Soziales November 2015

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Liebe Freundinnen und Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,
Krisenherde in aller Welt veranlassen Millionen von Menschen, ihre Heimat aufzugeben. Viele von ihnen kommen nach Deutschland. Auch in Nordrhein-Westfalen steht die Sorge um menschenwürdige Unterbringung und Versorgung der Hilfesuchenden im Vordergrund. Dabei muss der Blick auf die zu leistende Integrationsarbeit geschärft werden. Wie bringen wir den Menschen, die zumeist einen anderen kulturellen Hintergrund haben, die Grundzüge unserer Gemeinschaft nahe? Wie gelingt es, dass sich die Geflüchteten in unsere demokratische, freiheitlich orientierte Grundordnung einfügen? Welche Angebote machen wir, damit sich diese Erwartungen erfüllen?
Ich sehe die Zuwanderung als Chance für ein Land, das sich die gesellschaftliche Inklusion auf die Fahnen geschrieben hat. Inklusion als Synonym für eine Gesellschaft, die bereit ist, Barrieren abzubauen und möglichst gar nicht erst entstehen zu lassen. Teilhabe und Selbstbestimmtes Leben sollen so ermöglicht werden.
Inklusionsstärkungsgesetz – ein wichtiger Schritt in Richtung gleichberechtigte Teilhabe
Die Landesregierung hat hierzu einen Gesetzentwurf vorgelegt. Die Überschrift „Erstes allgemeines Gesetz zur Stärkung der Sozialen Inklusion in Nordrhein-Westfalen“ zeigt eine umfassendere Richtung an, das heißt es geht um mehr als die Inklusion von Menschen mit Behinderung (Drucksache 16/9761). Meine Rede zur Einbringung des Entwurfs gibt es auf der Seite der Landtagsfraktion und auf meiner Internetseite.
Zu diesem Gesetzentwurf wird am Mittwoch, 18. November 2015, ab 10 Uhr eine ganztägige öffentliche Anhörung im Landtag stattfinden. Die eingegangenen Stellungnahmen werden öffentlich zugänglich auf der Internetseite des Landtags eingestellt – auch nicht aufgeforderte Menschen oder Institutionen dürfen Stellungnahmen abgeben. Die bisher vorliegenden Stellungnahmen finden sich hier. Und dies ist die Liste der geladenen Sachverständigen.
Im Anschluss wird sorgfältig ausgewertet und der vorliegende Entwurf entsprechend angepasst werden. Über die weiteren Diskussionen werde ich berichten.
Bundesteilhabegesetz – keine ermutigenden Signale vom Bund
Bezüglich einer Neuregelung oder Orientierung der Eingliederungshilfe im Rahmen eines Bundesteilhabegesetzes kommen von der Bundesregierung leider keine ermutigenden Signale. Im Gespräch mit der Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller aus dem Bundessozialministerium wurde deutlich, dass sich die Bundesregierung nicht an den Kosten der Eingliederungshilfe beteiligen will. Ein klarer Wortbruch, nachdem die Große Koalition in ihrem Vertrag anderes versprochen hat.
Zwar soll es im Bereich Arbeit für Menschen mit Behinderung das persönliche Budget geben. Aber die Schnittstellenproblematik im Pflegebereich, also Ungerechtigkeiten bei der Finanzierung von Pflege im stationären Bereich, sollen lediglich geprüft werden. Die Anrechnung von Einkommen und Vermögen auf Leistungen der Eingliederungshilfe soll zum Teil bestehen bleiben. Und der Wegfall des Mehrkostenvorbehaltes ist ebenfalls vom Tisch.
So werden Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf trotz eigenem Einkommen auch in Zukunft zu SozialhilfeempfängerInnen, sobald sie Leistungen der Eingliederungshilfe in Anspruch nehmen. Und auch in Zukunft können Ämter aufgrund des Kostenvorbehalts entscheiden, ob ein Mensch stationär oder ambulant betreut wohnen wird. Das widerspricht nicht nur den Forderungen der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), sondern auch dem Grundsatz unseres Grundgesetzes, das in Artikel 3 klar fordert: Niemand darf aufgrund einer Behinderung benachteiligt werden.
Bis Ende 2015 soll das Bundesteilhabegesetz entwickelt und bis Mitte 2016 im Bundestag und Bundesrat beschlossen werden.
Bildungs- und Teilhabepaket
Auch beim BuT (Bildungs- und Teilhabepaket) gibt es weiter Schwierigkeiten: So können Flüchtlingskinder, für die nicht zum Stichtag 1. August oder 1. Februar ein entsprechender Antrag gestellt wird, das Schulstarterpaket nicht beanspruchen. Hier muss gegebenenfalls in den Kommunen auf unbürokratische Unterstützung gepocht werden, denn in einigen Kommunen funktioniert es. Natürlich stehe ich in engem Kontakt mit unserem zuständigen Grünen Bundestagsabgeordneten Wolfgang Strengmann-Kuhn und verweise in diesem Zusammenhang auf seine Kleine Anfrage dazu an die Bundesregierung und seine Auswertung der Antwort.
