Mario Krüger: „Die NRW-Kommunen haben einen erheblichen Beitrag zur Finanzierung der deutschen Einheit gezahlt.“

Unterrichtung zur Investitionsoffensive des Bundes

Mario Krüger (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lassen Sie mich zunächst auf die Beiträge meiner Vorredner eingehen. Herr Kuper, Sie hatten vorhin ausgeführt, das Land solle doch erst einmal seinen eigenen Verpflichtungen nachkommen, wenn es darum gehe, die Kommunen mit entsprechenden Finanzen auszustatten.
Herr Kuper, Sie sollten sich vor Augen führen, wie Sie denn in Ihrer damaligen Regierungsverantwortung diesen Verpflichtungen nachgekommen sind. Ich erinnere hier nur – Herr Abruszat mag das nicht hören, aber dennoch ist es richtig – an die Übertragung der Versorgungsämter zulasten der kommunalen Familie, an die Übertragung der kommunalen Umweltverwaltung oder an die Abrechnung zum Thema Einheitslastenabrechnungsgesetz bzw. die Einbeziehung der Kommunen zur Finanzierung der deutschen Einheit und an die Herangehensweise, die Sie an den Tag gelegt haben, indem Sie den Kommunen Leistungen entzogen haben. Und dann fordern Sie, Herr Kuper, das Land soll seinen Verpflichtungen nachkommen? Sie sind Ihren Verpflichtungen in Ihrer Regierungszeit nicht nachgekommen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)
Alleine durch die Einbeziehung der Grunderwerbsteuer, durch die Herausnahme der Befrachtungen, die wir, SPD und Grüne, seit 2010 vorgenommen haben, hat es eine entsprechende Entlastung bzw. Mehreinnahmen zugunsten der kommunalen Familien in einer Größenordnung von 1,8 Milliarden € gegeben. Das zu der Frage, wer seinen Verpflichtungen nachkommt.
Sie, Herr Abruszat, reden davon, dass Sie im Rahmen der schwarz-gelben Koalition auf der Bundesebene bei den Themen Grundsicherung im Alter und Übernahme der Bundeskosten Ihrer Verantwortung nachgekommen seien.
(Minister Ralf Jäger: Haben die Länder bezahlt!)
Wer hat denn damals im Rahmen der Diskussion zum Fiskalpakt die Verhandlungen geführt? – Ich erinnere mich noch ganz gut an eine Situation Mitte 2012, als unter anderem die rot-grünen Bundesländer gesagt haben: Wir stimmen diesem Fiskalpakt nur zu, wenn die Kommunen zum einen im Rahmen der Grundsicherung im Alter und zum anderen durch eine teilweise Übernahme der Aufwendungen im Rahmen der Eingliederungshilfe entlastet werden.
(Beifall von Hans-Willi Körfges [SPD])
Es ist zugesichert worden, ab 2014 das Paket Eingliederungshilfen anzugehen. Leider hören wir in dem Zusammenhang: „Das klappt nicht“ bzw. „Geduldet euch mal bis 2018!“
Wenn Sie, Herr Optendrenk, von einer Fahrlässigkeit sprechen, die gestrige Entscheidung des Bundeskabinettes im Rahmen einer Unterrichtung diesem Landtag zur Kenntnis zu bringen, dann frage ich mich allen Ernstes, warum Sie Sie überhaupt einen Entschließungsantrag gestellt haben, in dem Sie unter anderem ausführen: Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Bund 3,5 Milliarden € im Rahmen einer Investitionsförderung zur Verfügung stellen will.
Sie gehen darin auch auf die Zahlen ein und fordern, dass die Landesregierung sich dafür stark machen solle, dass der für Nordrhein-Westfalen vorgesehene Anteil von 32 % bzw. 1,1 Milliarden € dann auch zum Tragen kommt. Dann sprechen Sie von Fahrlässigkeit? – Ganz im Gegenteil: In Ihrem Antrag haben Sie deutlich gemacht, dass diese Angelegenheit sehr wohl heute auf die Tagesordnung kommen und entsprechend debattiert werden muss.
Gestern Abend erhielt ich Kenntnis von einer Musterpresseerklärung einer mir und Ihnen bekannten Landesgruppe zur Entscheidung des Bundeskabinetts. Da ist die Rede davon, dass wieder einmal ein großer Erfolg vorzuweisen sei und die beschlossenen finanziellen Entlastungen ein weiterer Beweis für die Verlässlichkeit unserer Vorhaben sei.
Ich will diese gewährten Finanzhilfen überhaupt nicht kleinreden. Die für das Jahr 2017 geplante einmalige Entlastung durch das 1,5-Milliarden-Paket führt zu Mehreinnahmen von 375 Millionen €, so der Landkreistag in seiner Stellungnahme. Die Soforthilfen aus dem 1-Milliarden-€-Programm führen für die Jahre 2015 bis 2017 zu Haushaltsentlastungen von 133 Millionen € im Bereich der Kosten der Unterkunft und durch die höheren kommunalen Umsatzsteueranteile von weiteren 120 Millionen € pro Jahr. Das macht in der Gesamtsumme 1,1 Milliarden €, verteilt auf drei Jahre.
Hinzuzurechnen sind die Aufwendungen im Bereich der Investitionshilfen von 1,1 Milliarden €, wiederum verteilt auf drei Jahre. Summa summarum sind das, Herr Abruszat, 700 Millionen € und keine 280 Millionen €. Selbst wenn wir – und das bedauere ich auch – die Steuerausfälle im Zusammenhang mit dem Gesetzgebungsverfahren zur Anhebung des Kinderfreibetrages, des Grundfreibetrages, des Kindergeldes und des Kinderzuschlages von 120 Millionen € berücksichtigen müssen – wir sind uns durchaus einig, dass das die entsprechenden Mindereinnahmen sind –, sind es immerhin noch weitere 580 Millionen €, die pro Jahr im Gesamtpaket für die NRW-Kommunen insgesamt zum Tragen kommen.
Das sind sicherlich stolze Zahlen. Aber man muss auch die Kehrseite der Medaille betrachten, nämlich, wie die kommunale Welt aussieht. Alleine in Essen reden wir – so der Kämmerer der Stadt Essen – über soziale Transferaufwendungen in einer Größenordnung von 1,01 Milliarden €. Das ist ein Aufwand, der weiter steigen wird.
Wir haben alleine im Kreis Unna Aufwendungen von etwa 97 Millionen € für die Kosten der Unterkunft; das sind 25 % aller Einnahmen, die hier eingesetzt werden müssen. Das wird finanziert über kreisangehörige Gemeinden und führt dazu, dass wir nicht ohne Grund mit Schwerte, Bönen und Werl alleine im Kreis Unna drei überschuldete Gemeinden haben. 

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