Bund-Länder-Finanzbeziehungen transparent und fair weiterentwickeln!

Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Der Landtag stellt fest:

Mit dem Auslaufen des Solidarpakts II sowie des Maßstäbe- und des Finanzausgleichsgesetzes Ende 2019 stehen Bund und Länder derzeit gemeinsam vor der Herausforderung einer Neugestaltung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen.
Obwohl das derzeitige System zu einer Angleichung der innerdeutschen Lebensverhältnisse geführt hat, ist der bundesstaatliche Finanzausgleich heute an vielen Stellen nicht mehr zeitgemäß und viel zu undurchsichtig. Eine Reform bietet nun die Chance, ein gerechtes und transparentes System des bundesstaatlichen Finanzausgleichs zu entwickeln.
Dabei muss es darum gehen, dem grundgesetzlichen Auftrag zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse nachzukommen und alle Länder und Kommunen in die Lage zu versetzen, ihren verfassungsgemäßen Aufgaben nachzukommen und die Schuldenbremse dauerhaft einzuhalten.
Die neuen Länder und die dortigen Kommunen konnten in den vergangenen Jahren zu Recht auf die Solidarität der Westländer bauen, da ihre Finanzkraft zum Teil erheblich hinter der der anderen Länder zurückblieb. Auch zukünftig sollen sie, dort wo Benachteiligungen bestehen, eine entsprechende Unterstützung erhalten.
Allerdings muss zukünftig auch berücksichtigt werden, dass die neuen Länder von Altschulden und Pensionslasten befreit waren, während dies bei den anderen Ländern eine zum Teil beträchtliche Belastung darstellt. Dies soll in den zukünftigen Finanzbeziehungen berücksichtigt werden.
Im Rahmen der Neugestaltung der Finanzbeziehungen muss es auch zu einer weiteren Entlastung der Kommunen kommen. Neben der im Berliner Koalitionsvertrag dazu festgelegten Verpflichtung einer dauerhaft strukturellen Entlastung bei den Sozialausgaben ist auch eine Unterstützung bei der Bewältigung der kommunalen Altschulden von großer Bedeutung.
Mit der Neugestaltung muss eine Förderung nach Himmelsrichtungen beendet werden. Während der Bundeshaushalt bis 2020 Zug um Zug erheblich entlastet wird, da immer weniger Gelder aus dem Solidaritätszuschlag in die ostdeutschen Länder fließen und stattdessen im Bundeshaushalt verbleiben, steigt das Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag bis 2019 auf mehr als 18 Milliarden Euro. Zur Bewältigung wichtiger Zukunftsaufgaben wie Bildung, Forschung und Infrastrukturinvestitionen muss das Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag erhalten bleiben und den Ländern und Kommunen zugutekommen. Nordrhein-Westfalen muss hieran einen angemessenen Anteil erhalten.
NRW wird derzeit beim  bundesstaatlichen Finanzausgleich, aber auch außerhalb dieses Systems bei der Verteilung von Bundesmitteln benachteiligt, da es oftmals nur einen Anteil unterhalb seiner Einwohnerquote erhält. Dies wurde in der Vergangenheit auch mit den erheblichen Zuwendungen für den Bergbau begründet, obwohl diese kein Zuschuss an das Land NRW, sondern eine Förderung der nationalen Energiereserve darstellt. Zudem sind diese Zuwendungen nun auf ein Minimum geschrumpft und laufen aus. Die strukturbedingten Besonderheiten des Landes Nordrhein-Westfalen und die berechtigten Interessen müssen nicht nur im vertikalen, sondern auch im horizontalen Ausgleich zwischen den Ländern berücksichtigt werden. Bisher werden nur Besonderheiten anderer Länder anerkannt.
So finden derzeit zum Beispiel die Belastungen der Stadtstaaten und der dünn besiedelten Flächenländer durch eine Einwohnerveredelung besondere Beachtung. Ballungsräume wie das Ruhrgebiet oder die Rheinschiene sehen sich jedoch mit ähnlichen Problemen konfrontiert, ohne dass sich diese in der Verteilungsrechnung niederschlagen.
Über den Umsatzsteuerausgleich leistete Nordrhein-Westfalen im Jahr 2014 mit 2,3 Milliarden Euro einen erheblichen Beitrag zur solidarischen Unterstützung anderer Länder. Auch nach Berücksichtigung des Länderfinanzausgleichs im engeren Sinn bleibt Nordrhein-Westfalen mit 1,3 Milliarden Euro Nettozahler.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

sich bei der anstehenden Reform des Länderfinanzausgleichs bis 2019 für ein transparentes und faires Ausgleichsystem einzusetzen. Ziel muss es dabei sein, dass mehr des von den Menschen in NRW erwirtschafteten Geldes im Land verbleibt. Das gilt insbesondere für folgende Punkte:
Im bundesstaatlichen Finanzausgleich muss es in Zukunft mehr Transparenz geben. Dazu sollte der vorgelagerte Umsatzsteuerausgleich in den Länderfinanzausgleich integriert werden und die horizontale Umsatzsteuerverteilung ausschließlich nach Einwohneranteilen der Länder erfolgen.
Die Einwohnerwertungen für Stadtstaaten und dünn besiedelte Flächenländer müssen dem Grunde und der Höhe nach überprüft werden. Dabei ist sicherzustellen, dass die Ballungsräume nach gleichen Maßstäben behandelt werden.
Das Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag muss auch über 2019 hinaus erhalten bleiben. Die Länder und Kommunen müssen hieraus einen angemessenen Anteil zur Erfüllung ihrer Aufgaben erhalten, über den sie im Rahmen ihrer Haushalte entscheiden können.
Fördermittel, Infrastrukturprogramme und andere Initiativen des Bundes müssen anhand nachvollziehbarer Kriterien und nicht nach Himmelsrichtung verteilt werden. Dabei sind die besonderen Funktionen und Aufgaben der Regionen zu beachten.
Der Bund muss angesichts der erheblichen, von Land zu Land unterschiedlich hohen Ausgabelasten von Ländern und Kommunen zur Finanzierung der sozialen Sicherung zur Behebung aufgelaufener Ungleichheiten von Ländern und Kommunen beitragen.
Der Bund soll, wie vom Bundesfinanzminister bereits angeboten, ein gemeinsames Schuldenmanagement mit Ländern und Kommunen umsetzen.
Zur ergänzenden Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs der Länder soll der Bund auch in Zukunft finanzschwachen Ländern allgemeine Bundesergänzungszuweisungen gewähren.