Martin-Sebastian Abel: „Die Erbschaftsteuer ist für uns Grüne deshalb Gerechtigkeitssteuer.“

Antrag der FDP zur Ausgestaltung der Erbschaftssteuer

Martin-Sebastian Abel (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die weitreichenden Verschonungsregeln für Betriebsvermögen verstoßen gegen eine gleichmäßige Besteuerung. Sie führen dazu, dass allenfalls ein Bruchteil des Betriebsvermögens besteuert wird, unabhängig davon, ob dies für die Erhaltung von Arbeitsplätzen notwendig ist. Diese Überprivilegierung übersteigt das verfassungsrechtlich zulässige Maß. Deswegen ist diese Regelung der Großen Koalition völlig zu Recht von Karlsruhe gekippt worden.
Jetzt geht es darum, die Erbschaftsteuer verfassungsgerecht auszugestalten. Für uns sind dabei drei Punkte wichtig: Die Steuer muss zielgenau sein, damit sie verfassungsfest ist und es Planungssicherheit gibt, gerade für die kleinen und mittelständischen Unternehmen. Sie muss wirtschaftspolitisch vernünftig sein. Und wir wollen mit den Einnahmen in Bildung und Chancengerechtigkeit investieren und den Kommunen bei der Bewältigung ihrer Altschulden helfen.
Die Erbschaftsteuer ist für uns Grüne deshalb Gerechtigkeitssteuer. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, weil mit Einkommen und Vermögen immer auch Bildungs- und Verwirklichungschancen verknüpft sind. Das geerbte Vermögen löst die Frage der sozialen Positionierung von der Leistungserbringung. Sie können schon bei Max Weber nachlesen, warum das ein Spannungsfeld ist.
Die „Süddeutsche Zeitung“ hat vor einigen Wochen zu den Plänen der Reform der Erbschaftsteuer geschrieben:
„Während die Einkommensteuer mehr als ein Drittel zum Gesamtsteueraufkommen beiträgt, macht die Erbschaftsteuer nicht einmal ein Hundertstel aus. Bleibt es dabei, wird die soziale Ungleichheit im Lande zwangsläufig immer weiter zunehmen.“
Gerade die Besteuerung von Erbschaften trägt zu einer größeren Chancengerechtigkeit bei, Maßnahmen wie eine Verbesserung des Bildungssystems, durch die dann vor allen Dingen die begünstigt werden, die nicht in den Genuss eines großen Erbes kommen.
Zurück zur Wirtschaftspolitik. Uns ist allen klar, dass es Unternehmen gibt und geben wird, für die wir Stundungsregeln brauchen, Herr Witzel. Das stellt aber auch niemand ernsthaft infrage. Vielleicht gibt es auch Unternehmen, die die Steuer gar nicht aufbringen können, ohne dass Arbeitsplätze oder die Existenz der Unternehmen gefährdet werden. Aber die Ausnahmen dürfen nicht länger über 90 % aller Erbschaften gegossen werden. Das sind die Hausaufgaben, die uns Karlsruhe aufgegeben hat.
Wenn Sie in Ihrem Antrag auch immer von Familienunternehmen sprechen, dann ist das Problem mit diesem Begriff, dass er nichts über die wirtschaftliche Situation, über die Größe des Betriebs und über das Verantwortungsgefühl gegenüber der Mitarbeiterschaft aussagt. Ich nenne Ihnen einmal das Beispiel BMW. Die hatten 2014 wieder ein Rekordjahr. Das sei ihnen auch gegönnt. Auf 80,4 Milliarden € konnte der Konzernumsatz gesteigert werden. Ich glaube nicht, dass Sie ernsthaft der Meinung sind, dass wir diese Betriebe meinen und es diese Betriebe sind, die in Schwierigkeiten gekommen sind.
Aus Wettbewerbsgründen sollte es doch gerade den Liberalen wichtig sein, klare und transparente Regelungen zu schaffen, um Rechtssicherheit zu gewährleisten, um Bürokratie zu verhindern. Denn nur diejenigen, die die großen finanziellen Möglichkeiten haben, sind auch in der Lage, sich die Schlupflöcher auszusuchen.
Daher ist es gerade im Sinne von kleineren und mittleren Unternehmen, vernünftige Regelungen für alle zu haben. Wir wollen eine wirtschaftspolitisch vernünftige Erbschaftsteuer. Sie darf den Fortbestand kleiner und mittlerer Unternehmen nicht gefährden. Wir müssen die Arbeitsplätze schützen, aber wir dürfen eben die großen Betriebsvermögen nicht überprivilegieren.
Wir wollen die positiven Effekte. Berechnungen gehen davon aus, dass im Land Nordrhein-Westfalen durch diese völlig verfehlte Gesetzgebung der damaligen Großen Koalition etwa 4 Milliarden € Einnahmen jährlich fehlen. Wir wollen dieses Mehraufkommen der Erbschaftsteuer in die Bildung lenken, den Kommunen einen Ausweg aus der finanziellen …
(Ralf Witzel [FDP]: Sagen Sie doch, Sie wollen die Steuererhöhung!)
– Es geht nicht um eine Steuererhöhung, es geht um eine Gleichbehandlung der Betriebe.
(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])
Es geht eben nicht so, wie es die Große Koalition gemacht hat, dass man Einzelne herausnimmt, dass ca. 90 % mit Privilegien übergossen werden. Das sind doch die Hausaufgaben, die Karlsruhe uns aufgegeben hat. Da wird es natürlich zwangsläufig eine Verbreiterung derer geben, die davon betroffen sind. Das ist doch das, was wir umsetzen müssen.
Unser Ziel ist es – ich habe die Zahl gerade genannt –, dass wir derzeit mit den Einnahmen, die wir nicht zur Verfügung haben, ganz gezielt in Zukunftsinvestitionen lenken, den Kommunen helfen, Bildung von Startchancen ermöglichen, auch für diejenigen, die nicht von den Erbschaften profitieren. In diesem Sinne freue ich mich auf die weitere Debatte im Ausschuss.
(Beifall von den GRÜNEN)

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