Monika Düker: „Wir haben für die Kommunen erstmals den Einstieg in eine tatsächliche Entlastung durch den Bund geschafft“

Unterrichtung der Landesregierung zu den Ergebnissen des Flüchtlingsgipfels

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Monika Düker (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch aus meiner Sicht ist der Flüchtlingsgipfel positiv zu werten. Die Ergebnisse, die am Ende hier stehen, lauten wie folgt:
Wir haben für die Kommunen erstmals den Einstieg in eine tatsächliche, dauerhafte strukturelle Entlastung durch den Bund geschafft.
Wir haben Integration von Anfang an angeboten. Wir haben Integrationsmöglichkeiten auch schon für Menschen im Asylverfahren geschaffen. Die Jobcenter sollen aufgestockt werden. Und das sehr erfolgreiche Programm „Early Intervention“ – also: von Anfang an zu schauen, wie man die Menschen hier integrieren kann – soll ausgebaut werden.
Der dritte Punkt, den ich für meine Fraktion noch einmal ausdrücklich hervorheben will, ist die Schaffung eines Einwanderungskorridors ausgehend von den Westbalkanländern, jenseits vom Asylsystem, damit wir für die Menschen wirklich ein Angebot haben, legale Wege ins Land zu finden.
Ja, für uns Grüne waren auch Zugeständnisse dabei – das ist völlig klar –: einige Restriktionen, sichere Herkunftsländer, Symbolpolitik, auf der die CDU bestanden hat. Das ist für uns alles nicht leicht. Aber wir werden uns im Bundesrat als regierungstragende Fraktion unserer Verantwortung stellen, dass wirksame Hilfen für die Menschen und für die Kommunen endlich ankommen. Dieser Verantwortung werden wir auch im Bundesrat gerecht werden.
Im Wesentlichen wurde hier durch Hannelore Kraft zwar hart in der Sache, liebe Hannelore Kraft, aber für die Kommunen verhandelt. Das, was herausgekommen ist, ist in erster Linie eine Entlastung für die Kommunen.
Herr Kuper, Sie sitzen da gerade so schön als kommunalpolitischer Sprecher. Bei diesem Einsatz für die Kommunen fühlten wir uns nicht gerade durch Ihre Fraktion getragen, die bei dieser Entlastung immer nur auf die Landesregierung gezeigt hat und nie in Richtung Bund. Das hätte etwas stärker kommen können; das hätte uns die Sache zumindest erleichtert.
(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)
Nicht wegen Ihrer Unterstützung, sondern trotz der CDU haben wir hier aber wichtige Dinge für die Kommunen erreichen können. Ich bin ja viel im Land unterwegs und spreche mit vielen, die zurzeit in der Flüchtlingsarbeit tätig sind. Ich erlebe Menschen – nicht nur bei den Ehrenamtlern, auch bei den Hauptamtlern –, die alle über das normale Maß weit hinaus etwas leisten: bei den Bezirksregierungen, im Innenministerium, beim Bau- und Liegenschaftsbetrieb – auch da wird eine Menge getan; in vorbildlicher Weise wird sich da richtig in die Sache reingehängt –, bei den Hilfsorganisationen, bei den Betreibern, in den Kommunen, in den Schulen, bei vielen Lehrerinnen und Lehrern und bei den Ehrenamtlern.
Herr Stamp, ich empfinde es als einen Schlag ins Gesicht für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Bezirksregierung Arnsberg, wie Sie mit billigem Bashing in Richtung Bezirksregierung versuchen, hier daraus politisches Kapital zu schlagen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])
Sie wissen vielleicht, was dort gerade los ist. Das jetzt als „BAMF von Nordrhein-Westfalen“ zu bezeichnen, finde ich richtig schäbig.
(Beifall von den GRÜNEN)
Schauen wir uns einmal an, was hier in Nordrhein-Westfalen beim Ausbau der Plätze geleistet worden ist: Ende 2012 hatten wir noch 2.000 Landesaufnahmeplätze. Wir sind jetzt, Ende 2015, bei weit über 50.000
(Minister Ralf Jäger: 57.000!)
