Martina Maaßen: „Wir brauchen letztendlich einen inklusiven Arbeitsmarkt“

Antrag von SPD und GRÜNEN für einen dauerhaften sozialen Arbeitsmarkt

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Martina Maaßen (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die allgemeine Entwicklung am Arbeitsmarkt ist erfreulich. Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der Arbeitsmarktpolitik ein Paradigmenwechsel notwendig ist. Der Arbeitsmarkt bleibt gespalten, die Verlierer sind die Langzeitarbeitslosen.
Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat in ihrer Regierungszeit rund 40 % bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik gekürzt. Dadurch sind ausgerechnet diejenigen durch den Rost gefallen, die besonderer Unterstützung bedürfen. Bundesweit gelten mehr als 430 Personen als arbeitsmarktfern. Sie sind in den vergangenen Jahren von der regierenden Bundespolitik schlichtweg – ich sage: bewusst – vergessen worden. Eine dauerhafte Exklusion dieser Menschen aus dem Erwerbsleben und letztendlich aus unserer Gesellschaft wurde hier bewusst in Kauf genommen.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die Folge ist eine massive Verhärtung der Langzeitarbeitslosigkeit im Grundsicherungssystem.
Meine Damen und Herren, der arbeitsmarktpolitische Aufbruch für die Abgehängten muss endlich kommen,
(Beifall von den GRÜNEN)
und das geht nur mit einem verlässlichen sozialen Arbeitsmarkt. Hierdurch können Arbeitslose mit besonders schweren Problemen wieder Zugang zum Arbeitsmarkt finden, und zwar schrittweise, individuell und nachhaltig. Wir brauchen „normale“ Beschäftigung, die nicht zusätzlich ist, die allen offensteht und mit der die Menschen gefördert werden können, die geringe Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Es darf nicht weiter an den Lebenslügen der öffentlichen Beschäftigung, der Zusätzlichkeit des öffentlichen Interesses und der Wettbewerbsneutralität festgehalten werden.
Dies müssen wir aufbrechen. Wir brauchen letztendlich einen inklusiven Arbeitsmarkt, keine Versäulung und keine ausgeprägte Trennung zwischen behinderten Menschen und nichtbehinderten langzeitarbeitslosen Menschen.
Wir Grüne wollen einen sozialen Arbeitsmarkt als Baustein eines inklusiven Arbeitsmarktes schaffen. Der soziale Arbeitsmarkt ist ein Förderinstrument eines Spektrums ineinandergreifender Fördermöglichkeiten. So haben auch Arbeitsgelegenheiten als niederschwelliges Angebot weiterhin ihre Berechtigung.
Aber worauf wir abzielen müssen und was wir auch brauchen, sind sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen mit öffentlicher Förderung, und zwar über zwei Jahre hinaus. Dies ist für uns Grüne der nächste Schritt.
(Beifall von den GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, ein sozialer Arbeitsmarkt schafft neue Lebensperspektiven. Langzeitarbeitslose Menschen, die bislang gesellschaftlich ausgegrenzt waren, erfahren soziale Teilhabe. Sie erfahren, dass sie gebraucht werden. Sie haben wieder mehr Selbstsicherheit. Ihre Selbstachtung steigt. Sie haben wieder mehr soziale Kontakte. Ihre soziale Isolation schwindet.
Da, wo Grüne regieren, geht es schon in die richtige Richtung: bei uns in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg mit den schon bestehenden Landesprogrammen. In Hessen haben sich die Koalitionspartner Grüne und CDU auf einen Einstieg in einen sozialen Arbeitsmarkt geeinigt; das Gleiche gilt im rot-grünen Hamburg.
Leider sind den Bundesländern Grenzen gesetzt. Nur wenn wir auch auf Bundesebene den Passiv-Aktiv-Transfer umsetzen, kann es einen flächendeckenden sozialen Arbeitsmarkt geben, auf dem dauerarbeitslose Menschen nicht mehr ausgegrenzt werden.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen eine bundesweite Lösung. Wir brauchen einen gesetzlich verankerten sozialen Arbeitsmarkt. Wir brauchen einen sozialen Arbeitsmarkt mit einem Passiv-Aktiv-Transfer. Passive Transferleistungen fließen ein als Zuschuss zum Arbeitsentgelt für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Wir brauchen einen sozialen Arbeitsmarkt, der frei ist von praxisuntauglichen Förderkriterien wie Zusätzlichkeit, Wettbewerbsneutralität und öffentliches Interesse.
(Beifall von den GRÜNEN)
Wir brauchen einen sozialen Arbeitsmarkt mit marktgängiger Beschäftigung. Und wir brauchen einen sozialen Arbeitsmarkt, der für alle Tätigkeiten bei allen Arbeitgebern offen ist. Entscheidend ist ein lokaler Konsens der relevanten Arbeitsmarktakteure vor Ort. Wir brauchen einen sozialen Arbeitsmarkt über eine Förderdauer von zwei Jahren hinaus.
Es ist eine Grundsatzentscheidung notwendig, vor der wir auch heute hier stehen: Wollen wir langzeitarbeitslose Menschen dauerhaft mit passiven Transferleistungen stilllegen, oder wollen wir eine Arbeitsmarktpolitik, die sich an Teilhabe orientiert? Wir Grüne wollen Teilhabe. – Vielen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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