Dr. Birgit Beisheim: „Eine Umschichtung dieser Handwerkerleistungen bedeutet nicht, dass das Handwerk nicht unterstützt wird“

Antrag der CDU zur Absetzbarkeit von Handwerkerleistungen

Dr. Birgit Beisheim (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Gewährung des Steuervorteils bzw. die Aufstockung insgesamt fallen in Zeiträume, als solche Steuervorteile bzw. die Förderung sehr sinnvoll waren.
Ich will nur daran erinnern, dass wir 2009 ohne diese pragmatische und schnelle Anpassung des Kurzarbeitergeldes mit wirklich verheerenden Folgen in der Finanzkrise zu rechnen gehabt hätten. Deshalb war und ist es immer sinnvoll und richtig, zu gegebener Zeit auch Förderungen, die darauf abzielen, die Wirtschaftskraft zu erhalten, politisch auf den Weg zu bringen. Gleichzeitig ist es richtig, darüber nachzudenken, wann der Zeitpunkt gekommen ist, diese Förderung zurückzunehmen, bzw. wann das Ziel erreicht ist, das man sich vorgenommen hatte.
Aus meiner Sicht ist daher – Herr Spiecker hat darauf hingewiesen – dieser Antrag sicherlich auch als Verstärkung für den guten und wichtigen Antrag zur Handwerks-Enquete anzusehen. Aber letzten Endes hätte es dieser Form der Kompetenzunterstreichung der FDP nicht gebraucht, weil der Antrag aus meiner Sicht reichlich misslungen ist.
Die Möglichkeit des Steuerabzugs ist eine sehr populäre Subvention. Deshalb muss man darüber nachdenken, in welcher Form man sie eventuell Veränderungen unterwerfen muss, bzw. ob man sie schlichtweg überhaupt noch braucht. Ich erinnere nur einmal an einen Bericht des Bundesrechnungshofs aus dem Jahr 2011, der zu der Einschätzung kam, dass 70 % der geprüften Fälle von Handwerksleistungen Steuerermäßigungen für Dinge betrafen, die sowieso gemacht worden wären, die der Steuerpflichtige also gar nicht hätte vermeiden können. Oder es ging um Arbeiten, die aus Gründen der Betriebssicherheit notwendig gewesen sind.
Auch wurden 30 % der haushaltsnahen Dienstleistungen letzten Endes so indiziert, dass es hieß: Auch diese Leistungen hätten so oder so erbracht werden müssen, es gibt keinen positiven Effekt aus dieser Gewährung des Steuervorteils. Ähnliche Einschätzungen gab es aus einer Studie, die die Universität Freiburg auf den Weg gebracht hat. Darin heißt es auch, dass letzten Endes 90 % der Haushalte, die das Privileg nutzten, die Handwerker auch ohne steuerlichen Anreiz legal beauftragt hätten.
Bei allen positiven Effekten, die dieser Steuervorteil für die Handwerker und Handwerkerinnen in Nordrhein-Westfalen hat, ist auch darüber nachzudenken, dass man sicherlich Mitnahmeeffekte ausschließen muss. Pressemitteilungen und den Debatten im letzten Jahr war zu entnehmen, dass es zudem einen beträchtlichen Aufwand bei der Abarbeitung der Ansprüche der Steuerpflichtigen gibt.
Deshalb lautete eine Empfehlung, die letztes Jahr mehrfach diskutiert worden ist, diesen gesamten Steuervorteil schlichtweg zu streichen. In der Debatte auf Bundesebene ging es im letzten Jahr eigentlich nicht darum, diesen Bonus ersatzlos zu streichen, sondern vielmehr sah die ursprüngliche Planung vor, dass eine steuerliche Förderung der Gebäudesanierung an ihre Stelle treten sollte bzw. die Förderung in Höhe von 4 bis 6 Millionen € durch eine Reduzierung des Handwerkerbonus gegenfinanziert werden sollte.
Das ist sicherlich eine Lösung – das hat auch der Kollege Schmeltzer angedeutet –, die man im Ausschuss diskutieren sollte: Inwieweit nutzt man Ziele bzw. Fördergegenstände, die sich geändert haben, dahin gehend, um Gelder, die in der Vergangenheit sinnvoll waren, für neue Dinge umzuleiten, die wir brauchen?
Es geht nicht nur um grüne Ziele, vielmehr hat man sich seit Schwarz-Gelb, im Grunde seit 2010/2011, in Deutschland vorgenommen, die Klimaziele zu erreichen. In der allgemeinen Debatte wird wohl offensichtlich, dass wir diese Klimaziele nur dann erreichen können, wenn der Gebäudebestand und damit der gesamte Wärmemarkt seinen Anteil leistet.
(Beifall von den GRÜNEN)
Ohne dieses zusätzliche Einsparkraftwerk aus dem Bereich der Gebäudesanierung werden diese Ziele, die mittlerweile von uns allen geteilt werden, nicht erreicht, sodass also auch eine Umschichtung dieser Handwerkerleistungen letzten Endes nicht bedeutet, dass das Handwerk nicht unterstützt wird.
Vielmehr können wir davon ausgehen, dass wir mit jedem Förder-Euro Investitionen in Höhe von 7 € bis 8 € auslösen. Das wiederum wird Auswirkungen für die Förderung der Betätigung von Handwerkern und Handwerkerinnen in Nordrhein-Westfalen haben. Das ist eine sinnvolle Wirtschaftsförderung, über die ich gerne mit Ihnen im Ausschuss diskutieren würde. – Herzlichen Dank.
(Beifall von den GRÜNEN)

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