Bundesrat beschließt Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz

Kommunalinfo

Liebe Freundinnen und Freunde,
vor drei Wochen haben wir Euch in einem Kommunalinfo über die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels und unsere Bewertung informiert. Auch danach haben wir GRÜNE wiederholte Verschärfungsversuche des Bundesinnenministers und der Union abermals abgewehrt und auch die NRW-Landesregierung hat in den Verhandlungen Schlimmeres für die Geflüchteten verhindert. Unter anderem mit der Schaffung eines Einwanderungskorridors für Menschen vom Westbalkan, der Öffnung der Integrationskurse schon während der Asylverfahren und der strukturellen finanziellen Entlastung durch den Bund wurden konkrete Verbesserungen für die Geflüchteten, die Kommunen und die Länder erreicht. Nach langer und intensiver Abwägung überwiegen daher die positiven Maßnahmen des Pakets. NRW hat daher heute im Bundesrat dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz wie fünf weitere Grün mitregierte Bundesländer zugestimmt.
In einer gemeinsamen Protokollerklärung mit Schleswig-Holstein (siehe Anlage) hat NRW aber deutlich gemacht, dass wir einige Regelungen des neuen Gesetzes sehr kritisch sehen und bedauern, dass wichtige Vorschläge zur Verfahrensbeschleunigung und zur Entlastung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nicht aufgegriffen wurden. So hätten wir uns eine Altfallregelung, die Streichung oder Aussetzung des anlasslosen Widerrufsverfahrens und die Aufnahme insbesondere syrischer Flüchtlinge durch eine schnelle Kontingentlösung gewünscht.

Verbesserungen für Geflüchtete, Kommunen und Länder sind geschafft

Eine zentrale Errungenschaft des Kompromisses für die Schutzsuchenden ist die Aufstockung und Öffnung der Integrationskurse. Schon während des Asylverfahrens können BewerberInnen und Geduldete mit guter Bleibeperspektive einen Integrationskurs besuchen. Auch wenn diese Regelung nicht für alle Flüchtlinge gilt, ist sie ein Einstieg und ein Schritt in die richtige Richtung. Denn so kann Integration von Anfang an beginnen. Dazu dient auch die Lockerung des Leiharbeitsverbots.
Die Deklarierung von Albanien, Kosovo und Montenegro zu „Sicheren Herkunftsstaaten“ halten wir GRÜNE nach wie vor für falsch. Im Gegenzug wurde dank Grünem Einsatz bei den Verhandlungen aber der Einstieg in eine neue Einwanderungspolitik geschafft. Menschen vom Westbalkan mit einem Arbeits- oder Ausbildungsplatz in Deutschland können künftig legal einwandern. Dieser Einwanderungskorridor ohne Obergrenze ist ein wichtiger Erfolg. Die Bundesregierung hat zudem zugesagt und ist nun verpflichtet, sich stärker für die Beseitigung der Fluchtursachen unter anderem auf dem Westbalkan einzusetzen. Insbesondere die Situation von Minderheiten soll dort verbessert werden. Zudem soll die Einstufung von Ländern als „Sichere Herkunftsstaaten“ regelmäßig evaluiert werden.
Mithilfe der Protokollerklärung haben wir aber hervorgehoben, dass GRÜNE und SPD in NRW sich einig sind, dass ein echtes Einwanderungsgesetz geschaffen werden muss. Denn eine geregelte und an sachgemäßen und transparenten Kriterien ausgerichtete Zuwanderung ist geeignet, den Wirtschaftsstandort Deutschland zu unterstützen und zugleich das Asylsystem zu entlasten.
Auch für die Kommunen und die Länder wurden wichtige konkrete Verbesserungen durchgesetzt. So verpflichtet sich der Bund erstmals dazu, sich ab 2016 strukturell und dynamisch an den Kosten der Unterbringung der Geflüchteten zu beteiligen. Die Bundesregierung erkennt so endlich ihre Verantwortung an. Für Entlastung in den Kommunen und bessere Wohnbedingungen vor Ort werden auch die erhebliche Aufstockung der Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau und die Zusage, weitere Bundesimmobilien und -liegenschaften  zur Verfügung zu stellen, sorgen.

NRW schöpft Freiräume des Gesetzes zugunsten der Geflüchteten aus

Schon früh haben sich SPD und GRÜNE festgelegt, dass wir in NRW unsinnige Verschärfungen nicht mitmachen. So werden wir in NRW Geflüchteten in den Landeseinrichtungen auch weiterhin Taschengeld in bar auszahlen statt sie mit hohem Verwaltungsaufwand durch die Ausgabe von Sachleistungen zu schikanieren. Es ist ein Erfolg, dass diese Regelung für die Länder nicht verbindlich eingeführt wurde und wir unsere bisherige Praxis beibehalten können. Und auch wenn es das neue Gesetz nun ermöglicht, Asylsuchende für bis zu sechs Monate und Menschen aus den „Sicheren Herkunftsstaaten“ sogar bis zum Ende ihres Verfahrens in den Landeseinrichtungen unterzubringen, werden wir dies in NRW nicht umsetzen. Eine solch lange Verweildauer in zumeist großen zentralen Einrichtungen schadet dem Zusammenleben der Geflüchteten in den Einrichtungen, senkt die Akzeptanz vor Ort und bindet zu viele der ohnehin knappen Aufnahmekapazitäten. NRW wird daher Geflüchtete nach wie vor nach maximal drei Monaten auf die Kommunen verteilen.

Bund muss für schnellere Asylverfahren sorgen

Für uns bleibt ein Schlüssel zur Entlastung der Kommunen, aber auch der Geflüchteten selbst, dass das BAMF die Asylverfahren endlich beschleunigt. Hier hat der Bund zugesagt, die Bearbeitung auf drei Monate zu verkürzen. Auf die Umsetzung dieses Ziels werden wir weiter drängen. In der heutigen Protokollerklärung hat NRW auch deutlich gemacht, dass schnellere Asylverfahren eine höhere Präventionswirkung haben als die Aufnahme weiterer Länder in die Liste der „Sicheren Herkunftsstaaten“. Die Praxis zeigt, dass es sich als wesentlich effektiver erwiesen hat, mit Rückkehrberatung und in den Herkunftsländern selbst, über die Aussichten von Asylanträgen zu informieren. Dies zeigt sich nachdrücklich an der bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt deutlich zurückgegangenen Flüchtlingszuwanderung aus Albanien und aus dem Kosovo, ohne dass diese Staaten bereits zu „Sicheren Herkunftsstaaten“ erklärt worden waren.
Die Versorgung der Menschen, die zu uns flüchten, und die Herausforderungen für die Kommunen und Länder werden auch die Politik in NRW weiter bestimmen. Wir halten Euch über Neuigkeiten wie gewohnt auf dem Laufenden.
Mit Grünen Grüßen
Mehrdad Mostofizadeh & Monika Düker

Mehr zum Thema

Geflüchtete Menschen