinschauen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Alles, was Sie zu diesen zentralen Zukunftsaufgaben beizutragen haben, ist eine reflexhafte Ablehnung sämtlicher Impulse für eine nachhaltige Wirtschaftspolitik. Das gilt zum Beispiel für das Thema „KlimaExpo“. Die FDP hält sie offensichtlich für eine Müsli-Expo, möchte sie diskreditieren und daher auf null setzen. In Wahrheit geht es doch darum, dass beispielsweise Brachflächen wie in Dinslaken reaktiviert und in die Zukunft geführt werden. Wir haben die Wirtschaft doch an unserer Seite. Es geht um Zukunftsprojekte und nicht um Müsliquatsch, wie Sie das erzählen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Das gilt im Übrigen auch für eine moderne Verkehrspolitik. Ich bin froh, dass die Stichworte alle gefallen sind. Sie halten es offensichtlich für eine Wahnidee verblendeter Ökos, wenn man in der Verkehrspolitik umsteuert. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir haben die Mehrheit der Bevölkerung und die Mehrheit der modernen Wirtschaft an unserer Seite, wenn es darum geht, Radwege zu fördern und über alle politischen Ebenen Radrouten und Radschnellwege auszubauen. Deswegen haben wir 2 Millionen € zusätzlich dafür bereitgestellt.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Es kommt ein weiterer Punkt dazu. Das haben Sie eben auch eingefordert. 10 Millionen € investieren wir zusätzlich in die Sanierung von Landesstraßen und verhindern damit weitere unsinnige Ausbaugeschichten. Wir sanieren die Infrastruktur, ohne auf Kosten der Substanz zu leben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, all diese Regelungen für Umwelt, für Soziales, für Wirtschaft, Klima und Landesplanung, die Sie immer pauschal als bürokratischen Unsinn abtun, sind in Wirklichkeit etwas anderes. Es sind Leitplanken, die übergeordnete und – ich füge hinzu – berechtigte Interessen schützen und Entwicklungen in die richtigen Bahnen lenken.
Deregulierung dagegen heißt, das Recht des Stärkeren durchzusetzen, einen Wettbewerb ohne Regeln durchzusetzen. Deregulierung riskiert aus meiner Sicht die Spaltung der Gesellschaft. 17 % des Vermögens teilen sich 2 % der Bevölkerung, während die untere Hälfte mit 10 % abgespeist wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, kluge Regeln schützen die Gesellschaft und die Haushalte. Hätten wir in den Jahren 2007 bis 2009 diese Leitplanken gehabt, wären den öffentlichen Haushalten im Bereich der Bankenregulierung Milliarden und Abermilliarden an Schulden erspart geblieben.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Christian Lindner [FDP])
Nicht blinde Deregulierung, sondern richtiges Handeln ist kluge Haushaltspolitik. Auch Ihr Lieblingspopanz, das Tariftreue- und Vergabegesetz, ist in Wirklichkeit eine Leitplanke, die hilft, fairen Wettbewerb herzustellen.
(Heiterkeit von der FDP – Dietmar Brockes [FDP]: Das war der erste Gag in der Rede!)
– Es mag sein, dass Sie lachen. Ich sehe das so.
Herr Kollege, darin liegt auch eine wirtschaftsstrategische Idee. Denn viel und billig – das kann China viel besser. Dumping ist nicht unser Weg. Das ist nicht der Weg für Nordrhein-Westfalen und auch nicht für die Bundesrepublik Deutschland.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir wollen hochwertige und innovative Produkte. Dafür brauchen wir faire Marktbedingungen, gute und faire Löhne, gute Arbeitsbedingungen, hohe Umweltstandards und eine kluge und innovative Umweltschutzpolitik sowie eine effiziente Verwaltung. Genau das ist der Weg, den Nordrhein-Westfalen mit diesem Haushalt geht.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Michele Marsching [PIRATEN]: Verhaltener Applaus!)
