Sigrid Beer: „Wir schaffen die strukturellen Verbesserungen gemeinsam, um dieses System langfristig immer besser auszustatten und die Rahmenbedingungen zu verbessern“

Landeshaushalt 2016 - Schule

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Sigrid Beer (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gut, dass ich mir erst gar keine Rede aufgeschrieben habe. Denn diese würde ich jetzt zur Seite legen, weil ich auf einige Punkte – auch auf das, was gestern in diesem Raum gesagt worden ist – sehr aktuell eingehen muss.
Frau Kollegin Gebauer, war das, was Sie gerade über die Heterogenität am Gymnasium, dass alle Kinder dort unterrichtet werden sollen, ein Plädoyer für ein inklusives Gymnasium, das auch Kinder beschult, die dieses nicht bis zum Abitur besuchen werden? War das ein Plädoyer für das Abschaffen der Orientierungsstufe?
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Dann sollten wir darüber noch einmal grundsätzlich reden. Wir können dann in der Tat über sehr viele Dinge miteinander reden. Denn am Gymnasium beträgt die Lehrerwochenstundenverpflichtung bereits jetzt 25,5 Wochenstunden. An den Gesamtschulen, an den Sekundarschulen ist es genauso. Da stellt sich die Frage: Wo werden die Sekundarschulen denn bessergestellt als andere Schulen? Das müssten Sie sich auf der Zunge zergehen lassen.
Wenn wir darüber ins Gespräch kämen, böte das eine interessante Perspektive. Das war das Erste.
Zweitens. Ich fand einen Punkt gestern wirklich dreist und scheinheilig. Herr Kollege Witzel ist heute leider nicht da.
(Renate Hendricks [SPD]: Doch!)
– Er ist nicht im Saal. – Wenn hier zusätzliche Bedarfe angemeldet werden, werden Sie – bei allem Wohlwollen, das Sie und Frau Vogt in den ersten zwei Minuten Ihrer Rede geäußert haben – dann auch noch vom Sparen reden? In welchem Bereich denn bitte?
Ihr Kollege Witzel hat gestern hier verkündet, das Sparziel betrage 700 Millionen €. Wer in diesem Land 700 Millionen € einsparen will, der muss 14.000 Stellen infrage stellen. Da stellt sich die Frage: Wo denn? Im Polizeibereich? Im Schulbereich?
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Ich wollte es heute eigentlich nicht wieder sagen, aber Sie rekurrieren so auf die „Kienbaumlücke“ und anderes: 10.000 Stellen hatte Schwarz-Geld in der mittelfristigen Finanzplanung gestrichen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir haben die Stellen im Bereich der Schule erst einmal beibehalten. Wir mussten 1.000 ausfinanzieren, die in Ihrem Haushaltsplan damals gar nicht hinterlegt waren. Auch das mussten wir machen. Jetzt schaffen wir zusätzliche 5.766 Stellen, weil immer mehr Kinder zu uns kommen.
Frau Vogt, das alles sind unsere Kinder.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wenn Sie sich auf diese Art und Weise zur Trägerin von Bedenken machen, möchte ich Sie fragen: Was haben Sie gestern darauf gesagt, als die Sorge geäußert wurde, ob wir Flüchtlingskinder dann noch verantwortlich aufnehmen können? Haben Sie – wie Sie es hier auch immer machen – diese Sorgen noch geschürt? Haben Sie aufrichtig gesagt, dass diese Landesregierung über 5.000 Stellen schafft und dies allen Kindern zugutekommt?
Die Art und Weise, in der Sie Ihren Beitrag heute dargeboten haben, führt dazu, dass Sie zu denen gehören, die in dieser Gesellschaft nach Art der AfD zündeln. Genau so! Das ist unverantwortlich.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Petra Vogt [CDU]: Unverschämt! Dafür entschuldigen Sie sich!)
Das hat nichts mit dem Transportieren von Botschaften zu tun. Die Botschaften höre ich. Sie haben gefragt: Ist es verantwortlich, bei uns Flüchtlingskinder zu beschulen?
(Petra Vogt [CDU]: Ja, das kann ich Ihnen gern sagen!)
Ich frage Sie: Was haben Sie darauf als verantwortliche Demokratin geantwortet? Das ist doch wirklich unglaublich.
(Beifall von den GRÜNEN – Petra Vogt [CDU]: Unverschämt!)
Sie haben diese Botschaft hier weiter perpetuiert,
(Petra Vogt [CDU]: Von mir werden Sie heute nichts mehr hören!)
indem Sie ganz deutlich gesagt haben, dass Unterdeckung bestehe.
Wir haben gemeinsam vereinbart – das müssten Sie dann auch darstellen, Frau Kollegin Vogt –, dass die demografischen Effekte weiter einbezogen werden und wir die geschaffenen Stellen gemäß des Schulkonsenses zur kontinuierlichen Verbesserung des Systems verwenden. Das sind strukturelle Verbesserungen, die zeigen, dass sich die „Kienbaumlücke“ kontinuierlich schließt. Das können wir seit 2010 sehen.
Im Übrigen hat in der Bildungskonferenz – auch das müssen Sie nachvollziehen – niemand auf Folgendes rekurriert: Jetzt schließen wir zunächst die „Kienbaumlücke“. – Vielmehr haben wir gesagt: Wir schaffen die strukturellen Verbesserungen gemeinsam, um dieses System langfristig immer besser auszustatten und die Rahmenbedingungen zu verbessern. – Das wird bei all dem leider vergessen.
Sie sagen, wir sollten investieren. Ihre Art der Unterrichtsausfallerhebung würde uns weitere 255 Stellen kosten und brächte uns keine weiteren Erkenntnisse.
Lassen Sie uns bitte in den Diskurs gehen: Wie kommt der Unterrichtsausfall zustande? Liegt es an der Stundenorganisation? Wo sind wirklich Bedarfe, wo nachgesteuert werden muss? Dieser strukturellen Diskussion haben Sie sich bisher auch verweigert. Das ist leider immer wieder anzumerken.
Das Thema „Schulpolitik“ ist sensibel. Wenn über das Thema so diskutiert und die Botschaft so transportiert wird, dann richten wir Flurschaden an. Wir können miteinander über Konzepte streiten, wir können uns darüber, ob Weg A oder B richtig ist, streiten. Aber die Art und Weise Ihrer Diskussion heute, geht in die Richtung der Botschaften derjenigen, die wir in diesem Land nicht befördern sollten. Ich will noch einmal sehr deutlich sagen: Das ist mit uns nicht zu machen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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