Arndt Klocke: „Die Fragen, die sich beim Flächenverbrauch, beim Ressourcenverbrauch sowie im Hinblick auf überfüllte Straßen und schnelle Mobilität etc. stellen, sind allein mit autonomem Fahren bzw. Digitalisierung nicht zu beantworten.“

Antrag der Piraten zum autonomen Fahren

Arndt Klocke (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Voussem, Sie sind ja Frühstarter. Seit letzter Woche im Ausschuss und auch hier in der Rede befinden Sie sich im Wahlkampfmodus. Es sind noch zwei Jahre bis zur Wahl, aber man weiß schon einmal, was einen erwartet.
Zu dem Thema haben wir in der letzten Ausschusssitzung schon einen Bericht des Ministers gehört und die entsprechenden Planungen diskutiert. Der Antrag der Piraten geht grundsätzlich in die richtige Richtung. Wir werden ihn im Ausschuss auch entsprechend weiter diskutieren. Deswegen werden wir auf jeden Fall einer Überweisung zustimmen. Ich möchte aber gerne an ein paar Stellen schon noch einhaken und ein paar kritische Anmerkungen machen.
Es ist zwar grundsätzlich richtig, dass das ein Zukunftsthema ist, aber der Antrag der Piraten klingt mir doch ein bisschen sehr nach Science Fiction. Danach lösen sich alle Probleme im Bereich der Verkehrspolitik über Digitalisierung. Das große neue Zukunftsfeld wird sich eröffnen, wenn wir endlich einmal autonom fahren können. Alles andere war bisher sozusagen nur Kaffeesatzleserei. Jetzt kommt die Digitalisierung.
Ich würde – mit Erlaubnis des Präsidenten – gerne einen Satz aus dem Antrag der Piraten zitieren:
„Eine sinnvolle und sich gegenseitig beflügelnde Ergänzung aller Verkehrsträger gibt es derzeit nicht. Autofahrer bleiben auf der Straße. Bahnfahrer nutzen die Schiene. Die aktuelle Verkehrspolitik setzt kaum Anreize, um diese Eindimensionalität zu durchbrechen.“
Das ist natürlich kompletter Blödsinn. Schauen Sie sich einmal die Fahrgastzahlen im ÖPNV der letzten Jahre bzw. die Statistiken an: Gerade junge Leute verzichten immer mehr auf den Pkw, und es gibt beim Car-Sharing einen großen Boom. Dabei geht es um das Prinzip, nicht mehr zu besitzen, sondern zu teilen. Das ist doch ein Trend, der im Mobilitätsbereich immer stärker um sich greift. Dass die Landesregierung in diesem Bereich gar nichts macht, ist wirklich falsch.
Wir haben den RRX jetzt stark auf die Schiene gesetzt. Er wird kommen. Das ist ein Projekt, das seit vielen Jahren geplant wird. Es gibt viele Einzelprojekte. Wir planen die Radschnellwege. Das wird Mobilität der Zukunft sein, wo Individualmobilität auf dem Fahrrad bzw. auf den E-Bikes stattfindet.
Sie propagieren in Ihrem Antrag, dass autonomes Fahren im Pkw die große Zukunftsvision ist. Das wird sicherlich kommen und in bestimmten Bereichen auch geben. Dass dies aber das große Einzelprojekt ist, was im Bereich Verkehr die Probleme löst und mit dem die Umweltprobleme entsprechend angegangen werden können, ist falsch. Denn Pkw bleibt Pkw, ob der nun selbst gesteuert wird oder ob es entsprechende Tastsensoren gibt. Man kann das ja heute in einer großen deutschen Tageszeitung – das ist die Titelgeschichte – sehen. Dabei geht es um den ersten Mercedes, der jetzt in den USA testgefahren werden kann. Ob ich hinten im Auto in einer Lounge sitzen und nebenbei DVDs gucken kann oder ob ich vorne noch steuern muss: Es ist ein Individual-Pkw auf der Straße. Wir haben völlig überfüllte Straßen und brauchen die Verkehrswende hier im Land.
(Beifall von den GRÜNEN)
Die Digitalisierung kann uns sicherlich da helfen, wo es darum geht, den Verkehrsfluss zu beschleunigen. Eben ist von der SPD-Kollegin angesprochen worden, dass wir die Verkehrsleitzentrale in Leverkusen haben. Da kann und muss man noch draufsatteln; es kann da noch mehr passieren. Das ist aber ein erster wichtiger Schritt, der gemacht worden ist, sodass es entsprechende Fortschritte gibt.
Natürlich sind auch technische Innovationen wichtig, um im Bereich der Individualmobilität Schritte voranzugehen. Wir von den Grünen jedenfalls setzen große Fragezeichen dahinter, wenn gesagt wird, dass das digitalisierte autonome Fahren sozusagen das Zukunftsszenario ist. Die Fragen, die sich beim Flächenverbrauch, beim Ressourcenverbrauch sowie im Hinblick auf überfüllte Straßen und schnelle Mobilität etc. stellen, sind allein mit autonomem Fahren bzw. Digitalisierung nicht zu beantworten. Das werden wir in der Anhörung – wenn wir sie im Ausschuss beschließen sollten – mit den Expertinnen und Experten zu diskutieren haben. Jedenfalls warnen wir vor übertriebenen Erwartungen in diesem Bereich.
Dass man in diesen Bereich investiert bzw. dass in der Forschung entsprechende Anstrengungen unternommen werden müssen, ist wahr. Wir setzen aber ein großes Fragezeichen dahinter, wenn gesagt wird, dass das ein Allheilmittel ist.
Zum Abschluss, lieber Herr Voussem, muss folgende Kritik schon gestattet sein: Die Teststrecke geht wieder einmal nach Bayern. Sie sind hier zwar Opposition, aber in Berlin Regierungsfraktion. Wir würden uns schon wünschen, dass Sie – wenn Sie das hier so betonen, wie Sie es eben in Ihrer Rede gemacht haben; Sie haben die Worte des Ministers unterstützt – in Zukunft in Berlin in der Hinsicht mehr Einfluss ausüben. Ihr Fraktionsvorsitzender ist stellvertretender Bundesvorsitzender und hat hoffentlich in Berlin etwas zu sagen. Wenn es um solche Zukunftsprojekte geht, würden wir uns von der CDU mehr wünschen. Wir würden uns wünschen, dass da mehr Druck gemacht wird, damit wir in Nordrhein-Westfalen auch so eine Teststrecke bekommen. Dafür gibt es viele gute Gründe. Ihre Unterstützung wäre da sehr wünschenswert. – Danke für die Aufmerksamkeit.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

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