– es werden ja jeden Tag mehr –, sogar bei 57.000 Plätzen. Das haben diese von Ihnen geschmähten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter alles geschafft. Deswegen finde ich den Vergleich mit dem BAMF nicht in Ordnung.
Bei den Landesmitteln gilt das analog: Hatten wir 2012 noch 100 Millionen € für die Flüchtlingsunterbringung vom Land im Einzelplan 03 aufgewandt, sind es jetzt über 1,7 Milliarden €. Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier wird vonseiten des Landes nicht gekleckert, hier wird geklotzt. Hier ist ein unheimliches Engagement in der Sache bei jedem Mitarbeiter und jeder Mitarbeiterin vorhanden. Ihnen gilt heute auch unsere Wertschätzung, und zwar jenseits von parteipolitischem Gezänk.
(Beifall von den GRÜNEN)
Trotz und alledem – ich sage das hier auch ganz klar für meine Fraktion – wird es, wenn der kontinuierlich hohe Anstieg weiter in bisheriger Geschwindigkeit erfolgt – die Zahlen verdoppeln sich von einer Woche zur nächsten –, in den Ländern und den Kommunen zurzeit niemand schaffen – Sie können auch nicht behaupten, dass andere Bundesländer das im Augenblick besser können –, die nötige Infrastruktur so schnell aufzubauen – das betrifft sowohl die Integrationsstruktur als auch die Aufnahmeinfrastruktur –, dass man absehbar – ich gebrauche diesen schönen Begriff – „vor die Lage kommt“.
Diese Situation werden wir, wenn das in dieser Geschwindigkeit weitergeht, so schnell nicht herbeiführen können. Ja, wir haben – das muss man so sagen – einen Krisenmodus bzw. ein Krisenmanagement. Wenn es aber mit diesen Anstiegen so weitergeht, werden wir da so schnell nicht herauskommen.
Doch was folgt denn vonseiten der Politik auf Grundlage einer realistischen Bewertung, die alle immer einfordern?
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Ihre Redezeit, Frau Kollegin!
Monika Düker (GRÜNE): Da fordern wir doch alle zu Recht Lösungen. Und was kommt vom Bund? Das Gesetz ist bislang weder im Bundestag noch im Bundesrat verabschiedet worden, aber als Erstes kommt eine neue Abschreckungs- und Schikanepolitik: Grenzverfahren, Zurückweisung und das Festhalten an einem alten System, das sich Dublin III nennt.
Herr Herrmann sagte heute Morgen – wir konnten es vernehmen – im „Morgenmagazin“: „Unser Ziel ist es, europäischem Recht Geltung zu verschaffen“. – Und das europäische Recht heißt Dublin III.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses System ist gescheitert! Das Festhalten an gescheiterten Strukturen bringt uns doch nicht weiter, sondern nur der Blick nach vorne, wie wir hier in Europa ein funktionierendes neues System etablieren können. Es kann nicht sein, dass der Asylsuchende …
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Frau Kollegin, bitte!
… dann in dem Land der Europäischen Union, in das er einreist, auch bleiben muss. Damit hat sich Deutschland lange genug einen schlanken Fuß gemacht. Das wird nicht zulasten der Länder an der europäischen Grenze so weitergehen.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Frau Kollegin, ich bitte Sie sehr herzlich, jetzt zum Ende zu kommen. Ihre Redezeit ist …
Monika Düker (GRÜNE): Ich hatte hier keine Redezeit angezeigt. Deswegen war es schwierig, …
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Ich habe es Ihnen jetzt zweimal gesagt. Sie haben sehr deutlich überzogen.
Monika Düker (GRÜNE): Deswegen bitte ich uns alle, hier realistisch zu bleiben, aber auch tatsächlich Lösungen nach vorne zu entwickeln – nicht neue Symbolpolitik und Scheinlösungen, die niemandem weiterhelfen. – Danke schön.
(Beifall von den GRÜNEN)

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