Arif Ünal: „Neutralität und Unabhängigkeit sind wesentliche Grundvoraussetzungen für eine gute Vertrauensbasis“

Antrag von SPD und GRÜNEN für eine unabhängige Patientenberatung

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Arif Ünal (GRÜNE): Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir sind uns sicher einig in der Beurteilung, dass es zur Förderung der Selbstbestimmung von Patientinnen und Patienten im Gesundheitswesen auch neutraler und unabhängiger Beratungsangebote bedarf.
Vor 25 Jahren sind die ersten unabhängigen Beratungsstellen für Patientinnen und Patienten in Deutschland gegründet worden. Seither sind bundesweit 21 Beratungsstellen entstanden. Ab 2001 wurde die Arbeit der unabhängigen Patientenberatungsstellen im Rahmen einer Modellförderung finanziert. Die Beratungsstellen der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland sind seither zu einer wichtigen, nicht mehr wegzudenkenden Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen geworden. Sie bieten kompetente, neutrale, kostenfreie, vor allem aber unabhängige Beratung. Natürlich wird die unabhängige Beratung nachgesucht, wenn Probleme mit den Kassen oder bei der Behandlung auftreten.
Seit 2011 ist die unabhängige Beratung als Regelaufgabe im Sozialgesetzbuch V verankert. Die Bundesregierung selbst hat in ihrem Erfahrungsbericht vom 15. April 2013 der Unabhängigen Patientenberatung eine hohe Beratungsqualität bescheinigt.
Die Überraschung war dann sehr groß, dass nun diese höchst sensible Aufgabe nicht mehr diejenigen weiterführen sollen, die nachweislich eine allseits gelobte unabhängige Beratung angeboten haben, sondern ein Callcenter. Auf Betreiben des Bundespatientenbeauftragen Herrn Laumann hat bei der Auswahl die Firma Sanvartis den Zuschlag für die kommenden sieben Jahre erhalten. Mitglieder des Beirats der Unabhängigen Verbraucher- und Patientenberatung, der bei der Vergabe beratend einbezogen werden müssen, haben gegen dieses Auswahlverfahren protestiert und die Auswahlentscheidung scharf kritisiert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Neutralität und Unabhängigkeit der Patientinnen- und Patientenberatung sind wesentliche Grundvoraussetzungen für eine gute Vertrauensbasis bei den Menschen, die die Beratungsstelle aufsuchen. Der Gesetzgeber hat in § 65b Abs. 1 Satz 2 SGB V festgeschrieben, dass der GKV-Spitzenverband auf den Inhalt oder den Umfang der Beratungstätigkeiten keinen Einfluss nehmen darf.
Deshalb dürfen nur Einrichtungen zur Verbraucher- und Patientenberatung gefördert werden, die neutral und unabhängig sind. Aber gerade dieser wichtige Grundsatz der Unabhängigkeit wird mit den Füßen getreten, wenn ein Callcenter die Arbeit übernehmen soll, das bisher in engen Geschäftsbeziehungen zu vielen Krankenkassen und Pharmafirmen steht. Ein Unternehmen, das bisher seine Einnahmen zum größten Teil über Geschäftsbeziehungen zu den Krankenkassen erwirtschaftet hat, ist alles andere als unabhängig. Ziel dieser unabhängigen Beratung ist es doch gerade, Patientinnen und Patienten in deren eigenem Interesse zu beraten und zu stärken, unabhängig von möglichen Interessen der Kostenträger oder Leistungserbringer.
Neutralität und Unabhängigkeit der Patientinnen- und Patientenberatung in Deutschland müssen sichergestellt sein. Auch wenn wir als Land keine formalen Einflussmöglichkeiten auf die Ausschreibungs- oder Vergabeverfahren haben, sollten wir gemeinsam dafür eintreten, dass Neutralität und Unabhängigkeit als eine Grundvoraussetzung für die Patientenberatung sichergestellt werden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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