Norwich Rüße: „Im Rahmen dessen, was möglich ist, ist dieser Haushalt geradezu optimal für den ländlichen Raum“

Landeshaushalt 2015 - Landwirtschaft und Naturschutz

Portrait Norwich Rüße

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Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte einige Befürchtungen, was da jetzt vonseiten der Opposition an Kritik kommen würde, da ich Sie zusammen mit meinem Kollegen Meesters auf einigen Veranstaltungen in letzter Zeit erlebt habe und dort einiges an unsachlicher Kritik – gerade auch am Landesnutzschutzgesetz – gekommen ist. Ich glaube, wir sind alle gut beraten, auf einer sachlich-fundierten Ebene miteinander weiterzuarbeiten und uns zu überlegen, ob wir uns diesen unsachlichen Vorstößen, die insbesondere immer wieder aus diesem Aktionsbündnis Ländlicher Raum kommen, anschließen. Dass dieses Aktionsbündnis für Sie als CDU eine gewisse Verlockung darstellt, ist nachvollziehbar; schließlich stellen Sie bei einigen Verbänden sogar die Spitzen. Aber trotzdem muss man sich gut überlegen, ob man so ein Aktionsbündnis auch noch instrumentalisiert oder ob man gemeinsam an der Sache arbeitet.
(Christof Rasche [FDP]: Wie beim BUND-Vorsitzenden! Oder beim NABU!)
– Herr Rasche, ich bin weder Vorsitzender eines BUND-Ortsverbandes noch eines NABU-Ortsverbandes. So einfach ist das. Ich bin nur hier im Parlament. Das ist es.
(Beifall von den GRÜNEN)
Dadurch sichert man sich dann auch eine objektive Position.
(Christof Rasche [FDP]: Oh ja! – Zuruf von Rainer Deppe [CDU])
Ich sage Ihnen eines: Herr Höne und Frau Schulze Föcking, Ihre Kritik an diesem Einzelplan läuft komplett in die Leere. Ich habe das Gefühl, Sie haben sich diesen gar nicht genau angeguckt. Sie haben gar nicht geguckt, was dieser Einzelplan eigentlich bewirkt. Sie haben nur ein Ziel, wenn Sie auf den ländlichen Raum gucken: den ländlichen Raum für die Nutzerseite zu optimieren.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir sagen, der ländliche Raum ist für alle Menschen im ländlichen Raum da, und daher müssen die Interessen gegeneinander abgewogen werden. Das ist es, was gute Politik für den ländlichen Raum ausmacht.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Norbert Meesters [SPD]: Recht hat er! – Gegenruf von Christof Rasche [FDP]: Er macht es aber nicht! Er macht das Gegenteil!)
Wir haben – ich kann mich gut daran erinnern – 2010 zusammengesessen und überlegt, was wir für den ländlichen Raum machen können. Wo können wir die Förderung optimieren? Was geht da? – Da haben wir schnell festgestellt, so viel geht da gar nicht. Man ist in der Politik nämlich an das gebunden, was die europäischen Förderperioden hergeben, und die geben nur das her, was die Vorgängerlandesregierungen ausgehandelt haben. Wenn man sich anschaut, was Sie als schwarz-gelbe Landesregierung gemacht haben, dann stellt man fest, dass Sie über eine Bundesratsinitiative die Emissionswerte hochgesetzt haben, um die Massentierhaltung erst richtig in Fahrt bringen zu können. Sie haben allerdings nicht dafür gesorgt, dass NRW ausreichend Mittel für die zweite Säule bekommen hat. Da waren Sie ganz schwach.
Sie haben damals im Konzert der Bundesländer – da muss es schließlich verhandelt werden – darauf verzichtet, weil Sie die zweite Säule aus ideologischen Gründen eigentlich gar nicht wollen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Vizepräsident Oliver Keymis: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Norwich Rüße (GRÜNE): Ja, natürlich.
Vizepräsident Oliver Keymis: Das ist sehr freundlich von Ihnen. Herr Kollege Busen hat die Zwischenfrage. – Bitte schön.
Karlheinz Busen (FDP): Herr Rüße, Sie sagten gerade über den ländlichen Raum, dieser gehöre uns allen. Meine Frage: Wann wollen Sie das Eigentum abschaffen? Wollen Sie es noch diese Legislaturperiode tun oder erst in der nächsten?
(Dietmar Bell [SPD]: Tolle Frage! – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das musste aber gesagt werden!)
Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Busen, weder Sie noch ich noch irgendwer sonst in diesem Landtag – da sind wir uns doch einig – will Eigentum abschaffen. Es geht nur darum, dass dem Eigentum entsprechend dem Grundgesetz eine gewisse Sozialpflichtigkeit obliegt, und dieser ist nachzukommen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Bei der zweiten Säule waren wir stehen geblieben. Das ist meiner Meinung nach mit der spannendste Punkt im Haushalt. Ich möchte einmal vergleichen, was Sie 2010 in Ihrem letzten Haushalt vorsahen und was wir jetzt vorsehen. Zu Ihrer Zeit beinhaltete der Haushalt Zuschüsse der Europäischen Union in Höhe von 50 Millionen €. Unser Haushaltsentwurf sieht heute Zuschüsse in Höhe von 110 Millionen € vor, mit denen man ländliche Räume vorwärtsentwickeln kann.
Meine Damen und Herren, wenn man die Förderperiode von 2007 bis 2013 und die jetzt laufende miteinander vergleicht, stellt man Folgendes fest: In der Förderperiode zu Ihrer Zeit waren es 850 Millionen €, jetzt sind es 1,2 Milliarden €. Das ist ein erheblicher Unterschied.
Wir haben damals überlegt, was wir in der nächsten Förderperiode ab 2014 bekommen. Was ist überhaupt noch möglich? Wir hatten damit gerechnet, dass es weniger würde; schließlich ist die Gesamtmasse kleiner geworden. Aufgrund Ihrer Ausgangsbasis mit 850 Millionen € hätten wir eigentlich nur noch mit 700 Millionen € rechnen können. Aber dieser Minister und sein Staatssekretär Horst Becker haben gut verhandelt mit den anderen Bundesländern. Sie haben gesagt, es könne nicht sein, dass es Länder gebe, die dreimal so viel pro Hektar bekommen wie Nordrhein-Westfalen. Deshalb haben wir jetzt mehr Geld. Deshalb können wir es jetzt machen.
(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)
Das war der guten Verhandlungsstrategie unseres Ministeriums geschuldet. Aber – der kleine Einschub sei mir erlaubt – Verhandlungsstrategie war in den fünf Jahren Ihrer Regierungszeit nicht gerade Ihre Stärke. Da muss man nur auf die Klausner-Verträge schauen; da haben Sie es auch nicht hingekriegt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Herr Höne, Sie sagen doch immer, die Höhe der Mittel sei stark angestiegen. An anderer Stelle fragen Sie uns, wie wir die Bauern ansprechen wollen, wenn wir nicht die Prämien erhöhen. Die Prämien muss man von Zeit zu Zeit anheben, aber das kann man nur machen, wenn man dafür auch Geld in die Hand nimmt. Da wir nun die Mittel haben, können wir die Fördersätze im Vertragsnaturschutz hochsetzen. Wir können die Fördersätze im Ökolandbau hochsetzen. Wir können jetzt erstmals richtig Geld auch für Tierschutzmaßnahmen bereitstellen. Und wir können auch Bereiche wie die Dorferneuerung angehen; auch dafür sind die Mittel verdoppelt worden. Insofern sind das doch hervorragende Ansätze, die wir an der Stelle haben.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ich sage Ihnen noch eines – denn es geht immer um die Frage der Verlässlichkeit –: Herr Busen, Verlässlichkeit gilt für alle Bauern, und etwas Unzuverlässigeres, als es die alte schwarz-gelbe Landesregierung im Vertragsnaturschutz und gegenüber dem Ökolandbau war, gibt es gar nicht. Und dass heute nicht mehr Landwirte Ökobauern sein wollen, liegt immer noch daran, dass sie uns sagen: Wie war das denn damals? Wir können doch nicht auf das Land NRW zählen.
(Rainer Deppe [CDU]: Das ist doch eine Frechheit!)
Meine Damen und Herren, ein ganz besonderer Punkt ist hier noch gar nicht angesprochen worden. Ich meine das LEADER-Programm. Ich glaube, wenn wir auf eines richtig stolz sein können, dann ist es der Ausbau im Bereich LEADER. Während Ihrer Zeit waren es 12 Regionen, die mit 15 Millionen € gefördert wurden, wir haben jetzt 24 plus 4 Regionen, die mit 75 Millionen € gefördert werden.
Weil es so gute Bewerbungen gegeben hat und weil es Regionen gab, die gesagt haben: „Das ist aber wirklich schade, dass wir nicht mitmachen können“, haben wir als Fraktionen gesagt: Okay, dann stärken wir das Programm noch einmal und legen in der Förderperiode noch einmal 12 Millionen € drauf. – Das heißt, in ganz NRW kommen jetzt noch ungefähr 35 Regionen hinzu. Ihr Flickenteppich ist damit beendet, und LEADER wird eine flächendeckende Fördermaßnahme in NRW.
Alles in allem kann man sagen: Man kann sich immer mehr wünschen, aber im Rahmen dessen, was möglich ist, ist dieser Haushalt geradezu optimal für den ländlichen Raum. Ich glaube, dieses Land ist ein verlässlicher Partner für den ländlichen Raum. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)