Zudem steht die Erstattung des Bundes auch gegenüber den Kommunen in der Kritik. Denn das Bildungs- und Teilhabepaket ist eine Pflichtleistung des Bundes. So hat das Bundesverfassungsgericht den Bund 2010 in einem Urteil dazu verpflichtet, insbesondere Kindern und Jugendlichen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum und eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewähren. So erhalten die kommunalen Träger für die Umsetzung entsprechende Finanzmittel vom Bund. Die Höhe der Bundesmittel wird jährlich neu berechnet. Maßgeblich für die Höhe der Bundesleistungen, die die entsprechende Kommune im Folgejahr erhält, ist die Berechnung der tatsächlich verausgabten Mittel.
Allerdings werden den Kommunen die von ihnen bereits aufgewendeten Mehrleistungen nicht erstattet. So betrugen 2014 die Ausgaben der Kommunen für Bildungs- und Teilhabeleistungen rund 151,6 Millionen Euro, wovon jedoch nur 142 Millionen Euro durch den Bund erstattet wurden. Wie bereits im Jahr zuvor mussten die Kommunen und Kreise fast 10 Millionen Euro ihrer Ausgaben für Bildung und Teilhabe aus eigenen Mitteln bestreiten – dies wollen wir ändern.
Auf Grundlage eines Antrags von SPD und GRÜNEN (Drucksache 16/10073) stellt der Landtag fest, dass es erforderlich ist, einen Ausgleich für abgeschlossene Vorjahre zu schaffen. Außerdem fordert der Landtag die Landesregierung auf, sich beim Bund dafür einzusetzen, dass eine auskömmliche Finanzierung des BuT durch den Bund erfolgt. Meine Rede in der Plenardebatte vom 4. November 2015 hierzu ist auf meiner Homepage nachzulesen.
Um den Druck auf den Bund zu erhöhen, wäre es hilfreich, wenn Ihr das Thema auch bei Euch/Ihnen vor Ort in den Räten beraten werden würde. Zur Unterstützung haben wir Euch/Ihnen einen Entwurf für eine entsprechende Resolution im Anhang beigefügt.
Landesprogramm „NRW hält zusammen… für ein Leben ohne Armut und Ausgrenzung“
Mit dem Haushalt 2015 hat die rot-grüne Landesregierung ein niedrigschwelliges Förderangebot zur Verbesserung der Teilhabechancen von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien in benachteiligten Quartieren aufgelegt. Kommunen und Kreise sowie auch freie Träger und Vereine können hieraus eine Förderung erhalten. In diesem Jahr stehen für dieses Programm etwa vier Millionen Euro zur Verfügung. Im Entwurf für den Haushalt 2016 sind wiederum vier Millionen Euro für eine Weiterführung vorgesehen. Damit können Sach-, Personal- und investive Kosten mit pro Kreis bzw. kreisfreier Kommune maximal 75.000 Euro gefördert werden. Mehr Informationen unter www.nrw-hält-zusammen.nrw.de.
Zudem sind in diesem Bereich rund 1,1 Millionen Euro für „Hilfen in Wohnungsnotfällen“ und eine weitere Million Euro für das Förderprogramm „Alle Kinder essen mit“ vorgesehen, mit denen Kinder von Eltern, die trotz einer vergleichbaren finanziellen Situation keinen Anspruch nach dem BuT haben, eine Teilnahme an einer Mittagsverpflegung in Schule, KiTa oder Hort ermöglicht wird.
Förderung der Betreuungsvereine ausbauen
Es gibt Situationen, die dazu führen, dass Menschen eine gesetzliche Betreuung zur Seite gestellt bekommen. Betreuungsvereine leisten durch Beratung, Qualifizierung und Begleitung ehrenamtlicher BetreuerInnen wichtige Arbeit.
Die Förderung dieser Arbeit der Betreuungsvereine soll ausgeweitet werden. Bereits für 2015 hatten wir hierzu die Haushaltsmittel aufgestockt. Für 2016 ist vorgesehen, die Förderung auszuweiten durch die Einführung einer kombinierten Basis- und Prämienförderung, so wie wir es die Träger auch vorgeschlagen und wir auch eingefordert haben. Die Hauptaufgabe der Betreuungsvereine liegt insbesondere in der Gewinnung, Fortbildung, Beratung und Unterstützung von ehrenamtlichen BetreuerInnen. Im Entwurf zum Haushalt 2016 ist bereits eine Erhöhung um eine Million Euro auf 2,7 Millionen Euro vorgesehen.
Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche
Darüber hinaus beschäftigt uns das Thema Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit Behinderung sehr. Hier suchen wir fachübergreifend nach praktikablen Lösungen, mit denen das Problem der vielfältigen Zuständigkeiten überwunden werden kann. Hierzu planen wir eine Veranstaltung im Frühjahr 2016. Vielleicht mögen Sie sich/Ihr Euch das Datum, voraussichtlich Freitag, 4. März 2016, schon einmal im Kalender vormerken. Sobald die Planung konkreter ist, folgen genauere Informationen.
Mit grünen Grüßen und den besten Wünschen für die bevorstehende Adventszeit

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