Dagmar Hanses: „Das ist das größte Investitionsprogramm im Strafvollzug in Europa, das mir bekannt ist“

Antrag der CDU zum Strafvollzug

Dagmar Hanses (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns liegt ein CDU-Antrag vor, in dem behauptet wird, der Strafvollzug in Nordrhein-Westfalen stünde vor einem Kollaps.
Kollaps? Vielleicht hat die CDU Angst vor Ohnmacht. Vielleicht hat die CDU Kreislaufprobleme.
(Heiterkeit von den GRÜNEN)
Vielleicht wird der CDU ganz schwarz vor Augen.
(Heiterkeit von den GRÜNEN und Dietmar Schulz [PIRATEN])
Das mag alles sein. – Fakt ist: Der Strafvollzug in Nordrhein-Westfalen ist stabil wie nie.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Wir haben den Strafvollzug in Nordrhein-Westfalen seit Regierungsübernahme kontinuierlich gestärkt. Wir haben das Ganze gesetzlich, konzeptionell und haushalterisch nachvollzogen und mit entsprechenden finanziellen Mitteln hinterlegt. Mit der neuen gesetzlichen Aufstellung des Strafvollzugs und auch im Vorfeld des Strafvollzugsgesetzes – selbstverständlich gehören auch die Sicherungsverwahrung, der Jugendarrest und die Untersuchungshaft dazu; das alles müssen wir mitdenken, Herr Kollege Kamieth – haben wir ein klares Bekenntnis für einen aktivierenden Behandlungsvollzug mit dem Ziel der Resozialisierung abgegeben.
Der Strafvollzug hat mit unserer Landesregierung und den sie stützenden Fraktionen eine Lobby. Ja, wir schätzen die Arbeit der 8.500 Beschäftigten, die sich Tag und Nacht für die durchschnittlich aktuell 15.700 Gefangenen in 36 Hafteinrichtungen einsetzen. Und es ist ein richtig gutes Zeichen für unser Land, dass die Gefangenenzahlen seit 2006 kontinuierlich zurückgehen.
Ihre wirren Phantasien haben nichts, aber auch gar nichts mit der Realität zu tun. Ihre Zahlen sind mit nichts zu hinterlegen. Lag die Durchschnittsbelegung noch 2006 bei 17.711 Gefangenen, so lag sie im Jahr 2014 bei 15.752 Gefangenen. Allein von 2013 auf 2014 ist die Durchschnittsbelegung um 498 Personen gesunken.
In der Tat: Wir besuchen Einrichtungen. Wenn wir uns in einzelnen Haftanstalten umhören, stellen wir fest, dass es schon mal Spitzen gibt. Selbstverständlich existiert ein Unterschied zwischen Haftplätzen und Personen sowie Hafträumen. Diese Differenzierung habe ich von Ihnen schon erwartet.
Sie wissen auch, dass es Gründe gibt, dass sich Personen manchmal ausdrücklich wünschen, in Gemeinschaftshafträumen untergebracht zu werden. Das ist insbesondere der Fall, wenn wir uns die Situation von Frauen anschauen. Wir haben auch oft im Rechtsausschuss darüber gesprochen, dass es für suizidgefährdete Personen besonders wichtig ist, sie zu Beginn, in der kritischen Phase der Aufnahme, gemeinsam unterzubringen.
Ich war auch in Duisburg-Hamborn und habe dort mit den Beschäftigten gesprochen. Sie sorgen sich eher darüber, ob sie bis zum Termin der Schließung die qualifizierten Kolleginnen und Kollegen halten können. Ich war auch in dieser kleinen Perle, der Zweiganstalt Coesfeld, in der die Beschäftigten einen besonderen Spirit pflegen. Ich bin mir sicher, dass sie diese Haltung und Fachlichkeit auch mit nach Münster und mit in andere Hafteinrichtungen nehmen können. Das ist uns besonders wichtig.
Diese qualifizierte und engagierte Arbeit, die dort geleistet wird, hat einen hohen Stellenwert. Es gehört selbstverständlich zusammen: das Strafvollzugsgesetz, die Haushaltshinterlegung und unser Justizvollzugsmodernisierungsprogramm, mit dem wir dem Gesetz Rechnung tragen und den Gebäudebestand aus drei Jahrhunderten einer Prüfung unterziehen. Das ist das größte Investitionsprogramm im Strafvollzug in Europa, das mir bekannt ist.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Ich hoffe, dass die CDU ihren Kreislauf wieder in Schwung bekommt und sie damit nicht selbst vor einem Kollaps steht. Der Strafvollzug in Nordrhein-Westfalen steht es jedenfalls nicht. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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