Zeichen setzen gegen rechte Hetze

Verena Schäffer zum 25. Todestag von Amadeu Antonio Kiowa

Am 6. Dezember 1990 starb Amadeu Antonio Kiowa. Rund zwei Wochen zuvor, in der Nacht vom 24. auf den 25. November 1990, war er in einer Gaststätte im brandenburgischen Eberswalde von einer Gruppe Rechtsextremer angegriffen worden. Damit gilt er als eines der ersten Todesopfer rassistischer Gewalt nach der Wiedervereinigung. Die nach ihm benannte Amadeu Antonio Stiftung setzt sich für eine  starke demokratische Zivilgesellschaft und gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus ein. Sie zählt aktuell mindestens 178 Todesopfer rechter Gewalt seit 1990.

Wie wichtig es ist, gerade heute an die rassistische und rechtsextreme Gewalt zu Beginn der 1990er Jahre zu erinnern, zeigen uns die aktuellen Zahlen von Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte ebenso wie Gewalt gegen Geflüchtete und Menschen, die sich für deren Belange. Der Angriff eines Neonazis auf Henriette Reker, inzwischen gewählte Kölner Oberbürgermeisterin, vor wenigen Wochen hat Politik und Öffentlichkeit aufschrecken lassen. Der Täter hatte Henriette Reker als Ziel gewählt, weil sie sich für Geflüchtete stark macht und stellvertretend für die vielen Menschen steht, die sich für die Aufnahme von Geflüchteten einsetzen. Das macht den Angriff zu einem der traurigen Höhepunkte rechter Gewalt in Nordrhein-Westfalen.

Bereits seit Anfang des Jahres ist eine steigende Tendenz rechtsextremer Angriffe deutlich zu beobachten. Die Zahl der rechtsextrem motivierten Straftaten im Themenfeld „Ausländer-/Asylproblematik“ waren bereits von 17 Straftaten im Jahr 2013 auf 88 Straftaten im Jahr 2014 gestiegen. Aktuell verzeichneten die Sicherheitsbehörden für das laufende Jahr bereits über 600 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte, davon über 140 allein in Nordrhein-Westfalen. Darunter sind inzwischen auch Brandanschläge auf bewohnte Unterbringungen für Geflüchtete, wie in Porta Westfalica (14.09.15), Altena (04.10.15) oder in Coesfeld (24.02.15). Nicht alle Täterinnen und Täter sind wie der in der verbotenen rechtsextremen FAP aktive Attentäter auf Henriette Reker zuvor im Zusammenhang mit rechtsextremen Strukturen in Erscheinung getreten. Das zeigt, dass dieser massive Anstieg an rechten Straftaten nicht nur ein Ergebnis der zunehmenden Radikalisierung im rechtextremen Spektrum ist. Auch rechtspopulistische Akteure wie Pegida oder AfD äußern sich in immer radikalerer Weise zu den Themen Flucht und Islam. Versuchte Pegida vor einem Jahr noch das Bild der vermeintlich „besorgten Bürger“ aufrechtzuerhalten, ist spätestens seit dem Sommer 2015 die rassistische und rechtsextreme Positionierung nicht mehr zu übersehen. Immer wieder wird über Angriffe aus dem Umfeld von Pegida-Demonstrationen auf Vertreterinnen und Vertreter der Presse sowie auf Menschen mit Migrationsgeschichte berichtet. Ausgrenzende und rassistische Diskurse befeuern rassistische Ressentiments und werden von den Täterinnen und Tätern als Legitimation ihrer Gewalttaten aufgefasst.

Als Grüne Fraktion verurteilen wir jede Form von Rassismus und rechter Gewalt aufs Schärfste. Alle Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus und Rassismus engagieren, können sich unserer Unterstützung sicher sein. Es ist wichtig, gemeinsam Zeichen gegen Rechts zu setzen – so wie bei der HoGeSa Demonstration am 25. Oktober 2015 in Köln, als mehr als 10.000 Menschen knapp 1.000 Rechtsextremen gegenüberstanden.

Wichtig ist es aber auch, die aktuelle rassistische Stimmungsmache als solche zu entlarven und ihr die Realität einer funktionierenden, vielfältigen und demokratischen Gesellschaft entgegenzuhalten. Deshalb ist es ein großartiges Zeichen, dass sich so viele Menschen ehrenamtlich für Geflüchtete einsetzen. Sie setzen rechter Hetze echte Anteilnahme und praktische Unterstützung entgegen. Die vielen Menschen, die sich persönlich für Geflüchtete engagieren, verdienen daher unseren Respekt, unsere Wertschätzung und auch unsere politische Unterstützung.

Wir begreifen die Auseinandersetzung mit rechtsextremen und rassistischen Einstellungen in unserer Gesellschaft als eine Daueraufgabe begriffen. Neben der konsequenten Verfolgung dieser Straftaten setzen wir auf präventive Mittel. Auf Grüne Initiative werden seit dem Jahr 2011 Mittel für zwei spezialisierte Beratungsstellen für Opfer rechter und rassistischer Gewalt bereitgestellt, zudem hat das Land NRW die Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsextremismus in NRW gestärkt. Darüber hinaus wird derzeit unter Beteiligung der Zivilgesellschaft ein integriertes Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus erstellt, das in den nächsten Wochen vom Kabinett beschlossen werden soll. Wir werden auch weiterhin mit aller Kraft gegen Rechtsextremismus und Rassismus arbeiten.