Rechtssicherheit bei Verpflichtungserklärung schaffen – Engagement anerkennen.

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sachverhalt

Mit Ausbrechen des Bürgerkrieges in Syrien wurden große Teile der Bevölkerung vertrieben oder mussten aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzung zur Rettung ihres eigenen Lebens fliehen. Nordrhein-Westfalen hat bereits frühzeitig Verantwortung übernommen und durch die Landesaufnahmeprogramme gemeinsam mit anderen Ländern einen Weg eröffnet, dass Familien ihre Angehörigen auf legalem Weg nach Deutschland kommen lassen können. Inzwischen liegen ca. 31.500 Anträge vor, die kontinuierlich abgearbeitet werden. Mehr als 1.700 syrische Flüchtlinge konnten bisher nach NRW einreisen. Über 6000 Visa sind bereits erteilt worden.
Voraussetzung für die Aufnahme im Rahmen des Landesaufnahmeprogramms ist die Verpflichtungserklärung durch Familien oder Dritte, für den Lebensunterhalt der aufzunehmenden Person aufzukommen. Von der Verpflichtungserklärung ausgenommen ist die Übernahme von Krankheitskosten, was eine deutliche Entlastung für die Verpflichtungsgeber darstellt. Dennoch hat sich gezeigt, dass die dauerhafte Übernahme der Kosten des alltäglichen Lebens für ihre Verwandten für viele Verpflichtungsgeber eine hohe finanzielle Belastung darstellt. Viele Menschen, die im Rahmen des §23 Absatz 1 AufenthG nach NRW gekommen sind haben daher einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter gestellt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat viele Anträge positiv beschieden. Das ist zu begrüßen.
Die Landesregierung Nordrhein-Westfalens vertritt gemeinsam mit der großen Mehrheit der Sozialminister_innen und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung die Auffassung, dass die Verpflichtungserklärung auf den Zeitrahmen bis zur Herstellung eines eigenständigen Rechtsstatus als anerkannte_r Asylberechtigte_r bzw. Flüchtling zu begrenzen ist.
Das ist auch Beschlusslage der Integrationsministerkonferenz. Ein entsprechender Antrag: „Syrische Flüchtlinge nach Asylanerkennung – Begrenzung der Verpflichtung zur Lebensunterhaltssicherung durch Verwandte“ ist von NRW eingebracht und von der 10. IntMK am 25./26.  März dieses Jahres in Kiel beschlossen worden.
In Verbindung damit, hat der nordrhein-westfälische Innenminister seine Rechtsauffassung den Ausländerbehörden mit Erlass vom 24.04.2015 mitgeteilt, welche durch die Beschlusslage der Integrationsministerkonferenz unterstützt wird. Danach entfalle die Haftung aus einer im Rahmen des Landesaufnahmeprogramms abgegebenen Verpflichtungserklärung, sobald die aufgenommenen Personen eine Aufenthaltserlaubnis als Asylberechtigte oder anerkannte Flüchtlinge erhalten.
Die Bundesregierung vertritt ungeachtet dessen die Auffassung, die Verpflichtungserklärung gelte auf Dauer und damit auch über den Zeitpunkt einer Anerkennung als Asylberechtigte_r bzw. Flüchtling und mit der damit einhergehenden aufenthaltsrechtlichen Titelerteilung hinaus, da es an einem Wechsel des Aufenthaltszwecks fehle. Im Ergebnis führt diese Rechtsauffassung dazu, dass der Bund die Mittel für SGB-Leistungen, auf die Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge Anspruch haben, einspart. Damit sucht der Bund letztlich seine finanzielle Entlastung zu Lasten der  Verpflichtungsgeber_innen. Ferner führt die Haltung der Bundesregierung zu einer extremen Dauerbelastung für die aufnehmenden Familien und Dritte, welche so in eine Haftungsschleife gedrängt werden und bekräftigt nicht die humanitäre Aufnahme, sondern bewirkt eine Schwächung.

Der Landtag stellt fest:

Das Landesaufnahmeprogramm ist ein erfolgreiches Instrument in der humanitären Verantwortung des Landes, da es syrischen Flüchtlingen ermöglicht, im Wege einer Verpflichtungserklärung durch Angehörige oder Dritte vor den kriegerischen Auseinandersetzungen und dem Terror in ihrem Heimatland Schutz zu suchen.
Die finanzielle, soziale und emotionale Hilfsbereitschaft und Verantwortungsübernahme der Angehörigen von syrischen Flüchtlingen, die eine Verpflichtungserklärung abgegeben haben, erkennen wir ausdrücklich an.
Die Übernahme der Sozialhilfekosten durch den Bund muss bei syrischen Flüchtlingen, die im Rahmen des Landesaufnahmeprogramms nach Deutschland gekommen sind und bei denen eine Anerkennung als Asylberechtigte_r oder Flüchtling erfolgt ist, wie bei allen Asylberechtigten und anerkannten Flüchtlingen erfolgen.

Der Landtag beschließt:

Die Rechtsauffassung des Ministeriums für Inneres und Kommunales Nordrhein-Westfalen, wonach die Geltungsdauer der im Zusammenhang mit dem Landesaufnahmeprogramm abgegebenen Verpflichtungserklärung mit der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach erfolgreichem Asylverfahren endet, wird unterstützt.
Die Landesregierung wird aufgefordert, sich bundesweit und im Rahmen einer Bundesratsinitiative für eine Umsetzung des Beschlusses der Integrationsministerkonferenz (IntMK) und die Anerkennung der in Punkt 1 genannten Rechtsauffassung einzusetzen.