Ich möchte es am Ende meiner Rede noch einmal erwähnen: In welch schlechtem Zustand die CDU in diesem Landtag ist, wurde in den letzten Tagen eindrucksvoll in der Presse vorgetragen. Da empfiehlt der Kollege Lothar Hegemann dem Spitzenpersonal der CDU eine Imageberatung. Lothar Hegemann als neuer Imageberater der CDU – das hatten wir, ehrlich gesagt, bisher noch nicht auf der Karte,
(Michael Hübner [SPD]: Ui! – Zuruf von Hans-Willi Körfges [SPD])
sondern eher die Selbstinszenierung eines gewissen Jens Spahn, der je nach politischer Richtung auch mal zum Rechtspopulismus neigt und sich als neuer Spitzenmann der NRW-CDU präsentiert.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Muss es euch schlecht gehen!)
Was sollen wir davon halten? Wir könnten ja sagen: Das ist die Posse einer schlingernden Regierungspartei. – Aber hat es damit sein Bewenden? – Leider nein. Was da durch die Medien geistert, hat ernste Folgen. Das sehen wir an diesem abscheulichen Abschiebungspapier, das Sie auf den Tisch gelegt haben.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und Michele Marsching [PIRATEN] – Armin Laschet [CDU]: Ach, komm – abscheulich!)
Herr Kollege, ist denn wirklich so viel Druck auf dem Kessel, dass Ihre frostige Weihnachtsbotschaft an die Flüchtlinge nur noch lauten kann: „Hauptsache mehr Abschiebung“? Da muss man doch froh sein, dass die Außentemperatur, Herr Kollege Laschet …
(Armin Laschet [CDU]: Den Spruch habt ihr schon vor einer halben Stunde gebracht! – Lutz Lienenkämper [CDU]: Jetzt muss er noch mal rausgehauen werden!)
– Ich kann Ihnen nur sagen: Ich bin froh, dass sich die Außentemperaturen nicht Ihrer frostigen Politik angepasst haben.
(Beifall von den GRÜNEN)
Eigentlich – ich habe es ja am Anfang versucht – wollte ich die CDU an dieser Stelle loben. Ich wollte Sie dafür loben, Herr Kollege Laschet, dass Sie am Wochenende vernünftige Dinge zur Europapolitik gesagt haben. Ich wollte Sie auch dafür loben, dass Sie dem schlimmen Populismus Ihrer Schwesterpartei aus Bayern widerstanden haben. Ich will Sie ausdrücklich einladen, das weiterhin zu tun. Mit diesem Papier legen Sie jetzt allerdings genau das Gegenteil vor.
(Armin Laschet [CDU]: Das stimmt doch nicht! – Klaus Kaiser [CDU]: Ist doch Quatsch!)
Ich frage Sie, Herr Kollege Laschet, wem soll das nutzen? Wen soll das denn stabilisieren? – Das nutzt dem rechten Rand. Die Ernte fahren doch nicht Sie ein – das Original wird die Ernte einfahren. Das hat die CSU in Bayern bei der Europawahl 2014 gesehen.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und Michele Marsching [PIRATEN] – Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU])
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich meine in vollem Ernst: Geben Sie Populisten keine Chance! Führen Sie mit uns gemeinsam den Kampf gegen rechts! Ich weiß, dass viele von Ihnen das genauso sehen. Bleiben Sie doch wenigstens an dieser Stelle mal konsequent in Nordrhein-Westfalen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Die rot-grüne Koalition legt mit diesem Papier einen anspruchsvollen Haushalt für 2016 vor.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: Oh, Gott! – Michele Marsching [PIRATEN]: Ich dachte, das macht die Landesregierung!)
Er setzt klare Schwerpunkte für die Integration von Flüchtlingen, für eine noch bessere und eine zukunftsweisende Bildungspolitik. Wir setzen mit diesem Haushalt unsere kommunalfreundliche Politik fort, wir lassen unsere Kommunen nicht im Regen stehen. Wir werden uns auch auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die Kosten der Unterkunft reduziert werden und der Bund hier mehr Verantwortung übernimmt.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir setzen auf die richtigen Impulse für mehr Chancengerechtigkeit auf allen politischen Ebenen. Im Gegensatz zu Ihnen haben wir eine klare Zukunftsstrategie für die Erneuerung und Weiterentwicklung unserer Umwelt- und Wirtschaftspolitik.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor Ihnen liegt ein Haushalt mit Konzepten und Ideen. Das ist ein weiterer Schritt, um unsere langen ökologischen und sozialen Linien fortzuschreiben. Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung und danke für die Aufmerksamkeit.
(Anhaltender Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Mehr zum Thema

Haushalt & Finanzen