Einrichtung eines Hilfsfonds für Opfer von Unrecht und Misshandlungen in Einrichtungen der Be-hindertenhilfe und Psychiatrie in den Jahren 1949 – 1990

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, der Fraktion der FDP und der Fraktion der Piraten

Ausgangssituation

Ehemalige Heimkinder in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe bekommen Hilfe und Unterstützung zur Überwindung heute noch vorhandener Spätfolgen von erlittenem Unrecht und Leid. In der Zeit von 1949 bis 1975 lebten etwa 700.000 bis 800.000 Kinder und Jugendliche in Säuglings-, Kinder- und Jugendheimen in der Bundesrepublik Deutschland. Der Heimaufenthalt vieler ehemaliger Heimkinder war vielfach von traumatisierenden Lebens- und Erziehungsverhältnissen geprägt. Wem während der Heimunterbringung im vorgenannten Zeitraum in der Bundesrepublik Deutschland Unrecht und Leid zugefügt wurde, das heute noch zu Beeinträchtigungen führt, dem kann nun Unterstützung gewährt werden
Ein entsprechender Fonds wurde für ehemalige Heimkinder eingerichtet, denen zwischen 1949 und 1990 in der ehemaligen DDR Unrecht widerfahren ist.
Personen, die als Kinder und Jugendliche in Heimen der Behindertenhilfe oder psychiatrischen Einrichtungen misshandelt wurden, steht bisher eine solche Entschädigung nicht offen. Eine solche Ausgrenzung ist unter vielerlei Gesichtspunkten nicht akzeptabel.
In der Vergangenheit waren die Grenzen zwischen den Einrichtungen nicht klar abgegrenzt sondern fließend, ein Ausschluss von Menschen mit Behinderung ist nicht mit der UN-Behindertenrechtskonvention zu vereinbaren. Seit vielen Jahren fordern Betroffene deshalb einen Einbezug in eine Fondslösung.
Mit einem einstimmigen Beschluss der 90. ASMK 2013 haben die Länder bekräftigt, dass sie eine Gleichbehandlung aller betroffenen Personenkreise anstreben. Diese Gleichbehandlung scheitert aktuell an einer Einigung über die Finanzierung einer möglichen Hilfeleistung durch den Bund, die Länder und die Kirchen.
Bisher hat sich nur der Bund eindeutig dazu bekannt, einen solchen Hilfsfonds mittragen zu wollen. Die Länder haben mit Ausnahme von Bayern in der 91. ASMK Zweifel darüber geäußert, ob die Einrichtung eines Hilfsfonds der geeignete Weg für den Ausgleich von Leid und Unrecht sei. Daraufhin hat der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landtags von Nordrhein-Westfalen einmütig ein Schreiben an die entsprechenden Ausschüsse der anderen Landtage und des Bundestages gerichtet, sich weiterhin für die Einrichtung eines Fonds einzusetzen. Zwischenzeitlich haben die Länder Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hamburg die Bereitschaft signalisiert, eine solche Lösung mittragen zu wollen. Ebenso gibt es aus den Kreisen der evangelischen und der katholischen Kirche eine entsprechende Bereitschaft eine Fondslösung mitzutragen.
Die Einrichtungen der Caritas und der Diakonie in NRW treiben eine valide Bedarfseinschätzung über den betroffenen Personenkreis aktiv voran. Federführend sind hier das Franz-Sales-Haus in Essen und die diakonische Stiftung Wittekindshofs in Bad Oeynhausen.
Um den Betroffenen, die teilweise schon ein nicht unerhebliches Alter haben, gerecht zu werden und sie entsprechend zu entschädigen, ist eine schnelle Lösung unabdingbar.

Der Landtag stellt fest:

Das Leid und das Unrecht der Opfer aus Einrichtungen der Behindertenhilfe, der Psychiatrie und anderer Einrichtungen in den Jahren 1949-1990 muss in gleicher Weise ausgeglichen werden, wie die Misshandlungen ehemaliger Heimkinder.
Eine zeitnahe Lösung ist für die betroffenen Menschen unabdingbar.
Die Mitwirkung aller Bundesländer ist für die Einrichtung eines Hilfsfonds erforderlich.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  • sich für eine Entschädigung des betroffenen Personenkreises durch die Einrichtung eines Hilfsfonds einzusetzen;
  • ihre Absicht zu bekräftigen die betroffenen Menschen zu unterstützen, indem sie ihren Länderanteil für einen Hilfsfonds zur Verfügung stellt;
  • zeitnah auf die anderen Bundesländer einzuwirken, zu forcieren und in einer Vorreiterrolle die Zustimmung zu einer Hilfsfondslösung zu verhandeln;
  • ihren Willen zu bekräftigen, zu einer Entschädigungslösung für die betroffenen Menschen zu kommen.