Reiner Priggen: „Das, was an Kofinanzierung für die Anträge der Kommunen notwendig ist, stellen wir zur Verfügung“

Aktuelle Stunde zu Investitionen des Landes in die digitale Zukunft

Reiner Priggen (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Kollege Wüst! Es ist schon spannend. Ich habe eben noch einmal nachgesehen, um sicher zu sein. Sie sind 2005 in den Landtag gekommen und haben die fünf Jahre Regierungszeit von Herrn Rüttgers mitgemacht – genau diese analoge Zeit, als Sie 1 Million € im Jahr 2008 für den digitalen Ausbau im ländlichen Raum zur Verfügung gestellt haben,
(Zuruf von Hendrik Wüst [CDU])
und zwar bei einer Obergrenze der Förderung von 2 MBit. Das ist damals so gewesen.
Sie haben nur noch eine Quelle – das ist ja eine Zeitung, die Sie auch mögen –, nämlich die „Financial Times“. Diese hat am Mittwoch, dem 1. Juni 2011 geschrieben, dass NRW da-mals kaum weiße Flecken gemeldet habe.
Sie wollten die Wahrheit nicht wahrhaben und schreiben jetzt das Gegenteil in Ihren Antrag:
„ … in Nordrhein-Westfalen, wo noch viele ‚weiße Flecken‘ in der Breitbandversorgung zu konstatieren sind, …“
So muss man es machen, wenn man aus der analogen Zeit kommt.
(Zuruf von Hendrik Wüst [CDU])
Lieber Herr Wüst, das trägt nicht.
Wenn Sie nur ein bisschen nüchtern darangehen würden, dann könnte man die Abläufe – wir sind ja nicht in der Bundesregierung; da sind Sie zusammen mit der SPD – ganz einfach konstatieren. Am 21. Oktober 2015 hat die Bundesregierung die Richtlinie „Förderung zur Unterstützung des Breitbandausbaus in der Bundesrepublik Deutschland“ beschlossen. In der nächsten Kabinettssitzung hat die Landesregierung gehandelt und ihre Förderrichtlinie beschlossen. Diese Vorgehensweise ist sehr vernünftig. Mit dem Bund hat es lange Diskussionen gegeben. Man kann auch über viele Details streiten. Aber dann hat die Landesregierung reagiert und hat ihre Parameter festgesetzt. Jetzt geht es darum, dass man das alles umsetzt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Mit der Förderrichtlinie des Bundes – um es klar zu sagen – sind Finanzmittel in einer Größenordnung von 2 Milliarden € angekündigt. Im Regelfall können 50 % der anfallenden Kosten in den Kommunen finanziert werden; für Gebiete mit geringer Wirtschaftskraft kann die Förderung sogar auf 60 bis 70 % erhöht werden. Das sind die Parameter des Bundes.
Eine Kofinanzierung durch andere Programme ist möglich und vom Bund auch ausdrücklich erwünscht. Warum Sie daraus immer wieder einen Vorwurf machen, erschließt sich mir nicht. Es hilft den Kommunen nicht. Der Bund räumt auch ein, dass der Eigenanteil der Kommunen von 10 %, der eigentlich gewährleistet sein muss, von den Ländern übernommen werden kann, wenn die Kommunen in Haushaltssicherung oder in kommunalen Notlagen sind. Auch das ist eine Vorgabe des Bundes.
Die Kommunen müssen ihre Förderanträge bei der Bewilligungsbehörde des Bundes stellen. Dann setzt der Bund das Land über die dort eingegangenen Förderanträge in Kenntnis. Das ist der Mechanismus. Deswegen ist es auch richtig, dass das Land reagiert hat. Das Land wusste, dass das kommt, war vorbereitet und hat es pünktlich gemacht.
Die Richtlinie des Bundes will für alle Haushalte im Erschließungsgebiet 50 MBit/s im Download gewährleisten. Das ist ein Punkt, über den Sie, wenn Sie nüchtern herangehen, mithelfen sollten. Sie sollten mit dem Bund darüber reden, dass dies eine Maßnahme ist, die das Ganze unglaublich verteuert.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir kennen diese Diskussion. Wenn Sie als Kommune ausschreiben, einen Förderantrag stellen und ein Unternehmen gewinnen, wird es sehr teuer, wenn Sie 100 % aller Gebäude in der Gebietskörperschaft anschließen müssen. Deswegen muss man vernünftigerweise mit dem Bund darüber reden, ob nicht auch 98 % oder 95 % ausreichend sind, um das abzudecken, und ob wirklich jedes einzelne Haus angeschlossen werden muss, wenn die Maßnahme dann für die Kommune zu teuer wird.
