Josefine Paul: „Das Mindestlohngesetz erstreckt sich nicht auf das Ehrenamt“

Antrag der FDP zum Ehrenamt im Sport

Portrait Josefine Paul

Josefine Paul (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war ja bislang eine recht kurzweilige Debatte. Bei dem doch eher sperrigen Thema hätte ich gar nicht damit gerechnet, dass wir da zu einer derart emotionalen Debatte kommen.
Nichtdestotrotz will ich als Vorbemerkung – bevor wir dann zum Sport kommen – einmal festhalten, dass es eine große Errungenschaft ist, dass wir seit dem 1. Januar 2015 ein Mindestlohngesetz haben. Darüber, ob die Höhe von 8,50 € angemessen ist, lässt sich diskutieren, aber hier ist vielleicht nicht der richtige Ort dafür.
Und – wenn Sie mir diese kleine Spitze in Richtung FDP erlauben –: Ich glaube, die Erfahrung hat gezeigt, dass die regulative Kraft des Marktes eben nicht ausreicht, um verantwortungsvolle Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik zu ersetzen. Deshalb war die Initiative richtig, und deshalb ist auch das Mindestlohngesetz so in seiner Form erst einmal richtig.
(Beifall von den GRÜNEN)
Herr Müller hat es schon aufgegriffen: Das Ministerium hat im Sportausschuss in der Sitzung am 3. März 2015 einen von Ihnen beantragten Bericht vorgelegt, in dem noch einmal klargestellt wird, dass – so der Bericht – die Pflicht zur Zahlung eines Mindestlohns dann gegeben ist, wenn es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, nicht aber, wenn ein Ehrenamt vorliegt.
Das Mindestlohngesetz erstreckt sich nicht auf das Ehrenamt. Insofern hat Herr Bischoff sicherlich recht, wenn er sagt, dass es in Ihrem Wortbeitrag, Herr Dr. Kerbein, eine etwas unglückliche Vermischung von Ehrenamt und zu bezahlenden Tätigkeiten, die unter das Mindestlohngesetz fallen würden, gegeben hat.
„Ehrenamt“ heißt dabei aber nicht, dass es nicht auch eine adäquate Aufwandsentschädigung geben dürfte. Das Mindestlohngesetz bezieht sich auch nicht auf den Bereich, in dem Übungsleiterpauschalen und dergleichen gezahlt werden. Das kann auch weiterhin in der Art und Weise durch die Vereine gemacht werden. Da kommt auch kein von Ihnen wieder mal angeprangerter „bürokratischer Mehraufwand“ hinzu.
Also: Ehrenamtliche Tätigkeiten fallen gerade deshalb nicht unter das Mindestlohngesetz, weil eben nicht die Erwartung einer adäquaten monetären Gegenleistung im Vordergrund steht, sondern das Engagement für das Gemeinwohl.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Dr. Kerbein, wir sind da völlig einer Meinung: Vereine und ehrenamtlich Tätige in diesen Vereinen sind ein wichtiger Baustein unserer Gesellschaft – ohne jede Frage. Es geht in diesem Zusammenhang ja nicht in erster Linie um den schnöden Mammon, sondern es geht um das Engagement und die Verantwortung für das Gemeinwohl. Daran – das will ich doch noch einmal unterstreichen – ändert das Mindestlohngesetz erst einmal rein gar nichts. Es drangsaliert in dieser vorliegenden Form auch nicht den organisierten Sport.
Klar ist aber ebenso: Auch der Sport hat eine gesellschaftliche Verantwortung zur adäquaten Bezahlung da, wo reguläre Beschäftigungsverhältnisse bestehen.
(Beifall von Eva Voigt-Küppers [SPD])
Dann fallen Tätigkeiten im Sport selbstverständlich unter das Mindestlohngesetz. Also: Wenn beispielsweise in der Verwaltung eines Vereins jemand auf Minijobbasis die Arbeit dort unterstützt, dann liegt hier ein Arbeitsverhältnis vor, und das fällt selbstverständlich un-ter das Mindestlohngesetz. Das ist auch richtig so.
Wer allerdings eine Jugendmannschaft trainiert und dafür eine Übungsleiterpauschale er-hält, tut dies in den allermeisten Fällen – das ist auch vollkommen unstrittig – ehrenamtlich. Das ist durch andere gesetzliche Vorgaben – wie zum Beispiel Steuerfreibeträge – geregelt und fällt gerade nicht unter das Mindestlohngesetz.
(Zuruf von Dr. Björn Kerbein [FDP])
Das kann sogar ein und dieselbe Person sein, wenn beide Tätigkeiten klar voneinander ge-trennt sind. Denn eines muss auch klar sein: Die Deklarierung als Ehrenamt darf nicht dazu führen, dass das Mindestlohngesetz bei eigentlichen Erwerbsbeschäftigungen unterlaufen wird.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Auch die sogenannten Vertragsamateure fallen erst mal grundsätzlich nicht unter das Mindestlohngesetz. Ich will aber trotzdem zugestehen, dass es hier eine Grauzone gibt.
(Zuruf von Dr. Björn Kerbein [FDP])
Deswegen bedarf es hier einer Einzelfallprüfung. Denn in vielen Fällen ist nicht ganz trenn-scharf zu unterscheiden, ob jemand die Tätigkeit in erster Linie als sportliche Betätigung sieht oder aus Spaß an der Freude ausübt, oder ob hier tatsächlich schon in erster Linie eine Betätigung zum Broterwerb vorliegt. Deswegen ist es richtig, dass wir weiterhin eine Einzelfallprüfung brauchen.
Aber ich glaube, das ist auch nicht das Kernstück, über das Sie sich auslassen wollten. Vielmehr – diese Bemerkung werden Sie mir auch erlauben – waren in Ihrem Antrag wieder allerlei Versatzstücke gegen den Mindestlohn enthalten. Es wird also wieder das Bürokratiemonster ausgerufen und dass die Sportvereine drangsaliert werden sollen.
(Beifall von Eva Voigt-Küppers [SPD])
Wenn aber kein Mindestlohn gezahlt werden muss, wird auch niemand drangsaliert, weil es keine Dokumentationspflichten gibt.
Kollege Bischoff hat es schon dargestellt: Sie sind grundsätzlich gegen das Mindestlohngesetz, und jetzt muss auch noch der Sport herhalten, um hier diese Debatte noch mal zu führen. – Ich glaube, dass wir gut daran tun, das Mindestlohngesetz und die durchaus bestehenden Grauzonen weiter im Ausschuss zu verfolgen.
Wir sollten aber ein Stück weit abrüsten, was die Ideologisierung angeht. Der Mindestlohn ist da; das ist gesellschaftlich erst mal gut. Das Ehrenamt ist eine gesellschaftspolitisch wichtige Aufgabe, keine Frage; es ist nach meiner Auffassung jedoch vom Mindestlohngesetz erst mal nicht erfasst. Die Grauzonen werden wir sicherlich im Ausschuss miteinander debattieren. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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