Soziales Mai 2015

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Liebe Freundinnen und Freunde,
sehr geehrte Damen und Herren,
Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe, freie Entfaltung und anderes mehr, dies sind Ansprüche, die das Grundgesetz allen Menschen in unserem Land zusichert. Darüber hinaus hat die Bundesregierung die UN- Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ratifiziert – vor nunmehr sechs Jahren. Damit hat sich Deutschland den Zielen der Konvention verpflichtet.
Steigende Sozialkosten, insbesondere bei der Eingliederungshilfe und Belastung für die Kommunen sind die Schlagworte, die an erster Stelle zu hören sind, wenn es um Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderung geht. Gleichzeitig entspricht die Situation der Menschen mit Behinderung bei weitem nicht den Forderungen der UN-BRK. Demnach ist die Gesellschaft gefordert, Gemeinwesen und Zusammenleben so zu gestalten, dass die gleichberechtigte Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben für alle möglich sind. Um hier einschneidende Verbesserung zu erzielen, brauchen wir ein Bundesteilhabegesetz, das die Leistungen und Förderung im Sinne der betroffenen Menschen neu regelt. Zugleich muss sich der Bund zur finanziellen Beteiligung an den Kosten verpflichten. Beides gehört zusammen und darf nicht entkoppelt werden.
Diesen notwendigen Zusammenhang hat die Bundesregierung nicht mehr erhoben, als sie entschieden hat, die Kommunen finanziell zu Gunsten von Investitionen in Infrastruktur zu entlasten. Die Kosten der Eingliederungshilfe finden hier keine Erwähnung mehr.
Von Fürsorgesystem „Eingliederungshilfe“ zu einem modernen Teilhaberecht
Wir brauchen ein modernes Teilhaberecht, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt und nicht die Institutionen und Einrichtungen. Gerade in NRW lässt sich am Beispiel Wohnen eindrucksvoll belegen, dass auch durch strukturelle Veränderungen, die aufwärtsstrebende Kostenspirale gebremst werden und dennoch die Selbstbestimmung der betroffenen Menschen deutlich gestärkt werden kann. So ermöglicht es das unterstützte ambulante Wohnen, dass Menschen selbstständig wohnen können, auch wenn sie eine regelmäßige Unterstützung benötigen. Mittlerweile leben in NRW rund 55.000 Menschen mit Behinderung ambulant unterstützt in der eigenen Wohnung oder gemeinsam in einer Wohngemeinschaft (WG). Ambulante Wohnsettings ermöglichen den NutzerInnen mehr Teilhabe und Selbstbestimmung und sind im Schnitt günstiger in der Finanzierung. Im Vergleich zu anderen Bundesländern, die sich bislang wenig für das ambulant unterstützte Wohnen eingesetzt haben, liegen die durchschnittlichen Fallkosten in Ländern mit hoher Ambulantisierungsquote, wie NRW, deutlich niedriger. (siehe Grafiken Fallzahlen)
Mit einem Bundesteilhabegesetz wollen wir deshalb erreichen, dass die Rechte von Menschen mit Behinderung gestärkt, das Wunsch- und Wahlrecht umgesetzt, die Lebenslagen verbessert und die gleichberechtigte Teilhabe gesichert wird.
Wir wollen erreichen, dass die Menschen mit Behinderung für die Eingliederungs- und Teilhabeleistung nicht mehr mit ihrem Einkommen und Vermögen herangezogen und hierdurch oft auch in die Altersarmut getrieben werden.
Wir wollen erreichen, dass der Kostenvorbehalt aufgehoben wird, der in der Praxis mitunter dazu führt, dass die Sozialämter darüber entscheiden, wo und wie ein Mensch zu leben hat, nicht aber der Betroffene selbst.
Wir wollen, dass sich die Unterstützungsleistungen an den Bedarfen und Bedürfnissen der Menschen ausrichten, und nicht die Interessen von Einrichtungen im Vordergrund stehen. Dabei kommt der Entwicklung inklusiver Sozialräume und Quartiere eine besondere Bedeutung zu. So können diese wesentlich dazu beitragen, die Teilhabe und Selbstbestimmung durch individuelle, auf die Wünsche der Betroffenen ausgerichtete Unterstützungsarrangements zu stärken.
Wir GRÜNE haben deshalb gemeinsam mit der SPD einen Antrag in den Landtag eingebracht, mit dem wir wesentliche Anforderungen an ein Bundesteilhabegesetz formuliert haben. Den genauen Wortlaut finden Sie hier. Der nordrhein-westfälische Landtag hat am 30. April diesen rot-grünen Antrag bei Enthaltung der CDU, FDP und Piratenfraktion einstimmig beschlossen. Damit wird die Landesregierung aufgefordert, sich mit allem Nachdruck für die strukturelle Neuordnung der Eingliederungshilfe und die Beteiligung des Bundes an den Kosten einzusetzen. Meine Rede zum Antrag in der Plenarsitzung findet sich hier. Zum guten Schluss möchte ich noch auf zwei interessante Termine hinweisen:
30. und 31. Mai 2015
GRÜNE Landesdelegiertenkonferenz (LDK) in Bielefeld mit dem Schwerpunktthema: Grünes NRW – Land der Chancen und der Gerechtigkeit
9. Juni 2015
Die Fraktion schwärmt wieder aus. Dieses Mal besuchen wir, die Landtagsabgeordneten der GRÜNEN Fraktion, beispielhafte Quartiersprojekte vor Ort
Demographie und soziale Verarmung werfen Fragen auf, die dringend einer Beantwortung bedürfen. Wir GRÜNE entwickeln die Vision dazu – doch dazu mehr in meinem nächsten Rundbrief.
Für heute wünsche ich viel Spaß bei der Lektüre, freue mich auf ein Feedback und verbleibe
mit herzlichen Grüßen
Manuela Grochowiak-Schmieding MdL

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