Die Bundesregierung hat nach langer Diskussion mit den Ländern die Richtlinie auf den Weg gebracht. Die Landesregierung hat unverzüglich in der nächsten Kabinettssitzung reagiert. Das Land – das ist die Kernaussage; Sie brauchen gar nicht darum herumzureden – hat Mittel zugesagt. Das Land sagt eindeutig: Das, was an Kofinanzierung für die Anträge der Kommunen notwendig ist, stellen wir zur Verfügung.
Dass wir die Höhe jetzt nicht ganz exakt beziffern können, liegt daran, dass die Anträge erst gestellt werden müssen und dass der Bund die Regularien, wie das dann bewilligt wird, fest-legen muss. Aber die Grundaussage „Das, was bewilligt wird, wird vom Land kofinanziert“ steht. Diese Grundaussage tragen die Fraktionen mit. Insofern ist diese Zusage tatsächlich eine Garantie für die Kommunen. Sie können sich auf den Weg machen, ihre Planungen vorantreiben und dann darauf vertrauen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir haben in den Jahren immer die Zusage eingehalten, dass das Land die Kofinanzierung zur Verfügung stellt.
Das Land hat auch gesagt: Für die Kommunen, die im Nothaushalt sind, stellen wir die 10 % zur Verfügung, weil diese Kommunen eben nicht abgeschnitten werden sollen, sondern teilhaben sollen. Insofern ist die entsprechende Forderung aus Ihrem Antrag auch erfüllt.
Das Land hat zusätzlich gesagt: Die 135 Millionen € Landesanteil aus der Digitalen Dividende werden zur Verfügung gestellt. Sie werden nicht auf den Förderanteil des Landes angerechnet, sondern für eine Reihe einzelner wichtiger Maßnahmen zur Verfügung gestellt.
Zum einen sind das 50 Millionen € für Glasfaseranschlüsse von Gewerbegebieten. Wir wissen nämlich, dass die Gewerbegebiete eine Priorität haben und schnell mit schnellen Datenleitungen angeschlossen werden müssen, weil es für die Existenz mancher Unternehmen wichtig ist. Dafür gibt es 50 Millionen €.
65 Millionen € stellen wir für Haushalte im ländlichen Raum zur Verfügung. Wir kennen ja die Klagen über die schlechte Versorgung in Teilen des ländlichen Raums. Der Anschluss des ländlichen Raums ist für manche Unternehmen nicht so lukrativ. Dafür gibt es 65 Millionen €.
10 Millionen € stellen wir für die Verlegung von Leerrohren beim Bau von Landesstraßen zur Verfügung. Das ist immer wieder gefordert worden. Die Landesregierung sagt es jetzt zu. Der Bau- und Verkehrsminister wird dafür sorgen, dass es auch umgesetzt wird.
9 Millionen € gibt es zur Unterstützung der Kreise und kreisfreien Städte bei den Planungen im Breitbandausbau, weil das eine zusätzliche Aufgabe ist.
Last, but not least wird 1 Million € für den Ausbau öffentlicher WLAN-Anschlüsse zur Verfügung gestellt.
Das sind die konkreten Zusagen des Landes als Maßnahmenpaket, nachdem der Bund sei-ne Vorgabe gemacht hat.
Jetzt können wir alle am Bund herumkritisieren und an bestimmten Details deutlich machen, dass es zu spät war. Sie können die ewige Schallplatte auflegen, dass das Land zu wenig macht. Vor dem Hintergrund dessen, was Sie in der Regierung gemacht haben, finde ich das beachtlich; aber sei es drum.
Die Hauptaufgabe ist allerdings, dass man sich jetzt auf die Aufgaben konzentriert. Man muss dafür sorgen, dass die Förderrichtlinien schnell vorliegen, und mit dem Bund in den Diskurs gehen, damit er seine Arbeit schnell umsetzt und die Kommunen tatsächlich ihre Anträge stellen können. Das ist die nach vorne gerichtete Hauptaufgabe. Alles andere kann man nachher im Wettbewerb austragen. Aber das ist das, worauf man sich konzentrieren muss.
Dass Sie auch noch einen Antrag zur Abstimmung stellen, ist aus meiner Sicht das „digitale Murmeltier“ der CDU, von dem wir jeden Plenartag beglückt werden. Das ist nicht schlimm. In der Sache müssten Sie Ihren Antrag eigentlich zurückziehen, weil alle Punkte, die darin stehen, im Prinzip mit den Programmen von Bundes- und Landesregierung erledigt sind. Ich bin sicher, dass Sie das nicht tun werden. Also werden wir den Antrag natürlich überweisen. Das Thema ist es wert, weiterhin im Ausschuss diskutiert werden. Das machen wir gerne. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Priggen.