Dr. Ruth Seidl: „Künftig muss auch über abgeschlossene Forschungsvorhaben, die mit Drittelmitteln finanziert wurden, regelmäßig und öffentlich informiert werden.“

Antrag der Piraten zu Informationsfreiheit

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Dr. Ruth Seidl (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich noch einmal die Faktenlage schildern: Wir haben am 11. September 2014 nach einer sehr intensiven Debatte – das wissen wir alle – mit Hochschulvertretern, aber auch mit der Wirtschaft und den Unternehmen das Thema „Drittelmitteltransparenz“ ins Hochschulgesetz aufgenommen und vom Parlament verabschiedet. Das ist jetzt kein ganzes Jahr her.
Um es ganz deutlich zu sagen: Dabei haben wir versucht, die Hardliner-Positionen auf beiden Seiten in eine vernünftige Balance zu bringen – ob vollständige Alleinverantwortung und Interpretationshoheit auf der einen Seite oder bedingungslose Offenlegung von Forschungskooperation auf der anderen Seite.
Wer nicht sehen will, dass wir uns hier in einem Spannungsfeld befinden, nämlich zwischen dem legitimen gesellschaftlichen Anspruch auf Transparenz und dem ebenfalls berechtigten Interesse auch der Unternehmen nach Wahrung ihres geistigen Eigentums, der hat den Anschluss an eine gesellschaftspolitische Diskussion verpasst, die im vergangenen Jahr außerordentlich differenziert geführt worden ist.
Das Ergebnis im HZG heißt in jedem Fall: mehr Transparenz.
Künftig muss auch über abgeschlossene Forschungsvorhaben, die mit Drittelmitteln finanziert wurden, regelmäßig und öffentlich informiert werden. Die Rechte Dritter bleiben aber entsprechend dem Informationsfreiheitsgesetz gewahrt. Vor diesem Hintergrund hat jetzt auch das Oberverwaltungsgericht NRW seine Entscheidung in Sachen Forschungsvereinbarung zwischen der Uni Köln und der Bayer Pharma AG getroffen. Hier heißt es – ich zitiere –:
„Der Gesetzgeber habe bei der Ausgestaltung der Informationsfreiheit gerade auch im Verhältnis zur Wissenschaftsfreiheit einen weiten Gestaltungsspielraum. Diesen habe er verfassungskonform ausgefüllt.
An der Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs. 3 IFG NRW bestünden keine Bedenken.“
Ich frage mich also, Herr Dr. Paul, was Ihre Intention ist. Wollen Sie die gerade abgeschlossene Debatte über den Transparenzparagrafen im HZG neu entfachen? Wir kennen die Diskussion alle. Wollen Sie sich einseitig auf die Seite der Drittmittelgegner schlagen? Und/oder wollen Sie möglicherweise aus unserer Sicht wichtige Kooperationen in der Drittmittelforschung gefährden, was Sie damit auch tun würden?
Ihr Antrag scheint mir aber eher ein schlecht gelungener populistischer Versuch zu sein, sich das Thema „Transparenz“ auf die Piratenfahne zu schreiben, denn mit einer vernünftigen Abwägung des Interessenausgleichs hat er nichts gemein.
Die Hochschulleitungen und die Wirtschaft, die anfangs gegen den neuen § 71a im Hochschulgesetz Sturm gelaufen sind, haben sich doch inzwischen mit dem Thema „Transparenz“ bei der Drittmittelforschung arrangiert, auch deshalb, weil wir eine vernünftige Lösung gefunden haben. So heißt es in einer Stellungnahme der Landesvereinigung der Unternehmensverbände vom 2. Mai 2014 – ich zitiere Teile daraus –:
„Die enge Kooperation der Hochschulen mit externen Partnern, insbesondere aus der Wirtschaft, ist für eine hochwertige Hochschullandschaft essentiell. …
Umso wichtiger ist es, diese Kooperationen nicht durch zusätzliche Hürden zu erschweren und damit aufs Spiel zu setzen. Bei Regelungen zur Transparenz solcher Kooperationen ist daher zu beachten, dass Forschungsvorhaben häufig sehr sensible Bereiche betreffen und eng mit Betriebsgeheimnissen verbunden sind. Innovationsvorsprünge, die so erreicht werden, müssen geschützt werden. Wer mit Forschungsinvestitionen innovative Produkte und Prozesse entwickelt, darf nicht in Gefahr laufen, dass Wettbewerber diese Innovation durch Veröffentlichungen einfach ‚abgreifen‘. Mit dem Regierungsentwurf ist hierzu eine sachgerechte Regelung gefunden, die zu begrüßen ist.“
Ich finde, auch diese Betrachtungsweise darf man nicht einfach ausblenden, Herr Paul, bei allem Verständnis für ein höchstmögliches Maß an Transparenz und auch Information.
Das aktuelle Hochschulgesetz bringt aus unserer Sicht beide Interessenlagen miteinander in Einklang.
Aber ich finde, wir sollten die jetzt gefundene Transparenzregelung vielleicht nach einem angemessenen Zeitraum noch einmal evaluieren und prüfen, ob sie gewünschte Wirkung entfaltet. Wir könnten dann im Ausschuss über die konkreten Ergebnisse gemeinsam beraten. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)